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USA: Shutdown legt Land lahm – doch Trump macht lieber Weltpolitik


Shutdown und kein Ende
Wie lange kann Trump durchhalten?


Aktualisiert am 04.11.2025Lesedauer: 5 Min.
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US-Präsident Donald Trump: Seine Beliebtheit hat einen neuen Tiefpunkt erreicht. (Quelle: Andrew Harnik)
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Seit mehr als einem Monat sind die USA im Shutdown – und ein Ende der Haushaltssperre ist nicht in Sicht. Flüchtet sich Trump nun in außenpolitischen Streit?

Internationale Konflikte scheinen für Donald Trump zurzeit einen besonderen Reiz zu haben. Selbst ein Land wie Nigeria ist nicht mehr sicher vor der Aufmerksamkeit des US-Präsidenten. Der Republikaner drohte dem westafrikanischen Land mit einem militärischen Einmarsch, um die Terrorgruppe Boko Haram zu bekämpfen. Unterdessen zieht die US-Armee in der Karibik immer mehr Truppen für einen möglichen Angriff gegen Venezuela zusammen. Doch während Trump auf der Weltbühne Streit sucht, spitzt sich die Lage in den USA für Millionen von Menschen mit jedem Tag zu.

Seit 34 Tagen befindet sich die US-Regierung im sogenannten Shutdown und darf nur allernötigste Ausgaben tätigen. Als "nicht systemrelevant" eingestufte Institutionen wie das Büro für Arbeitsmarktstatistik sind seit Anfang Oktober geschlossen oder mussten ihre Angestellten in Zwangsurlaub schicken. "Gestern hatten wir eine Frau hier, die abwägen musste, ob sie sich das Benzin leisten kann, um sich bei uns Lebensmittel abzuholen", berichtet im "Deutschlandfunk" eine ehrenamtliche Helferin der gemeinnützigen Organisation "So What Else", die nun auch Lebensmittel an Regierungsmitarbeiter ausgibt, deren Lohnzahlungen wegen des Shutdowns eingestellt wurden. So wie dieser Frau geht es derzeit Hunderttausenden in den USA.

Shutdown in den USA: Darüber wird gestritten

Länger ging eine Haushaltssperre in den USA bislang nur in Trumps erster Amtszeit. Um den Jahreswechsel 2018/19 dauerte es 35 Tage, bis sich Regierung und Opposition im Kongress auf einen Kompromiss einigen konnten. Doch davon sind Republikaner und Demokraten dieses Mal noch weit entfernt.

Der zentrale Streitpunkt zwischen den Lagern sind die Gesundheitsausgaben:

  • Medicaid: Die Demokraten wollen Kürzungen beim staatlichen Vorsorgeprogramm für arme Menschen rückgängig machen. Diese Einschnitte waren Teil von Trumps großem Steuergesetz. Die Republikaner lehnen Änderungen ab, weil das Gesetz erst im Sommer verabschiedet wurde.
  • Obamacare: Die Republikaner wollen die Subventionen für private Krankenversicherungen begrenzen. Diese sollen nur noch zwei Jahre lang und auch nur für Menschen mit legalem Aufenthaltsstatus gelten. Die Demokraten halten dagegen eine dauerhafte Fortsetzung der Zuschüsse für angemessen, um Millionen von Amerikanern den Zugang zu einer bezahlbaren Krankenversicherung zu sichern. In den USA gibt es im Gegensatz zu Deutschland keine allgemeine staatliche Krankenversicherung.

Wie ein Kompromiss zwischen den rivalisierenden Lagern aussehen könnte, ist derzeit völlig unklar. Immer sichtbarer werden dagegen die Konsequenzen der Haushaltssperre für Regierungsangestellte, die Wirtschaft und die Ärmsten in den USA.

Hunderttausende Staatsangestellte arbeiten unbezahlt

Laut einer Schätzung des parteiübergreifenden Instituts Bipartisan Policy Center wurden Ende Oktober mindestens 670.000 Regierungsmitarbeiter zwangsweise in den Urlaub geschickt. Etwa 730.000 weitere arbeiten demnach in "systemrelevanten" Bereichen unbezahlt weiter: Ohne diesen Einsatz müssten Armee, Grenzschutz, Notfalldienste und die Luftsicherung ihre Arbeit einstellen. Und dennoch müssen diese Menschen um ihre Jobs bangen.

Zwar hatte die Trump-Regierung schon damit begonnen, Stellen im öffentlichen Dienst zu streichen, doch dies haben Gerichte inzwischen untersagt. Gewerkschaften hatten gegen die Entlassungen geklagt, denn diese Entscheidungen brauchen die Zustimmung des Kongresses. Die Gehälter der Staatsangestellten werden nach dem Ende einer Haushaltssperre zwar rückwirkend ausgezahlt, doch viele von ihnen leben von Gehaltsscheck zu Gehaltsscheck und haben kaum Rücklagen. Und für Subunternehmer ist eine Nachzahlung nicht garantiert.

So heftig trifft der Shutdown die US-Wirtschaft

Mit jedem Tag Shutdown wird die Lage für viele Menschen im Staatsdienst prekärer. So gibt es in den USA mittlerweile Angebote von Hilfsorganisationen speziell für Regierungsmitarbeiter. Die gemeinnützige Organisation World Central Kitchen etwa teilt Essen an zwangsbeurlaubte Angestellte aus. Manche Restaurants und Bars in Washington bieten Rabatte bei Vorlage eines Dienstausweises an. An Flughäfen spenden Airlines Mahlzeiten an betroffene Angestellte. Doch die gewaltigen wirtschaftlichen Schäden durch den Shutdown lassen sich damit nicht kompensieren.

Das überparteiliche Haushaltsbüro des Kongresses schätzte jüngst, dass der US-Wirtschaft bei einer Shutdown-Dauer zwischen vier und acht Wochen umgerechnet sechs bis zwölf Milliarden Euro dauerhaft verloren gehen. Mit "dauerhaftem" Verlust ist jener Teil der entgangenen Wirtschaftsaktivität gemeint, der selbst nach dem Ende eines Shutdowns durch nachträgliche Gehaltszahlungen und Aufträge für Firmen nicht kompensiert werden kann. Zum Vergleich: Beim Shutdown 2018/19 gingen den USA umgerechnet 2,6 Milliarden Euro dauerhaft verloren.

Trump zielt auf die Ärmsten

Doch die Wirtschaft leidet nicht nur unter den unmittelbar ausbleibenden Aufträgen von Regierung und Behörden. Auch die fehlenden Ausgaben der unbezahlten Regierungsmitarbeiter drücken auf die Konjunktur, während die Konsumlaune im Land auf den niedrigsten Stand seit sechs Monaten abrutscht, wie das Institut "The Conference Board" jüngst mitteilte. Das hat auch mit den Zöllen der Regierung zu tun, die sowohl die Preise für importierte Waren in die Höhe treiben als auch die Kosten für heimisch hergestellte Güter. So trifft der Shutdown jene Menschen am härtesten, die schon in weniger turbulenten Zeiten zu kämpfen haben.

Wie wenig der Trump-Regierung am Schicksal der Ärmsten im Land liegt, zeigt auch der Streit um staatliche Lebensmittelhilfen. Nach Regierungsangaben erhalten rund 42 Millionen Amerikaner Essensmarken im Rahmen des sogenannten SNAP-Programms (Supplemental Nutrition Assistance Program). Um Geld zu sparen, wollte die Trump-Regierung das Programm zu Anfang November einfach aussetzen.

Ausweg aus der Blockade in Sicht?

Es sind vor allem Familien mit geringem Einkommen, Alleinerziehende und Ältere, die auf die monatlichen Leistungen angewiesen sind. Eine Bundesrichterin verfügte schließlich, dass die Regierung die Essensmarken weiterhin ausgeben muss, finanziert mit Geldern aus einem Notfallprogramm. In am Montag bekannt gewordenen Gerichtsunterlagen erklärte ein Vertreter des Landwirtschaftsministeriums, dass die Regierung 4,65 Milliarden Dollar (gut vier Milliarden Euro) aus einem Notfallfonds für die Hilfen nutzen werde. Dies entspreche "50 Prozent der Zuteilungen an berechtigte Haushalte".

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Doch während Trump die Schuld am Shutdown den oppositionellen Demokraten gibt, sieht eine Mehrheit der Amerikaner den Präsidenten in der Pflicht. So ist Trumps Beliebtheit in einer aktuellen Umfrage des Senders CNN auf den bisher niedrigsten Stand in seiner zweiten Amtszeit abgerutscht. Nur noch 37 Prozent der Befragten gaben an, zufrieden mit Trumps Arbeit zu sein. In praktisch allen Umfragen gibt eine Mehrheit der Befragten den Republikanern die Schuld am Shutdown, und nicht den Demokraten.

Ob der Shutdown Trumps Republikanern wirklich schaden wird, ist derzeit aber völlig offen. Am Montag sprachen führende Politiker beider Parteien von einem möglichen Ausweg aus der Blockade. Eine überparteiliche Gruppe von Abgeordneten des Repräsentantenhauses hatte einen Kompromissvorschlag vorgelegt. Dem Nachrichtenportal Axios zufolge sieht dieser eine befristete Verlängerung der umstrittenen Gesundheitssubventionen vor.

Gewählt wird in den USA erst wieder in einem Jahr. Bei den sogenannten Midterm-Wahlen wird ein Großteil beider Parlamentskammern neu bestimmt. Bislang scheint sich der Präsident darüber keine großen Gedanken zu machen. Doch es wäre nicht das erste Mal, dass ein Politiker mit außenpolitischen Konflikten von Problemen im Inneren abzulenken versucht.

Verwendete Quellen

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