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Trumps Ukraine-Kehrtwende: Eine neue Strategie gegen Putin?


US-Drohungen gegen Russland
Trump macht Putin klare Ansage


Aktualisiert am 24.09.2025Lesedauer: 6 Min.
UKRAINE-CRISIS/SUMMITVergrößern des Bildes
Donald Trump: Der US-Präsident droht Russland bei der UN-Generaldebatte mit neuen Sanktionen. (Quelle: Kevin Lamarque)
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Donald Trump droht Wladimir Putin bei einem UN-Treffen mit einer Kriegsniederlage, mit neuen Sanktionen und mit dem Abschuss russischer Kampfflugzeuge. Ist das die Kehrtwende in der amerikanischen Ukraine-Politik?

Wenn sie sich in den vergangenen Monaten getroffen haben, war der Ausgang ihrer Gespräche stets ungewiss. Aber Donald Trump und Wolodymyr Selenskyj haben den Sommer über an ihrer Beziehung gearbeitet. Noch im Februar wurde der ukrainische Präsident vom Mann im Weißen Haus im Oval Office brüskiert. Seither arbeitete die ukrainische Regierung an ihrer Strategie im Umgang mit Trump, ordnete sich den Amerikanern unter und Selenskyj fand eine Arbeitsebene mit dem US-Präsidenten.

Als Trump am Dienstag mit seiner Rede vor der UN-Generalversammlung fertig war, verließ der ukrainische Präsident als einer der Ersten den Sitzungssaal. Begleitet von Bodyguards und Rustem Umerow, seinem Sekretär des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrats, stieg Selenskyj in einen der beengten Aufzüge. Der Ukrainer fuhr vom dritten in den ersten Stock und verschwand schnell durch eine Sicherheitstür. Sein Ziel: das anberaumte, wichtige bilaterale Treffen mit dem US-Präsidenten.

Trump: Die Ukraine kann gewinnen

Bereits im vergangenen Jahr hatten sie sich hier in New York getroffen, während der UN-Vollversammlung lernten sie sich im Trump Tower kennen. Trump war noch nicht wiedergewählt, Selenskyj wollte sich für den Fall der Fälle vorbereiten. Immerhin bleiben die Amerikaner der wichtigste Unterstützer der Ukraine. Für Kiew brachten die ersten Treffen mit dem Republikaner noch keinen Erfolg, doch nun ist vieles anders: Die USA stellen die Unterstützung für die Ukraine zumindest seit einigen Monaten nicht mehr infrage.

Im Gegenteil. Trump war am Dienstagnachmittag auf dem Weg in den UN-Sicherheitsrat. Es ging um die Ukraine. "Ich habe gerade ein wichtiges Treffen gehabt", rief er wartenden Journalisten zu. Ohne dass er ins Detail ging, war klar: Trump hatte gerade Selenskyj getroffen. Und nach diesem Gespräch schrieb der US-Präsident auf seiner Plattform Truth Social: "Ich denke, dass die Ukraine mit der Unterstützung der Europäischen Union in der Lage ist, zu kämpfen und die gesamte Ukraine in ihrer ursprünglichen Form zurückzugewinnen."

Russland bezeichnete er in dem öffentlichen Post als einen "Papiertiger", der wirtschaftlich in großer Not sei. Auch der frühere Präsident Joe Biden hatte zwar stets betont, die Ukraine müsse den Krieg gewinnen. Von Donald Trump sind solche Töne aber gänzlich neu. Eher brachte er Gebietsabtretungen ins Spiel. Selenskyj drohte er einst sogar: Wenn dieser einen Deal nicht annehme, würde Russland die gesamte Ukraine erobern.

Neben dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron sitzend, wiederholte Trump seine neue Erkenntnis sogar: Er glaube, die Ukraine könne alle im Krieg an Russland verlorenen Gebiete zurückgewinnen.

Was Trump zu dieser Sicht gebracht hat, darüber rätseln die Diplomaten nun in New York. Zumindest rhetorisch klingt es wie eine Kehrtwende. Der US-Präsident verschärft seinen Ton gegenüber Kremlchef Wladimir Putin. Aber werden die USA unter Trump den neuen Worten auch neue Schritte gegen Russland folgen lassen? Der Weg dorthin dürfte auf jeden Fall an Bedingungen geknüpft sein.

Zölle als Friedenswaffe – Trumps Sanktionsstrategie

Wie wenig sicher der langfristige Erfolg der Ukraine trotz Trumps optimistischer Worte ist, zeigte sich bei seiner Rede vor der UN-Generalversammlung, besonders bei einem Thema: Sanktionen. Denn Zölle seien, so die Erzählung des amerikanischen Präsidenten, nicht nur ein geniales ökonomisches Mittel für sein eigenes Land, sondern auch eine Art Friedenswaffe für den Krieg in der Ukraine. Trump fokussiert sich schon seit Wochen auf sogenannte Sekundärsanktionen gegen China und Indien, weil diese Länder durch ihre Energieimporte aus Russland Putins Krieg weiterfinanzieren würden.

Trump attackierte die europäischen Nato-Verbündeten in seiner Rede scharf. "Das wird denen jetzt nicht gefallen", sagte er. Aber er wolle nun mal sagen, was er denke. Nur mit Strafzöllen gegen China und Indien und mit Importstopps für russisches Erdöl und Erdgas könne man einen Frieden erzwingen, befand Trump. Die Forderungen des Amerikaners, dass auch die europäischen Nato-Partner Sanktionen gegen Russlands Handelspartner umsetzen sollen, waren nicht neu, aber er verlieh ihnen vor dem UN-Publikum neues Gewicht.

Trump geißelte Europa dafür, dass es erstens noch immer selbst russische Energieträger kaufe. Dass sich davon gerade sein enger Vertrauter, Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán, angesprochen fühlen müsste, weil sein Land bis heute Großabnehmer russischer Energieträger ist, verschwieg Trump.

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Europas Dilemma bei den Sanktionen

Die verbündeten Partner sollten zweitens aber endlich auch die harten Zölle, also die Sekundäraktionen gegen China und Indien, mittragen, forderte Trump. Dem US-Präsidenten muss zugleich klar sein, dass es den Europäern unter anderem auch wegen des ständig drohenden Handelskriegs mit den USA kaum möglich sein wird, hohe Zölle gegen Indien und China zu verhängen.

Dieses Dilemma der Verbündeten hat Trump miterzeugt. Angesichts seiner Handelskriegs-Politik sind die wirtschaftlichen Spielräume, gegen China und Indien vorzugehen, für die Europäer noch kleiner als ohnehin schon. Ob es bei diesem Thema einen bedeutenden Fortschritt geben wird, ist offen. Trump kündigte an, sich mit den Europäern am Rande der UN-Vollversammlung zusammenzusetzen. Klar ist: Die USA wollen "eine Reihe drastischer Zölle" nur dann verhängen, wenn die Nato-Partner ebenfalls mitziehen.

Wirtschaftlicher Druck als Schlüssel zum Sieg

Sanktionen und wirtschaftlicher Druck auf Russland sind ein wichtiger Hebel, um Russland in seinem Abnutzungskrieg vielleicht doch noch zur Aufgabe zu zwingen oder Putin zu einem Deal zu bewegen. Es ist klar, dass Kiew den Krieg nicht allein militärisch oder gar auf russischem Staatsgebiet gewinnen kann, weil die russische Armee rein quantitativ überlegen ist.

Sicherheitsexperten sehen jedoch eine Chance darin, dass das Verhältnis zwischen Kosten und Nutzen für den Kreml aus dem Ruder läuft. Denn auch Putin muss auf die wirtschaftliche Entwicklung Russlands und die rasant steigende Inflation schauen.

Die Ukraine hat vor allem in diesem Bereich in den vergangenen Monaten Fortschritte erzielt. Immer wieder gelingt es der ukrainischen Armee, mit Drohnen und neu entwickelten Marschflugkörpern die Produktions- und Lagerstätten der russischen Rohstoffindustrie zu attackieren. Brennende Raffinerien und Depots treffen Russland ins Mark. Denn so verdient Putin sein Geld, mithilfe dieser Rohstoffverkäufe finanziert er seinen Krieg.

Als Geldreserve hatte Moskau über viele Jahre einen Wohlstandsfonds aufgebaut. Dessen Rücklagen sind durch den Krieg aber mittlerweile größtenteils aufgebraucht. Im Ukraine-Krieg wird wohl am Ende jenes Land gewinnen, das den längeren wirtschaftlichen Atem hat – und Putin kommt in der gegenwärtigen Situation durch die ukrainischen Angriffe in Finanzierungsnöte. Darum spottete Trump über Russland als "Papiertiger".

Vor Journalisten kündigte Wolodymyr Selenskyj später im UN-Gebäude an, worauf die Ukraine und ihre Verbündeten lange gewartet haben. Trump habe ihm gesagt, die USA würden der Ukraine nach einem Ende des Krieges Sicherheitsgarantien geben und zuvor auch mehr Waffen liefern als bisher. Wie genau der Schutz durch die USA aussehen würde, blieb aber unklar.

Es bleiben Zweifel an Trumps Glaubwürdigkeit

Trump tätigt seine Aussagen oft impulsiv, und sie sind oft voller Übertreibungen. Zudem ist die Ukraine keineswegs auf der Siegerstraße. Vor allem in der Donbass-Region steht sie seit vielen Wochen unter großem Druck der russischen Armee.

Dass der US-Präsident viel redet und schon so manche Kehrtwende verkündet hat, mussten die westlichen Verbündeten in den vergangenen Monaten wiederholt feststellen. Auch Bundeskanzler Friedrich Merz und Außenminister Johann Wadephul hofften oft schon auf weitere US-Sanktionen gegen Russland – bislang aber vergeblich. Trump redete, drohte, setzte Fristen. Konsequenzen für Putin gab es nie. Die Begeisterung über Trumps Aussagen wirkt deswegen in New York auch eher gedämpft.

Ebenso vollmundig wie die Möglichkeit eines ukrainischen Sieges kündigte der US-Präsident am Dienstag dann auch an, den Abschuss russischer Kampfflugzeuge zu befürworten, sollten diese weiterhin den Nato-Luftraum verletzen. Es war eine Aussage, die der Glaubwürdigkeit der USA am Ende sogar schaden könnte, sollte sie nicht ernst gemeint sein. Putin jedenfalls scheint bereit zu sein, diese Reaktionsfähigkeit der westlichen Allianz auch weiter testen zu wollen.

Ungewisse Zukunft trotz optimistischer Worte

Unklar ist auch, ob Trump wirklich gewillt ist, für einen Sieg der Ukraine höhere Kosten in Kauf zu nehmen. Aktuell ist die Situation für Washington zumindest wirtschaftlich lukrativ: Die Europäer kaufen Waffen aus den USA für die Ukraine. Für Trump ein gutes Geschäft, ein guter Deal. Auch in New York sprach der US-Präsident ausdrücklich von den Ländern der Europäischen Union als den neuen großen Geldgebern. Die Kosten für Strafzölle gegen China und Indien könnten Trump am Ende aber zu riskant sein.

Schon morgen könnte der Mann im Weißen Haus deshalb erneut das Gegenteil erzählen. Worte kosten nicht viel, bis sie in praktische Politik überführt werden. Und das ist der US-Regierung in den vergangenen Monaten im Hinblick auf die Ukraine und die Maßnahmen gegen Russland eher selten gelungen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen und Beobachtungen vor Ort
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