t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon

Menü Icont-online - Nachrichten für Deutschland
Such Icon
HomePolitikAuslandUSA

Donald Trumps Impeachment-Anhörung – das Weiße Haus gegen sich selbst


Weißes Haus schießt gegen Weißes Haus


Aktualisiert am 20.11.2019Lesedauer: 4 Min.
Nachrichten
Wir sind t-online

Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.

Zum journalistischen Leitbild von t-online.
Jennifer Williams, Alexander Vindman: Prompte Kritik an den Trump-Kritikern.Vergrößern des Bildes
Jennifer Williams, Alexander Vindman: Prompte Kritik an den Trump-Kritikern. (Quelle: Erin Scott/reuters)

Am längsten Tag der Impeachment-Untersuchung haben Mitarbeiter des Weißen Hauses Donald Trump belastet – dann schlug das Weiße Haus auf außergewöhnliche Weise zurück.

Nüchtern betrachtet war die Nachricht des langen Dienstags in Washington, dass zwei Mitarbeiter des Weißen Hauses Vorwürfe in der Ukraine-Affäre gegen ihren Präsidenten bestätigten. Ein Armee-Offizier im Nationalen Sicherheitsrat alarmierte die Justiziare in der US-Regierungszentrale, als er mitbekam, dass die Ukrainer zu Ermittlungen gegen Donald Trumps innenpolitischen Rivalen gedrängt wurden.

Eine zweite Beamtin bestätigte, für wie problematisch man im Weißen Haus Trumps Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten hielt – das Gespräch im Juli war also alles andere als "perfekt", wie Trump stets behauptet.

Doch was sich am dritten Tag der öffentlichen Impeachment-Anhörungen in Washington abspielte, ging noch tiefer: Die Republikaner reagierten auf die Vorwürfe gegen Trump aus dem Weißen Haus, indem sie den Kronzeugen attackierten und indem sie Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit, Professionalität und gar seiner Vaterlandsliebe nährten. Und auch das Weiße Haus selbst nahm seine eigenen Angestellten, die vor dem Kongress aussagten, unter Beschuss.

Der Dienstag zeigte damit, dass es bei der Untersuchung zu einer möglichen Amtsenthebung des US-Präsidenten nicht in erster Linie um die Suche nach den Fakten geht, sondern mindestens genauso sehr um einen parteipolitischen Kampf ohne große Rücksicht auf Verluste.

Der Kronzeuge

Der Mann im Zeugenstand, der von den eigenen Truppen unter Beschuss geriet, heißt Alexander Vindman. Für die Demokraten sollte er aus zweierlei Gründen zum Kronzeugen taugen. Zum einen hörte er als Direktor für Europa im Nationalen Sicherheitsrat dem so zentralen Telefonat zwischen Trump und Selenskyj zu und schlug gleich zweimal intern Alarm: Nach jenem Telefonat sowie bereits zwei Wochen zuvor nach einem US-ukrainischen Treffen im Weißen Haus, bei dem Trumps EU-Botschafter Gordon Sondland plötzlich Ermittlungen von den Ukrainern verlangt haben soll. Seinem Eindruck nach habe es sich bei Trumps Forderung in dem Telefonat eher um eine Anweisung als um eine Bitte gehandelt, sagte Vindman. Es gebe ein Machtgefälle zwischen dem Präsidenten der USA und dem der Ukraine.

Zum anderen war da die Optik: Vindman erschien in schnittiger Army-Uniform, er sprach von Patriotismus und Pflichtgefühl. Er rückte seine Migrationsgeschichte ins Zentrum und seinen Dienst für die USA. Es sei seine Pflicht gewesen, das Telefonat zu melden, so Vindman.

Der aufrechte, mehrfach dekorierte Veteran und Militär, der für seine Prinzipien einsteht – das ist ein Bild, das den Demokraten nutzen könnte im Kampf um die öffentliche Meinung.

Zweifel säen

Und so machten sich die Republikaner wiederum prompt daran, dieses Bild zu stören. So brachten sie zur Sprache, dass der Mann mit ukrainischen Wurzeln das Angebot erhalten habe, Verteidigungsminister der Ukraine zu werden. Was dieser ablehnte. Auch befragen sie Vindman immer wieder, ob der Offizier aus dem Weißen Haus Informationen an den anonymen Whistleblower, der die Affäre ins Rollen brachte, oder an die Medien weitergegeben hatte. Erkenntnisse hierzu gab es keine, doch die Republikaner säten so Zweifel an der Integrität des Zeugen.

Interessieren Sie sich für US-Politik? Unser Washington-Korrespondent Fabian Reinbold schreibt über seine Arbeit im Weißen Haus und seine Eindrücke aus den USA unter Donald Trump einen Newsletter. , die dann einmal pro Woche direkt in Ihrem Postfach landet.

Zur Wahrheit gehört auch, dass Vindman bereits heftig angegriffen wurde, nachdem das Protokoll seiner Aussage hinter verschlossenen Türen veröffentlicht worden war – insbesondere beim Pro-Trump-Sender Fox News. Tenor: Wegen seiner Geburt zu Sowjetzeiten in der Ukraine könne er eine zweifelhafte Loyalität gegenüber den USA besitzen. Nun hat die Armee Sicherheitsmaßnahmen ergriffen, um den White-House-Mitarbeiter und seine Familie zu schützen.

Attacke auf Mitarbeiter per Tweet

Doch damit nicht genug: Sogar das Weiße Haus ging dazu über, die zwei Bediensteten öffentlich anzugreifen. Noch während Vindman aussagte, nutzte das Weiße Haus seinen Twitteraccount, um den Ukraine-Experten des Weißen Hauses zu attackieren – man verwies auf eine Aussage seines kurzzeitigen Vorgesetzten beim Sicherheitsrat, Tim Morrison, der später am Dienstag ebenfalls aussagte.

Am Nachmittag attackierte Morrison Vindman dafür, an ihm vorbei sich bei den Juristen des Gremiums beschwert zu haben. Der vierte Zeuge, der frühere Ukraine-Sondergesandte Kurt Volker behauptet, erst im Nachhinein erkannt zu haben, dass man Kiew zu Ermittlungen gegen Joe Biden und dessen Sohn habe drängen wollen.

Die Angriffe zeigen Wirkung

Doch im Rampenlicht steht Vindman. Dass die Attacken an ihm nicht spurlos vorbeigehen, zeigte sich nach einer guten Stunde. Der Obmann der Republikaner im Geheimdienstausschuss, Devin Nunes, fragte ihn, ob er seine Bedenken weitergereicht habe. Dabei geht es Nunes vor allem um den noch unbekannten Whisteblower, der die Ukraine-Affäre erst ins Rollen gebracht habe. Vindman weigert sich, er könne nicht über Personen aus dem Geheimdienstapparat sprechen.

"Herr Vindman, Sie haben ausgesagt, dass Sie den Whistleblower nicht kennen", setzt Nunes nach.

Der entgegnet schnippisch: "Oberstleutnant Vindman, bitte."

Für Vindman steht so viel auf dem Spiel, weil er wie die zweite Zeugin Jennifer Williams noch im Weißen Haus arbeitet. Zuvor hatten drei Diplomaten des Außenministeriums ausgesagt.

Williams arbeitet als Europa-Beraterin für Vizepräsident Mike Pence. In ihrer vorangegangenen Aussage hinter verschlossenen Türen hatte sie zum Telefonat Trump-Selenskyj noch gesagt, Trumps Bemerkung zu den Untersuchungen sei unangemessen. Am Wochenende hatte Trump sie, die Mitarbeiterin seines treuen Vizepräsidenten, öffentlich per Twitter attackiert.

Doppelter Widerspruch der Vorgesetzten

Am Dienstag gab sich Williams noch vorsichtiger. Jetzt sagte sie, die Bemerkungen im Telefonat seien "ungewöhnlich", weil es "anscheinend innenpolitische Angelegenheit" beinhaltet habe.

Dennoch erntete auch sie Kritik ihres Arbeitgebers. Am Dienstagabend meldete sich der Sicherheitsberater von Pence zu Wort, Williams' direkter Vorgesetzter. Er sagte, in seinen Augen sei das fragliche Telefonat unbedenklich verlaufen. Und er betonte, Williams habe sich nie bei ihm oder sonstigen Vorgesetzten beschwert.

Ganz ähnlich äußerte sich Pence' Stabschef Marc Short über seine Mitarbeiterin auf dem Sender Fox News.

Es ist schwer vorstellbar, wie für Vindman und Williams der Arbeitsalltag im Weißen Haus nach diesem Dienstag aussehen wird.

Verwendete Quellen
  • eigene Beobachtungen im Kongress
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

t-online - Nachrichten für Deutschland


TelekomCo2 Neutrale Website