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Diplomatie des US-Präsidenten: Verwirrspiel um Nordkorea ist typisch Trump


US-Diplomatie
Das Verwirrspiel um Nordkorea ist typisch Trump

  • Gerhad Spörl
MeinungEine Kolumne von Gerhard Spörl

Aktualisiert am 28.05.2018Lesedauer: 5 Min.
Meinung
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Donald Trump während einer Rede: Der US-Präsident bezeichnet Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un mal als verrückt und mal als "sehr ehrenhaft".Vergrößern des Bildes
Donald Trump während einer Rede: Der US-Präsident bezeichnet Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un mal als verrückt und mal als "sehr ehrenhaft". (Quelle: Evan Vucci/ap-bilder)

Das Hin und Her wegen Nordkorea ist Trump in Reinkultur. Zuerst droht er mit atomarer Vernichtung, dann folgen Schalmeienklänge, die plötzlich verstummen und jetzt wieder ertönen.

Journalisten sind Menschen, die wissen, dass sie sich irren. Wer von uns hätte schon die Wiedervereinigung oder 9/11 oder die Weltfinanzkrise vor zehn Jahren vorhergesagt. Die Geschichte ist klüger als wir alle. Sie überrascht uns, sie veralbert uns, sie zeigt uns Grenzen auf.

Wir Journalisten sind glücklicherweise nicht allein. Wem wäre es nicht so ergangen: Professoren an den Universitäten, den Experten in den Talkshows, den Regierenden hier wie dort. Wer nicht freiwillig flexibel ist, sollte es schnell werden. Nichts wirkt peinlicher als Leitartikler oder Wissenschaftler oder Experten, die uns weismachen wollen, sie hätten recht gehabt und müssten eigentlich nichts revidieren – sie hätten also recht gehabt, bis sie unrecht hatten, was sie aber nicht hätten wissen können.

Trump nehmen, wie er ist

Donald Trump ist eine andere Hausnummer. Ich habe vor der Wahl geschrieben, dass er Präsident werden wird. So weit, so gut. Jetzt verblüfft er mich, er macht mich verrückt und ich befinde mich damit in guter Gesellschaft, in Amerika, in England, in Deutschland, überall. Er ist der Präsident der größten Weltmacht, die es je gegeben hat. Was er sagt, hat Gewicht, weil es Folgen für den Rest der Welt hat. Also nehmen wir ihn ernst, trotz allen Irrsinns, trotz des Chaos', das er um sich verbreitet und in dem er gedeiht. Er ist, wie er ist, daran können wir nichts ändern.

In der vorigen Woche hat Donald Trump sich selber übertroffen, und das will weiß Gott etwas heißen. Ich meine die Absage des Treffens in Singapur und die Absage der Absage, der alsbald die Absage der Absage der Absage folgen muss, wenn er sich treu bleibt. Aber warum sollte er sich treu bleiben, wenn dieses Was-kümmert-mich-mein-Geschwätz-von-gestern der Normalfall ist? Trump ist Trump, und er ist nun mal viele.

Hin und Her für die Geschichtsbücher

Das Hin und Her mir Nordkorea wird in die Geschichtsbücher eingehen. Als Beispiel für Trumps Regierungsstil, vermutlich auch als Symptom für den Niedergang der Weltmacht, sicherlich für den Verlust an Autorität und Glaubwürdigkeit Amerikas bei seinen Verbündeten. Deshalb will ich Trumps Einlassungen zu Kim Jong Un und dessen Land hier dokumentieren. Keine Angst, ich liefere Ihnen nur eine Auswahl, da Vollständigkeit den Rahmen der Kolumne sprengen würde.

Los gehts.

8. August 2017: Im Golfklub in New Jersey sagt Donald Trump vor Journalisten: "Nordkorea sollte den USA besser nicht mehr drohen. Sie werden mit Feuer und Zorn getroffen, wie es die Welt noch nicht gesehen hat." Daraufhin droht Nordkorea mit einem Raketenangriff auf die US-Pazifikinsel Guam.

11. August: Trump sagt in New Jersey: "Nordkorea sollte sich lieber zusammenreißen, sonst wird es Ärger kriegen, wie es nur wenige Staaten zuvor erfahren haben."

22. September: In Huntsville, Alabama, sagt Trump, Nordkorea lasse Amerika "keine Wahl". Er nennt Kim erstmals "The Little Rocket Man", kleiner Raketenmann, und auch noch: verrückt.

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23./24. September: Nordkoreas Außenminister Ri Jong Ho nennt Trump in einer Rede vor den UN in New York "einen geistig umnachteten Größenwahnsinnigen". Trump schreibt auf Twitter: "Sollte er Kims Gedanken wiedergeben, dann werden sie nicht mehr lang unter uns weilen."

1. Oktober: "Ich habe Rex Tillerson, unserem wunderbaren Außenminister, gesagt, dass er seine Zeit vergeudet, indem er versucht, mit Little Rocket Man zu verhandeln", twittert Trump. Tillerson befindet sich in Peking und redet mit der KP-Führung über die Serie der nordkoreanischen Atomtests. "Spar dir deine Energie, wir werden tun, was getan werden muss."

3.–14. November: Fast zwei Wochen lang reist der Präsident durch Asien. Als er vor dem Parlament in Südkorea eine martialische Rede hält, bezeichnet ihn Kim als "verkalkten Greis". Trump antwortet auf Twitter, diesmal ironisch, er würde Kim "NIEMALS als 'klein und fett' bezeichnen." In Hanoi sagt Trump über Kim, wiederum ironisch: "Ich bemühe mich so stark, sein Freund zu sein, und vielleicht wird es eines Tages dazu kommen!"

Neujahr 2018: Kim sagt zu jedermanns Überraschung, sein Land werde an den Olympischen Winterspielen in Südkorea teilnehmen und beide Mannschaften sollten eine Einheit bilden. Trump kommentiert am 7. Januar, das sei ein Anfang, ein großer Anfang". Und: "Wenn etwas aus solchen Gesprächen würde, wäre das eine große Sache für die ganze Menschheit, das wäre eine große Sache für die Welt."

12. Januar: "Ich habe wahrscheinlich ein gutes Verhältnis zu Kim Jong Un", sagt Trump in einem Interview mit dem "Wall Street Journal". "Sie werden das bei mir häufiger erleben. Und dann, auf einmal, ist jemand mein bester Freund. Ich könnte Ihnen 20 Beispiele geben. Sie mir 30. Ich bin ein sehr flexibler Mensch."

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6. März: Chung Hui Yong, der Nationale Sicherheitsberater Südkoreas, überbringt im Weißen Haus den Wunsch Kims, Trump bald zu treffen. Kim sei der Denuklearisierung verpflichtet und werde von weiteren Atom- und Raketentests absehen. Trump twittert: "großartiger Fortschritt", das Treffen sei schon in Planung.

18. April: Trump sagt, es gebe "eine große Chance, ein Weltproblem zu lösen". Er wolle Kim Anfang Juni treffen. Es sei aber auch möglich, "dass die Dinge nicht gut laufen und wir die Treffen nicht haben werden und einfach diesen harten Weg weitergehen, den wir eingeschlagen haben".

24. April: Trump bezeichnet Kim als "sehr ehrenhaft". Kim wolle sich so schnell wie möglich mit ihm treffen.

10. Mai: "Wir werden beide versuchen, dies zu einem sehr besonderen Augenblick für den Weltfrieden zu machen", schreibt Trump auf Twitter.

22. Mai: "Es könnte sein, dass es am 12. Juni nicht klappt", sagt Trump vor einem Gespräch mit dem südkoreanischen Präsidenten Moon Jae In in Washington. "Ich habe viele Deals gemacht. Man ist nie ganz sicher, was herauskommt."

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24. Mai: Trump schreibt in einem Brief, er habe sich sehr auf das Treffen in Singapur gefreut, müsse aber mit Blick auf die "offene Feindseligkeit Kims in dessen jüngsten Äußerungen" den Gipfel absagen. "Sie sprechen über Ihre nuklearen Fähigkeiten, aber unsere sind so gigantisch und mächtig, dass ich zu Gott bete, dass sie niemals eingesetzt werden müssen." Er sei darüber informiert worden, dass Nordkorea auch weiterhin einen Gipfel wolle – aber das sei für die Vereinigten Staaten irrelevant.

25. Mai: Nordkoreas Vize-Außenminister Kim Kye Gwan erklärt, das Land sei weiterhin "jederzeit" zu Gesprächen bereit. Trump lobt auf Twitter die "warmherzige und produktive Erklärung" aus Nordkorea als "sehr gute Nachricht".

25. Mai: "Jeder spielt Spielchen", sagt Trump vor Journalisten in Washington. Der Gipfel könne doch noch stattfinden: "Wir würden es gerne machen. Wir werden sehen, was passiert. Wir sind dabei, mit ihnen zu reden."

27. Mai: Nach einem Treffen mit Kim sagt der südkoreanische Präsident Moon Jae In, Nordkorea sei zu "völliger Denuklearisierung" bereit. Ein amerikanisches Team reist nach Singapur, um den Gipfel vorzubereiten.

Hier haben Sie Trump in Reinkultur. Die schlichten und unflätigen Bemerkungen, das platte Denken, die Selbstbezogenheit und dieses Kann-sein-kann-nicht-sein-aber-vielleicht-doch-oder-auch-nicht. Ich bin froh darüber, wenn er nur damit droht, dass er den Größeren hat, nämlich den größeren Atomknopf. Aber es ist und bleibt ein Trauerspiel, dass so ein Clown und Prahlhans Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika ist.

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