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Fünf teils wilde Theorien zu Donald Trumps Kuschelkurs mit Wladimir Putin


Fünf teils wilde Theorien
Trumps rätselhaftes Verhalten gegenüber Putin

Von Patrick Diekmann

Aktualisiert am 18.07.2018Lesedauer: 5 Min.
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Trump (r.), Putin: Zahlreiche Konflikte, wenig Kritik.Vergrößern des Bildes
Trump (r.), Putin: Zahlreiche Konflikte, wenig Kritik. (Quelle: XYZ)

Trumps Auftreten gegenüber Putin bleibt auch zwei Tage nach dem Gipfel ein Rätsel.

Ronald Reagan gilt in den USA als einer der beliebtesten Präsidenten der Nachkriegsgeschichte. Besonders Republikaner romantisieren den 40. US-Präsidenten wegen seiner liberalen Wirtschaftspolitik und wegen seiner harten Haltung gegenüber der Sowjetunion, die maßgeblich zum Zerfall des Ostblocks beigetragen hat.

19 Jahre nach Reagan ist Donald Trump Präsident der Vereinigten Staaten. Härte zeigt Trump aber bislang vor allem gegenüber den Verbündeten der USA, die er zuletzt auf seiner Europareise verbal verprügelte. Auf dem Gipfel mit seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin in Helsinki ging er hingegen auf Kuschelkurs zu Russland. Nicht nur Trump-Kritiker zeigen sich empört, auch aus den Reihen der Republikaner wird der US-Präsident unter Beschuss genommen.

Vielen US-Bürgern ist die plötzliche amerikanisch-russische Harmonie ein Rätsel, bestehen aktuell doch zahlreiche Konflikte mit Russland. Doch Trump verlor kein Wort über die Unterstützung Russlands für Assad in Syrien und über russische Waffen und Kämpfer in der Ostukraine.

In der abschließenden Pressekonferenz nahm Trump Russland sogar gegenüber Vorwürfen in Schutz, sich massiv in die letzte US-Wahl eingemischt zu haben. Die Welt stand plötzlich Kopf, denn damit stellte sich der US-Präsident auch gegen die US-Geheimdienste. Nach heftiger Kritik ruderte Trump nun zwar zurück und bestätigte eben diese russische Einmischung – die Einsicht kam allerdings zu spät.

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Denn da hatten sich die Bilder von Trump als Putins "Schoßhündchen" besonders in den Köpfen jener Osteuropäer, die sich von Russland bedroht fühlen, bereits festgesetzt.

Warum blieb Trump auf dem Gipfel so ungewohnt zahm und verpasste die Möglichkeit, Stärke zu demonstrieren? Dafür gibt es unterschiedliche Theorien – eine wirft mehr Fragen auf als die andere:

1. Putin hat Trump in der Hand

Hat Wladimir Putin möglicherweise diskreditierende Informationen über Donald Trump? Eventuell ein Druckmittel? Darüber wird in der amerikanischen Öffentlichkeit spekuliert. In allen Fällen bleibt es bei Spekulationen, belastbare Beweise gibt es nicht.

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Das sogenannte – und umstrittene – "Steele-Dossier" des britischen Ex-Spions Christopher Steele listet angeblich kompromittierendes Material auf, mit dem Putin den US-Präsidenten erpressen könnte: Trump soll bei Immobiliengeschäften hohe Bestechungsgelder gezahlt haben und es gebe Aufnahmen von sexuellen Aktivitäten des US-Präsidenten. Ein Video, das unter dem Namen "Golden Shower" Bekanntheit erlangte, soll Prostituierte zeigen, die in einem "Ritz-Carlton"-Hotel in Moskau Anweisungen von Trump in einem Bett ausführen. Der Kreml soll nach dieser Theorie die Prostituierten mit dem Hintergedanken gestellt haben, das Schauspiel aufzeichnen zu können. Beweise für diese Vorgänge oder gar das Video selbst sind bislang nicht vorgelegt worden.

Konkreter wird es bei der zweiten Erpressungsthese: Immobiliengeschäfte, die Trump mit Hilfe aus Russland getätigt hat. In den Neunzigerjahren war Trump fast pleite und bekam nur noch Kredite von der Deutschen Bank sowie aus Russland. Seitdem investierten auffallend viele Personen mit russischem Pass oder Wohnort in verschiedene von Trumps Immobiliengeschäften – nicht zuletzt in Florida. Auch wenn es keine Beweise für Geldwäsche oder Bestechungen gibt, ist es auffällig, dass Trump seit 2006 hunderte Millionen Dollar in Projekte investieren konnte, ohne einen Kredit aufzunehmen. Außerdem hat Trump enge Kontakte zu russischen Oligarchen und Putin-Vertrauten wie beispielsweise Aras Agalarov. Dieser finanzierte 2013 den Miss-Universe-Wettbewerb in Moskau, von dem unter anderem Trump finanziell profitierte.

2. Trump ist ein russischer Agent

Was zunächst wie ein Witz klingt, titelte das renommierte "New York"-Magazin kurz vor dem Gipfel-Treffen in Helsinki. Trump soll vom russischen Geheimdienst korrumpiert worden sein, meint der Journalist Jonathan Chait. Der Vorwurf ist nicht neu, denn schon vor Trumps Amtsantritt schrieb der damalige Interimschef des CIA, Michael Morell, einen Kommentar, in dem er Trump als "unwissentlichen Agenten" Moskaus bezeichnete.

Die Spekulationen haben ihren Ursprung im Jahr 1987. Trump war ein Geschäftsmann, der noch keine politischen Ambitionen hatte. In jenem Jahr folgte Trump, zusammen mit seiner damaligen Frau Ivana, einer russischen Einladung nach Moskau. Über die geschäftlichen Gespräche dort ist nichts bekannt, aber fest steht, dass Trump nach seiner Rückkehr erstmals politischen Ehrgeiz entwickelte.

Plötzlich griff er in einer Reihe von Zeitungsannoncen, die knapp 100.000 Dollar kosteten, die Nato-Verbündeten wegen zu niedriger Verteidigungsausgaben an. Diese Position hat er bis heute nicht aufgegeben. Sein wütender Angriff zielte allerdings ausschließlich auf die Verbündeten und nicht auf den Gegner im Kalten Krieg, die Sowjetunion.

Als Beleg wird auch angeführt, dass der heutige US-Präsident genau wie Putin offenbar bestrebt ist, einen Keil in die westliche Staatengemeinschaft und die Nato zu treiben. Wie viel Kalkül bei Trump dahinter steckt, ist umstritten. Aber Verschwörungstheoretiker horchten auf, als es hieß, Trump und Putin würden auf dem Gipfel untypischerweise ohne Dolmetscher miteinander sprechen. Man unkte, hier erstatte ein Geheimdienstmitarbeiter seinem Führungsoffizier Bericht. Bei dem Treffen waren letztlich doch Übersetzer anwesend.

3. Trumps Selbstverständnis als "Deal-Maker"

Trump sieht sich als "Deal-Maker", der dort Verhandlungserfolge erzielt, wo Präsidenten vor ihm scheiterten. So profiliert er sich als Friedensbringer auf der koreanischen Halbinsel. Bei der Nato tritt er als Geschäftsmann auf, der den anderen Mitgliedsstaaten mehr Geld aus den Rippen leiert – alles im Sinne von "America First".

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Auf dem Gipfel in Helsinki gab es keine Abschlusserklärung und keine konkreten Beschlüsse. Trump blieben am Ende nur die Wirkung der Bilder und das gemeinsame Streben nach einer friedvolleren Zusammenarbeit mit Russland, das er der Weltöffentlichkeit als großen Fortschritt verkaufen musste, um sein Selbstbild als großer Verhandler nicht zu gefährden.

Ein Konflikt auf offener Bühne mit Russland hätte Stillstand bedeutet – und das wollte Trump nicht, der alles anders machen will als seine Vorgänger. Dabei war er sich auch nicht zu schade, die US-Politik der Vergangenheit als "Dummheit" zu diskreditieren.

4. Trump will sich den Wahlsieg alleine zuschreiben

Das traditionelle Korrespondentendinner in Washington im Jahr 2011 ging in die Geschichte ein. Damals stand Barack Obama auf der Bühne und machte Witze über den Immobilien-Mogul Donald Trump, der zuvor Gerüchte über Obamas Herkunft streute und eine Präsidentschaftskandidatur für die Republikaner erwog.

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Mitten im lachenden Publikum saß Trump und biss sich wütend und vorgeführt auf die Unterlippe. Sein gespieltes Lächeln täuschte nicht darüber hinweg, wie wütend er in diesem Augenblick war. Seitdem meidet Trump die alljährliche Presseveranstaltung und Freunde berichten Jahre später, dass dies der Moment war, in dem Trump beschloss, Präsident der Vereinigten Staaten zu werden. Der heute 72-Jährige wollte es allen zeigen. Für ihn war der Wahlsieg ein persönlicher Triumph über die etablierte Politik, die ihn in der Vergangenheit verhöhnt hatte.

Dieser Erfolg soll nicht durch mutmaßliche Schützenhilfe aus Russland geschmälert werden. Trump stellt sich auch deshalb an die Seite Putins, um seinen Triumph zu verteidigen.

5. Trump ist uninformiert und wird schlecht beraten

Zwei Stunden dauerte das Gespräch zwischen Putin und Trump hinter verschlossenen Türen. Dem russischen Präsidenten dürften seine lange Amtserfahrung und sein umfassendes Faktenwissen in Detailfragen geholfen haben, den Amtskollegen aus Washington zu beeindrucken. Auch ohne konkretes Ergebnis ist der Gipfel für Putin ein Erfolg, denn er sitzt wieder mit am Tisch, die Gespräche auf Augenhöhe haben es möglich gemacht.

Trump dagegen hat bewiesen, wie wenig er über die Nato, aber auch über die Konflikte in Syrien oder in der Ukraine weiß. So bezeichnete er am Morgen vor dem Gipfel Finnland fälschlicherweise noch als Nato-Mitglied.

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Dass die USA am Ende der Gespräche in Helsinki mit leeren Händen dastehen, sieht der US-Präsident anders: "Nur wegen mir werden die Nato-Staaten in Zukunft hunderte Milliarden Dollar mehr zahlen. Die Medien sprechen nur darüber, dass ich unhöflich zu anderen Führern war, nie erwähnen sie das Geld", twitterte Trump, der sich offenbar missverstanden fühlt. Ihm bleibt nach dem Gipfel ein Ball der Fußball-Weltmeisterschaft in Russland. Ein Geschenk von Putin.

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