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Krieg in der Ukraine: Holt Trump zum Tomahawk-Schlag gegen Putin aus?


Krieg in der Ukraine
Trump holt zum Schlag gegen Putin aus

Eine Analyse von Patrick Diekmann

Aktualisiert am 15.10.2025Lesedauer: 5 Min.
Spannungen zwischen USA und VenezuelaVergrößern des Bildes
Donald Trump: Der US-Präsident will bereits entschieden haben, ob die USA der Ukraine den Marschflugkörper Tomahawk zur Verfügung stellen. (Quelle: Alex Brandon/AP/dpa/dpa-bilder)
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Donald Trump erwägt die Lieferung von Tomahawk-Marschflugkörpern an die Ukraine. Die Waffe könnte die russische Wirtschaft vor große Probleme stellen. Auch deshalb sendet Wladimir Putin Drohungen in Richtung Washington.

Es ist die nächste große Hängepartie. Das nächste zähe Ringen mit Blick auf die westliche Unterstützung für die Ukraine. Und erneut geht es in den internationalen Debatten vor allem um ein Waffensystem: Wird Donald Trump der ukrainischen Armee den amerikanischen Marschflugkörper Tomahawk zur Verfügung stellen? Oder war die indirekte Ankündigung des US-Präsidenten nur ein Bluff, um Kremlchef Wladimir Putin an den Verhandlungstisch zu zwingen?

Video | Die US‑Marine und ihre tödliche Waffe aus der Tiefe
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Quelle: t-online

Am Freitag werden Trump und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erneut in Washington aufeinandertreffen. Das zentrale Thema: Tomahawk. Der Ausgang dieser Gespräche ist offen, fest steht nur: Die Nerven auf russischer Seite liegen bereits blank. Der Kreml warnt vor einer großen Eskalation.

"Das Thema Tomahawks gibt Anlass zu großer Sorge", sagte der Sprecher des russischen Präsidialamtes, Dmitri Peskow, im Staatsfernsehen. "Gegenwärtig ist wirklich ein dramatischer Moment, da die Spannungen von allen Seiten eskalieren." Auch Putin persönlich schaltete sich in die Debatte ein und drohte mit einem Ende der Annäherungen, die zuletzt zwischen Russland und den USA stattgefunden hatten. Die Waffen könnten die Beziehungen zwischen Moskau und Washington schwer belasten und eine "absolut neue, qualitativ neue Etappe der Eskalation" einleiten, so Putin. Der Vizechef des nationalen Sicherheitsrats, Dmitri Medwedew, sagte: "Die Lieferung dieser Marschflugkörper könnte für alle schlecht ausgehen. Und vor allem für Trump selbst."

Russland droht mit einer großen Eskalation, indirekt gar mit nuklearen Gegenschlägen, da Tomahawk-Marschflugkörper auch atomar bestückt werden könnten. Medwedew erklärte, es sei bei einem Abschuss unmöglich, zwischen Tomahawk-Raketen mit Atomsprengköpfen und konventionellen Raketen zu unterscheiden. "Wie sollte Russland reagieren? Genau!"

Russische Drohungen sind in diesem Krieg nichts Neues. Der Kreml spielt mit Ängsten in westlichen Gesellschaften, möchte mit dieser aggressiven Rhetorik die Waffenhilfe für die Ukraine verhindern oder zumindest verlangsamen. Mit dieser Strategie stiftete Moskau in den vergangenen drei Kriegsjahren oft Verunsicherung, etwa vor der Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine oder in der Taurus-Debatte.

Aber Putin setzt vor allem dann auf diese Taktik, wenn für Russland viel auf dem Spiel steht. Und das ist mit Blick auf den Tomahawk durchaus der Fall. Denn würden die USA das Waffensystem in großer Stückzahl liefern, könnte die Ukraine Putin damit an den Verhandlungstisch zwingen.

Es könnte teuer für Putin werden

Dabei geht es nur sekundär um das direkte Geschehen an der Front in der Ukraine. Vielmehr könnte die ukrainische Armee mit dem Tomahawk die Öl- und Rüstungsindustrie im russischen Hinterland angreifen. Selbst wenn die Ukraine nicht die Flugkörper mit der größten Reichweite von 2.500 Kilometern bekommen sollte, wäre ein großer Teil der russischen Rüstungsindustrie gefährdet.

Panzer und Kampfflugzeuge bestehen aus zahlreichen unterschiedlichen Komponenten. Wenn die Fabrik nicht in Reichweite ist, in der alles zusammengesetzt wird, reicht es aus, Anlagen anzugreifen, in denen etwa die Triebwerke hergestellt werden. So oder so, die Produktion würde gestoppt.

Noch empfindlicher aber treffen Putin die ukrainischen Angriffe auf Russlands Ölraffinerien. Laut ukrainischen Angaben sollen schon jetzt mehr als 30 Prozent der russischen Weiterverarbeitungskapazitäten von Rohöl lahmgelegt worden sein. Diese Angaben können nicht überprüft werden, aber selbst wenn der Schaden weniger verhängnisvoll sein sollte, wiegen die Folgen der Angriffe schwer: Putin kosten die Exportausfälle Milliarden von US-Dollar. Geld, das ihm in seiner Kriegskasse fehlt. Deswegen musste Moskau für kommendes Jahr die Mehrwertsteuer erhöhen. Und erstmals seit Kriegsbeginn fährt der Kreml seine Militärausgaben leicht zurück. Hinzu kommt eine zunehmende Treibstoffknappheit im Land, die zu langen Schlangen an Tankstellen führt.

Das bedeutet keineswegs, dass Russland kurz vor dem Kollaps steht. Putin wird Treibstoff priorisieren und das Militär wird auf der Liste weit oben stehen. Ähnlich sieht es bei der Verteilung von Geldern aus. Trotzdem ist seine finanzielle Abhängigkeit von Rohstoffexporten Putins Achillesferse, welche die Ukraine mit dem Tomahawk noch gezielter angreifen könnte.

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Die Marschflugkörper, benannt nach der Streitaxt indianischer Stämme, sind in der Lage, im Tiefflug weit in gegnerisches Gebiet einzudringen und dort wichtige Ziele wie Kommandostellen, Bunker und Radaranlagen zu zerstören.

Putin bekräftigte zwar, dass sich die Lage an der Front auch durch Tomahawk-Lieferungen nicht ändern würde und dass Russland in der Lage sei, die US-Marschflugkörper abzufangen. Doch die Darstellung des Kremlchefs kann bezweifelt werden. Russische S400-Flugabwehrsysteme können zwar Tomahawks abfangen, doch Russland hat davon nicht genug, um alle strategischen Ziele zu schützen. Immerhin finden schon jetzt viele ukrainische Drohnen und Raketen ihr Ziel.

"Möchte, dass der Krieg beendet wird"

Die Ukraine könnte also empfindliche Wirkungstreffer gegen Russland erzielen, doch dafür bräuchte es die Tomahawk-Freigabe aus den USA. Der Ball liegt nun bei Donald Trump.

"Ich will sicherstellen, dass die Ukraine auf Wunsch von Präsident Wolodymyr Selenskyj mit neuen Waffen versorgt wird", sagte Trump vor Reportern an Bord der Air Force One auf dem Weg in den Nahen Osten. Er fügte hinzu, er glaube nicht, dass die Russen wollen, "dass Tomahawks in ihre Richtung fliegen". Seine Botschaft an Putin: "Wenn dieser Krieg nicht beendet wird, werde ich ihnen (den Ukrainern, Anm. d. Red.) Tomahawks schicken." Der US-Präsident wiederholte: "Ich möchte, dass der Krieg beendet wird."

Unter Experten gilt es allerdings als sehr unwahrscheinlich, dass die US-Regierung die Ukraine mit Hunderten von Tomahawks ausrüsten wird. So könnte Washington Kiew nach Informationen der "Financial Times" nur etwa 20 bis 50 der Marschflugkörper zur Verfügung stellen. Das Pentagon verfügt zwar über rund 4.150 Tomahawks, aber Trump verfolgt bislang die Strategie, Putin in kleinen Schritten in Richtung Verhandlungen zu bewegen.

Nach Angriffen mit den ersten Tomahawks könnte dann eine weitere Lieferung mit 60 bis 90 der Marschflugkörper folgen. Damit würden die Amerikaner weiterhin die Schlagkraft der ukrainischen Armee erhöhen, um Putin perspektivisch zu ernsthaften Verhandlungen zu bewegen. Die Effektivität der Waffenlieferungen hinge für die Ukraine also vor allem von der Stückzahl ab.

Zumindest arbeitet die ukrainische Regierung intensiv daran, Trump zu überzeugen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat etwa in mehreren Telefonaten mit seinem US-Amtskollegen deutlich gemacht, dass Putin verwundbar ist. Eben diese Darstellung scheint glaubhaft für Trump zu sein – und das gibt der Ukraine Hoffnung. Am Freitag folgt nun die nächste Runde in den Tomahawk-Gesprächen zwischen Trump und Selenskyj im Weißen Haus. Vielleicht verkündet der US-Präsident dann auch seine Entscheidung.

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