Hegseth erntet Spott und Kritik "Wir alle machen seltsame Dinge, wenn wir betrunken sind"
Der Auftritt des US-Präsidenten und seines Kriegsministers vor den Militärchefs löst bei Leitmedien und Satirikern in den USA Kopfschütteln aus. Ein Überblick.
US-Verteidigungsminister Pete Hegseth hat am Dienstag die oberste Militärführung in Quantico eingeschworen: "Von diesem Moment an ist die einzige Mission des neu wiederhergestellten Kriegsministeriums: Krieg führen, sich auf den Krieg vorbereiten und sich auf den Sieg vorbereiten."
Präsident Donald Trump sprach im Anschluss vom "Wiedererwecken des Kriegergeistes". Die kurzfristig einberufene Versammlung ließ viele Offiziere ratlos zurück – und stieß in der Presse auf scharfe Kommentare.
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"Geplagt von Wut, Stolz und tiefer Frustration"
Die "New York Times" schreibt: "Ein unerfahrener Verteidigungsminister belehrt die Militärchefs darüber, was zum Sieg nötig ist." Hegseths Rede habe seinen Führungsstil widergespiegelt, in dem er weniger auf Treffen mit ausländischen Kollegen gesetzt, sondern sich lieber mit Klimmzügen und Joggingrunden in Szene gesetzt habe. "Hegseth sprach größtenteils aus der Perspektive eines jungen Offiziers, der noch immer von Wut, Stolz und tiefer Frustration über seinen Dienst im Irak vor fast zwei Jahrzehnten geplagt war", so die "New York Times".
Sein Ziel sei es wohl, die Uhr zurückzudrehen in die einfachere, übersichtlichere Zeit des Zweiten Weltkriegs, als die USA das letzte Mal "einen großen Krieg" gewonnen hätten. "In seiner von Nostalgie geprägten Rede ging er jedoch nicht darauf ein, wie viel sich in den letzten 75 Jahren verändert hat. Heute sieht sich das von Hegseth geführte Militär mit einer Welt komplexer und sich wandelnder Sicherheitsherausforderungen konfrontiert, die es erforderlich machen, dass das Pentagon mit Verbündeten und Partnern zusammenarbeitet. Hegseths Vision von militärischer Stärke ließ wenig Raum für solche Feinheiten."
Nach Hegseth habe Trump eine "lange, schwafelnde Ansprache" gehalten. Die Zeitung hebt besonders ein Zitat von Trump hervor. Der US-Präsident habe beiläufig erwähnt, dass das Militär Städte, die von Demokraten regiert werden, als Übungsgelände nutzen sollten. "Fast täglich sprudeln Tausende Wörter aus dem Mund des Präsidenten. Manchmal fügt er eine wilde Einsicht über die Richtung ein, in die er das Land führt", so die Zeitung. Außerdem habe der 79-Jährige in der Vergangenheit viel Energie gezeigt, "aber am Dienstag wirkte er etwas erschöpft. Je länger seine Rede dauerte, desto monotoner wurde seine Stimme".
Washington Post: Rückwärtsgewandte Botschaft
Die "Washington Post" sah in den Reden eine "Übung in militärischer Nostalgie" und kommentierte: "Das Beängstigendste war, dass Präsident Donald Trump und Verteidigungsminister Pete Hegseth – mit ihrem Fokus auf Körperpflege, Fitnessstandards und 'dem Feind im Inneren' – offenbar nicht erkennen, dass der Kampf im 21. Jahrhundert von Drohnen und Künstlicher Intelligenz dominiert wird." Trump habe sogar "davon gesprochen, Schlachtschiffe wieder einzuführen, eine Kampfplattform der Marine, die bereits während des Zweiten Weltkriegs veraltet war."
Hegseth wiederum habe Generäle wie George Patton gelobt und Standards von 1990 als Maßstab gefordert. "Am Ende applaudierten sie höflich. Aber was müssen sie wohl über die Anweisungen gedacht haben, die sie von einem Verteidigungsminister erhielten, dessen Ansichten vor 20 Jahren im Irak geprägt wurden?"
"Das hätte auch eine E-Mail sein können"
Das Magazin "Politico" zitierte Pentagon-Angehörige, die die Sinnhaftigkeit des Treffens infrage stellten: "Das war eher eine Pressekonferenz als eine Unterrichtung der Generäle." Ein anderer habe gesagt: "Das hätte auch per E-Mail gehen können." Die Rede habe eher wie "ein TED-Vortrag" gewirkt, in dem Hegseth eine "rückwärtsgewandte Vision des Militärs" beschwor – eine Vision, die von schnellen, entscheidenden Kriegen träumt.
"Deshalb haben Sie all diese Generäle hierhergeholt?"
Satiriker Ronny Chieng spottete in der "Daily Show": "Aber wissen Sie, wir alle machen seltsame Dinge, wenn wir betrunken sind, OK? Einige von uns schreiben ihren Ex-Partnern Direktnachrichten, andere laden alle US-Generäle zu einem Treffen in Quantico ein." Über Hegseths Aussagen zur Fitness sagte er: "Deshalb haben Sie all diese Generäle hierhergeholt? Um ihnen zu sagen, dass sie dick sind? Hätten Sie nicht einfach passiv-aggressive Kommentare auf ihrem Instagram hinterlassen können?"
Und weiter: "Laut Pete Hegseth werden die militärischen Standards in Amerika bald nicht mehr von einem Grindr-Profil zu unterscheiden sein: 'Keine Dicken, keine Gesichtsbehaarung, und schafft mir diese Frauen aus den Augen.'"
- nytimes.com: "Trump’s Attack on Military Brass Was Months in the Making" (Englisch, kostenpflichtig)
- nytimes.com: "How Pete Hegseth Became the White House’s Weapon Against the Military Elite" (Englisch, kostenpflichtig)
- washingtonpost.com: "Trump and Hegseth are taking America backward" (Englisch, kostenpflichtig)
- politico.com: "Trump allies’ military meeting drew internal pushback" (Englisch)
- nytimes.com: "Ronny Chieng Skewers Pete Hegseth’s Military Rant on Late Night" (Englisch, kostenpflichtig)




