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Nationalgarde: Ruft Trump jetzt den Aufstand aus?


Streit über die Nationalgarde
Ruft Trump jetzt den Notstand aus?


08.10.2025Lesedauer: 4 Min.
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Nationalgardist vor der Union Station in Washington, D.C.: Der US-Präsident will die Truppe im Inneren einsetzen – und könnte sich auf ein Gesetz von 1807 berufen. (Quelle: IMAGO/Mehmet Eser)
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Im Streit über den Einsatz der Nationalgarde scheint Donald Trump zum Äußersten bereit zu sein. Die Kontrolle über die Truppe würde ihm gewaltige Macht verschaffen.

In den USA ist ein offener Machtkampf entbrannt zwischen der Bundesregierung unter Präsident Donald Trump auf der einen Seite und demokratisch regierten Bundesstaaten und Großstädten auf der anderen. Im Zentrum der Auseinandersetzung steht die Nationalgarde, eine föderal organisierte Abteilung der US-Armee, die es in Deutschland so nicht gibt. Der zentrale Streitpunkt in den USA lautet: Wer darf die Soldaten der Nationalgarde unter welchen Umständen wo einsetzen?

Aktuell steht Chicago im Fokus des Präsidenten, die drittgrößte Stadt der USA im Bundesstaat Illinois. Am Dienstagabend (Ortszeit) kamen nach Angaben des demokratischen Gouverneurs JB Pritzker die ersten Nationalgardisten auf einem Trainingsgelände bei Chicago an.

Trump droht Gouverneur mit Gefängnis

Trump hatte 400 Nationalgardisten aus dem republikanisch regierten Texas nach Illinois beordert, sein Verteidigungsminister Pete Hegseth weitere 300 aus Illinois selbst. Dabei versuchen Gouverneur Pritzker und die Stadtverwaltung von Chicago seit Wochen, den Einsatz der Nationalgarde in ihrem Staat vor Gericht zu verhindern – bisher vergeblich. Nun drohte Trump Pritzker sowie dem Bürgermeister von Chicago, Brandon Johnson, gar mit Gefängnis.

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Präsident Trump begründet seine seit Wochen wiederkehrenden Drohungen gegen Chicago mit der angeblich ausufernden Kriminalität in der Stadt. Verteidigungsminister Hegseth argumentiert hingegen mit dem Schutz von Agenten der Einwanderungsbehörde ICE, die mit ihrem harten Vorgehen gegen angeblich illegale Einwanderer bisweilen auf Widerstand in der Bevölkerung stoßen.

Beruft sich Trump auf den Insurrection Act von 1807?

Unter ähnlichen Vorwänden hatte die Zentralregierung die Nationalgarde bereits nach Los Angeles und in die Hauptstadt Washington entsandt, auch in der als besonders linksliberal geltenden Großstadt Portland will Trump die Truppe einsetzen. Trumps Kritiker befürchten, dass der Präsident auf diese Weise lokale Kompetenzen an sich reißen will und die Nationalgarde beispielsweise missbrauchen könnte, um Proteste gegen seine Politik niederzuschlagen. Und inzwischen droht Trump mit der nächsten Eskalationsstufe: dem Einsatz der Nationalgarde zur Niederschlagung eines Aufstands.

Trump könnte sich dabei auf den sogenannten Insurrection Act (Aufstandsgesetz) aus dem Jahr 1807 berufen. Das Gesetz erlaubt dem Präsidenten den Einsatz der Nationalgarde im Inneren, wenn der Staat aufgrund einer Rebellion nicht mehr in der Lage ist, seine Gesetze durchzusetzen. Denn grundsätzlich ist der Einsatz der US-Armee im Inneren illegal.

Einsatz der Nationalgarde dürfte Supreme Court beschäftigen

Zur Anwendung kam der Insurrection Act beispielsweise bei der Kriegserklärung der Nordstaaten im Amerikanischen Bürgerkrieg 1861. In der jüngeren Geschichte berief sich Präsident George H. W. Bush 1992 auf das Gesetz, um die Nationalgarde zur Niederschlagung der Proteste gegen rassistische Polizeigewalt in Los Angeles zu entsenden. Am Montag sagte Präsident Trump auf die Frage eines Reporters, in welchem Fall er sich auf den Insurrection Act berufen würde: "Wenn Menschen getötet werden, und Gerichte, Gouverneure oder Bürgermeister uns im Weg stehen."

Ob sich Trump mit der Ausrufung eines Aufstands juristisch durchsetzen könnte, ist unklar. Ein Bezirksgericht in Illinois lehnte es am Montag ab, den Einsatz der Nationalgarde zu verbieten. Ein Bundesgericht in Oregon dagegen verhindert bislang ihren Einsatz in Portland, auch ein Bundesgericht in Kalifornien erklärte den Einsatz der Truppe in Los Angeles rückwirkend für illegal. Früher oder später werde die Frage wohl vor dem Obersten Gerichtshof landen, glaubt der Staatsrechtler Stephen Vladeck.

So ist der Einsatz der Nationalgarde geregelt

"Wir hatten 230 Jahre lang das Glück, uns keine Gedanken darüber machen zu müssen, wo die Linie zwischen einem zulässigen und einem unzulässigen Einsatz der Armee im Inneren verläuft", sagte Vladeck dem öffentlich-rechtlichen US-Sender NPR. "Dieses Glück haben wir jetzt nicht, und es wird auf die Frage hinauslaufen: Können Gerichte diese Linie überhaupt ziehen? Und wenn ja, wo?", so der Juraprofessor an der Georgetown University in Washington, D.C.

Dabei ist der Einsatz der Nationalgarde eigentlich relativ eindeutig geregelt. Grundsätzlich unterstehen ihre Angehörigen der Regierung des Staates, in dem sie stationiert sind. So kann eine Gouverneurin die Nationalgarde im Fall einer Naturkatastrophe einsetzen, wie es beispielsweise nach Hurrikan "Katrina" 2005 in Louisiana geschah.

Mehr als 400.000 Menschen gehören der Nationalgarde an

In anderen Fällen unterstehen die Nationalgardisten zwar dem Kommando der Landesregierung, werden aber von der Bundesregierung bezahlt. Dies geschieht gerade in der Stadt Memphis im republikanisch regierten Staat Tennessee, wo es mit der Zentralregierung keinen Streit über den Einsatz der Truppe gibt. Das Kommando über die Nationalgarde an sich ziehen kann der US-Präsident nur im Falle einer Invasion der USA von außen – oder eben im Fall eines Aufstands im Inneren. Juristisch wird es also auf die Frage hinauslaufen, ob Kriminalität und Proteste als Rebellion zu werten sind.

Sollte Trump sich mit seiner Rechtsauffassung durchsetzen, stände ihm ein gewaltiges militärisches Potenzial zum Einsatz im Inland zur Verfügung. Der Nationalgarde gehören mehr als 400.000 Mitglieder an. Bei der Mehrheit handelt es sich um Teilzeitkräfte, die für Einsätze und Übungen eine Aufwandsentschädigung in Höhe von mehreren Hundert Dollar erhalten. Ein kleinerer Teil der Nationalgarde besteht aus Vollzeitkräften.

Grundsätzlich kann jeder US-Bürger, der die körperlichen Anforderungen erfüllt, der Nationalgarde beitreten. Die meisten Nationalgardisten haben bereits zuvor aktiv in der US-Armee gedient. Gegründet wurde die Truppe 1903, und sie gehört zur Reserve der US-Armee.

Verwendete Quellen

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