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Joe Biden will kompletten Neustart für USA – diese alte Regel könnte alles vermiesen


Neustart in den USA
Das F-Wort, das Biden alles vermiesen kann


Aktualisiert am 28.01.2021Lesedauer: 4 Min.
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Joe Biden: Dem US-Präsidenten steht der erste Showdown seiner Amtszeit bevor.Vergrößern des Bildes
Joe Biden: Dem US-Präsidenten steht der erste Showdown seiner Amtszeit bevor. (Quelle: Kevin Lamarque/reuters)

Joe Biden will den kompletten Neustart für die USA. Er hat knappe Mehrheiten auf seiner Seite – doch seine großen Vorhaben könnten an einer alten Regel scheitern.

Der neue US-Präsident Joe Biden spricht täglich von Einheit, doch nur wenige Kilometer entfernt im Kongress tobt die erste Schlacht zwischen seinen Demokraten und den Republikanern. Es geht um das Impeachment Donald Trumps, das auch, aber vor allem geht es um eine alte Regel, die Biden seine umfassende Agenda ganz schnell verhageln könnte.

Der Präsident hat einen Blitzstart hingelegt: Mit Dutzenden Regierungsdekreten will er das, was er als Trumps Schadensbilanz sieht, reparieren. Der Einreisestopp für Einwanderer aus bestimmten mehrheitlich muslimischen Ländern hat er ebenso aufgehoben wie den Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen.

Das ist schön und gut, doch Biden weiß: Wenn er die Vereinigten Staaten wie versprochen tatsächlich grundlegend gerechter und zukunftsfester machen oder zunächst einmal aus der schweren Corona-Krise herausführen will, kann er das nicht mit präsidialen Erlassen erreichen, sondern nur mit Gesetzen. Nur der Kongress kann die nötigen Summen bewilligen.

Mehrheit? Supermehrheit!

Bidens Demokraten haben tatsächlich eine knappe Mehrheit in Senat und Repräsentantenhaus, den beiden Kammern im Kongress. Doch durchregieren kann Biden noch lange nicht – weil ihm eben jene umstrittene Regel in die Quere kommt, über die in diesen Tagen so erbittert gestritten wird.

Es geht um den Filibuster. Mit diesem Recht zur Dauerrede können Senatoren so gut wie jede Debatte in der Kammer unendlich in die Länge ziehen – und die Abstimmung so verhindern. Im 19. und 20. Jahrhundert nutzten Politiker aus den US-Südstaaten dieses Mittel, um erst die Sklaverei zu bewahren und später die Gleichstellung schwarzer Amerikaner aufzuhalten. So sprach im Jahr 1957 etwa der Senator aus South Carolina, Strom Thurmond, gar einmal 24 Stunden und 18 Minuten am Stück gegen ein Gesetz, das das Wahlrecht der Afroamerikaner stärken sollte.

Im Senat kann diese Blockadetaktik nicht durch eine einfache Mehrheit durchbrochen werden, sondern nur durch eine sogenannte "Supermehrheit" von 60 der 100 Senatoren.

Die "nukleare Option"

Praktisch heißt das: Will Biden Gesetzespakete durchbringen, reicht die hauchdünne Mehrheit der Demokraten (50-50 plus die Stimme von Kamala Harris als Vizepräsidentin bei einem Patt) in so gut wie allen Fällen nicht aus. Er braucht noch die Stimmen von zehn Republikanern. Die Opposition kann Bidens ehrgeizige Vorhaben vom Klimawandel bis zur Krankenversicherung also sehr leicht blockieren.

Interessieren Sie sich für die US-Politik? Washington-Korrespondent Fabian Reinbold schreibt über seine Eindrücke aus den USA und den Machtwechsel von Donald Trump zu Joe Biden einen Newsletter. die dann einmal pro Woche direkt in Ihrem Postfach landet.

Das wird schon akut beim großen Corona-Hilfspaket, Bidens dringlichster Priorität. Um die notleidende Wirtschaft in den USA anzukurbeln, will Biden rasch 1,9 Billionen Dollar ausgeben, dabei etwa den Mindestlohn auf 15 Dollar anheben und per Helikoptergeld fast jedem Amerikaner 1400 Dollar auszahlen. Doch selbst die gemäßigten republikanischen Senatoren wie Mitt Romney, auf deren Stimme Biden wohl noch am ehesten zählt, winkten öffentlich ab: Das Paket sei zu viel und zu teuer.

Deshalb will ein großer Teil der Demokraten den Filibuster am liebsten einfach abschaffen – dafür gibt es nämlich Wege mit einfacher Mehrheit. In Washington spricht man von der "nuklearen Option" – zögen die Demokraten sie tatsächlich, wäre der Senat kaum wiederzuerkennen.

"Senat der verbrannten Erde"

Die Republikaner wollen das verhindern. Der Streit darüber hat den Senat in den ersten Tagen von Bidens Amtszeit weitgehend lahmgelegt. Die Republikaner wollen mit der eigentlichen Arbeit nur dann beginnen, wenn die Demokraten offiziell zusichern, den Filibuster nicht abzuschaffen. Es war ein erster Showdown zwischen dem zum Minderheitsführer abgestiegenen Republikaner Mitch McConnell und dem neuen Mehrheitsführer Chuck Schumer.

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Die Demokraten wollen sich die Drohung mit der "nuklearen Option" bewahren, um überhaupt etwas bewegen zu können. Doch sie haben nicht einmal dafür eine Mehrheit. Zwei konservative ihrer Senatoren haben bereits zu Protokoll gegeben, dass sie eine Abschaffung der Dauerrede ablehnen. Das reichte McConnell für den Moment. Doch er droht weiter: "Niemand will in einem Senat der verbrannten Erde leben."

Obama macht Druck

Dabei hatte sich selbst Barack Obama öffentlich dafür ausgesprochen. Er hatte als Präsident seine eigenen leidlichen Erfahrungen mit dem Filibuster gemacht. Auf der Trauerfeier für den Bürgerrechtler und späteren demokratischen Abgeordneten John Lewis im Sommer warb er dafür, das Mittel abzuschaffen, unter Verweis darauf, wie es gegen Gleichstellung von Schwarzen benutzt worden sei.

Doch dabei kann man sich durchaus die Hände verbrennen: Es waren die Demokraten, die schon 2013 – frustriert von der Blockade durch Republikaner – den Filibuster abschafften, wenn es um Personalien des Präsidenten geht. Seitdem genügen 51 statt 60 Stimmen, um etwa Richter zu ernennen.

Genau dieser Schritt ermöglichte es ab 2017 dann Trump und McConnell, die bis dahin unerreichte Anzahl von 200 Bundesrichtern zu ernennen – sie schafften den Filibuster dann auch noch ab für die Nominierung der mächtigen Supreme-Court-Richter. Das Resultat: Trump hat dauerhaft eine große Mehrheit konservativer Richter am wichtigen Gericht verankert.

Beim Corona-Paket werden die Demokraten zunächst zu einem anderen Verfahrenstrick greifen. Mittels der sogenannten Versöhnungsregel kann man Maßnahmen, die im Einklang mit dem Haushalt stehen sollen, ebenfalls mit 51 Stimmen zur Abstimmung bringen.

Falls dann die Front der Demokraten steht, könnte dieser Kniff zum schnellen Erfolg führen – auch wenn dies der von Biden anvisierten Einheit in Washington sicherlich nicht förderlich ist.

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