Trump fordert deutliche Gebietsabtretungen Ein folgenschweres Treffen

Donald Trump gibt den Friedensstifter für die Ukraine. Doch sein Vorschlag, die Frontlinien einzufrieren, bedeutet einen Freifahrtschein für Wladimir Putin. Das Land wird zur Verhandlungsmasse im Geduldspiel des US-Präsidenten.
Vor kaum einem Monat zeigte sich Donald Trump erstaunlich optimistisch im Hinblick auf die Ukraine. Er behauptete, die Ukraine könne mit EU-Unterstützung ihr gesamtes Staatsgebiet zurückerobern.
Es waren Worte, die in weiten Teilen der Öffentlichkeit als Trumps Ukraine-Wende gefeiert wurden. Hoffnung machte sich breit, dass der von Putin zunehmend frustrierte US-Präsident endlich mehr Druck auf Russland ausüben würde. Selbst die reichweitenstarken und durchschlagskräftigen US-Marschflugkörper vom Typ Tomahawk wollte Trump schließlich der Ukraine liefern.
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Von der Wende zum Rückzieher
Am Freitag aber vollzog Trump beim inzwischen dritten Besuch von Selenskyj in Washington einen bitteren, weil eindeutigen Rückzieher. Weder gibt es Marschflugkörper noch scheint der amerikanische Präsident motiviert zu sein, der Ukraine bei einer Rückeroberung ihres eigenen Staatsgebiets behilflich zu sein.
Trumps Friedensvorschlag lautet nun, die Ukraine und Russland sollten genau dort stehen bleiben, wo sie sich gerade mit ihren Truppen befinden. Putin und Selenskyj sollten dann gerne beide den Sieg für sich beanspruchen. Die Geschichte würde dann schon entscheiden, wer recht behalte. So simpel sieht das Ende aus, wenn es nach Trump geht.
Trump verliert die Geduld
Man muss es so deutlich sagen: Trump hat offenkundig keine Lust mehr. Der US-Präsident wirkt ungeduldig und unwillig. Bei dem rund zweistündigen Treffen im Weißen Haus soll es Teilnehmern zufolge darum sehr angespannt zugegangen sein. Hinter den verschlossenen Türen sei es auch emotional geworden.
Nein, bei diesem dritten Treffen in Washington gab es keinen Eklat vor den Augen der Weltöffentlichkeit wie beim ersten Mal. Selenskyj wurde nicht im Oval Office gedemütigt und vor die Tür gesetzt. Erstmals ließ Trump den ukrainischen Präsidenten sogar im prestigeträchtigen Blair House, dem offiziellen Gästehaus des Weißen Hauses, übernachten.
Ein Friedensplan voller Zynismus
Trotzdem könnte sich dieses wichtige Gespräch für die Ukraine nun als noch größeres Desaster als die erste Eskalation im Oval Office entpuppen. Nach außen hin mag es gesichtswahrend gelaufen sein. Doch diese Stille täuscht über die Brutalität der Realität hinweg. Denn die Trump-Regierung fordert nicht weniger als deutliche Zugeständnisse der Ukraine in Bezug auf Gebietsabtretungen.
Russland besetzt derzeit fast 20 Prozent des Landes. Mehr als drei Millionen Ukrainer leben unter Besatzung. Für die US-Regierung scheint das jetzt verschmerzbar zu sein. Trump nennt es Frieden. In Wahrheit ist es eine Kapitulation. Er belohnt den Aggressor und bestraft das Opfer. Für das angegriffene Land und seine Menschen wäre es ein Desaster. Auch für Europa wäre das eine bittere Niederlage. Aus gutem Grund fordert Selenskyj darum weiterhin zuerst eine Waffenruhe und dann Verhandlungen.
Trump scheint das nur lästig zu sein. Seine Problemlösung lautet deshalb, den letzten vor dem ersten Schritt zu tun. Ob der amerikanische Präsident im Gegenzug bereit ist, der Ukraine belastbare Sicherheitsgarantien zu geben, ist nach wie vor offen. Damit bringt Trump den ukrainischen Präsidenten in eine kaum auflösbare Situation. Denn wer garantiert ihm, dass sein dezimiertes und geschundenes Land künftig vor Putins imperialen Gelüsten verschont bleibt?
Die einzige Hoffnung, die der Ukraine nun angesichts von Trumps Einknicken bleibt: Sollte Putin sich mit seinen extrem verlustreichen Eroberungen nicht zufriedengeben, steht der russische Präsident vor Trump einmal mehr als der wahre Friedensverhinderer da. Ob das den US-Präsidenten dann zum Handeln bewegt, ist aber fraglich. Im Zweifel geht der Krieg dann weiter wie bisher und noch mehr Menschen werden sterben.
Putin profitiert von Trumps Passivität
Wieder scheint Russland zu gewinnen. Anstatt Putins Kriegswirtschaft endlich mit dem im Kongress bereitliegenden Sanktionspaket in die Knie zu zwingen, entscheidet sich der amerikanische Präsident für eine weitere Gesprächsrunde mit Putin. Dieses Mal nicht in Alaska, sondern ausgerechnet auf dem Boden der Europäischen Union, in Ungarns Hauptstadt Budapest.
Einmal mehr bekommt Putin damit, was er will: Zeit, seinen kriegerischen Massenmord an den Ukrainern fortzusetzen. Trump scheint bereit, dem russischen Präsidenten einen gefährlichen Erfolg zuzugestehen, von dem Regime auf der ganzen Welt lernen werden. Ein völkerrechtswidriger Eroberungskrieg kann sich lohnen, wenn er nur brutal genug geführt wird, unterlegt mit der Erpressung einer nuklearen Eskalation.
Trump scheint lieber nachzugeben, statt nachzudenken. Die langfristigen Folgen seiner kurzfristigen Friedenserfolge – ob im Nahen Osten oder in der Ukraine – bergen unwägbare Gefahren, überall auf der Welt. Tatsächlich liefern ungerechte und unausgegorene Frieden die besten Voraussetzungen für die nächsten Konflikte. Trumps vermeintliche Strategie von Frieden durch Stärke könnte sich in Wahrheit als eine von Krieg durch Schwäche entpuppen.




