Empörung im Nachbarland Merkel: Polen und Baltikum haben Mitschuld an Ukraine-Krieg

Ihr Besuch bei Viktor Orbán löste Diskussionen aus. Das gilt auch für ein Interview, bei dem Angela Merkel während ihres Ungarn-Besuchs eine brisante These aufstellt.
Die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel hat im Gespräch mit dem ungarischen Portal "Partizán" erklärt, Polen und die baltischen Staaten hätten eine Annäherung zwischen der Europäischen Union und Russland verhindert. Nach ihrer Darstellung habe sie 2021 vorgeschlagen, ein neues Dialogformat mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zu schaffen, um die Beziehungen zu stabilisieren.
Dieser Vorschlag sei von mehreren osteuropäischen Ländern abgelehnt worden – aus Sorge, die EU könne keine einheitliche Russlandpolitik finden. Somit trügen die Länder eine gewisse Mitschuld an Putins Krieg gegen die Ukraine.
- Ukraine-Krieg: Russische Armee verliert Tausende Soldaten bei Dobropillja
- Nach massivem Angriff: Selenskyj: Putin lacht über den Westen
Minsker Abkommen hat Ukraine Zeit verschafft
Merkel verwies aber auch auf das 2015 ausgehandelte Minsker Abkommen. Dies sei zwar "alles andere als perfekt" gewesen und Russland habe sich auch nie richtig daran gehalten, doch es eine "Beruhigung" herbeigeführt und der Ukraine so die Zeit gegeben, sich zu entwickeln. "Die Ukraine ist ein anderes Land geworden und konnte sich so auch besser verteidigen", führt die ehemalige Bundeskanzlerin aus.
Das Scheitern eines neuen Dialogs habe jedoch zur weiteren Eskalation geführt. "Dann bin ich aus dem Amt geschieden, und dann hat die Aggression Putins begonnen", sagte Merkel.
Positiv äußert sich Merkel auch über die Rolle der USA. Diese habe, egal ob unter Barack Obama, Donald Trump oder Joe Biden, immer eine sehr ähnliche Linie zu den Europäern in Bezug auf Russland verfolgt. So habe man sich schon 2021 zusammen mit dem damaligen US-Präsidenten Joe Biden darauf geeinigt, dass man, wenn Putin Erdgas "als Waffe einsetzen" einsetzen sollte, die Pipeline Nordstream 2 sofort abschalten wolle – so sei es dann unter Olaf Scholz (SPD) auch geschehen.
Merkel: Auch Corona-Pandemie begünstigte Krieg
Zugleich machte die ehemalige Kanzlerin auch die Corona-Pandemie mitverantwortlich für die zunehmende Entfremdung zwischen Russland und dem Westen. Durch ausgefallene persönliche Treffen mit Putin sei eine politische Verständigung schwieriger geworden. "Wenn man sich nicht treffen kann, wenn man nicht Auge in Auge die Meinungsunterschiede austragen kann, dann findet man auch keine neuen Kompromisse", so Merkel. Videokonferenzen hätten nach ihrer Einschätzung nicht ausgereicht, um Kompromisse zu erzielen.
Abschließend erklärt sie, dass man nicht genau sagen könne, was tatsächlich zum Ausbruch des Krieges geführt habe. "Jetzt haben sich die Zeiten geändert und jetzt müssen wir schauen, wie wir es schaffen, uns friedensfähig zu machen, indem wir eine wirkliche Abschreckung darstellen und gleichzeitig die Ukraine unterstützen", so Merkel.
Kritik aus Polen
Polens Ex-Präsident Andrzej Duda wies die Aussagen entschieden zurück. Sein Land sei nicht Mitschuldiger, sondern potenzielles Ziel russischer Aggression. Es dürfe keine Verhandlungen geben, die den Kreml politisch legitimierten, betonte Duda.
Merkel erwähnte in dem Interview nicht, dass Russland bereits seit 2014 militärisch in der Ukraine aktiv ist und die großangelegte Invasion im Februar 2022 begann – kurz nach dem Ende ihrer Amtszeit. Bereits zuvor hatte Russland Truppen an der ukrainischen Grenze zusammengezogen.
- youtube.com: "Angela Merkel: a magyar nép feladata eldönteni, újraválasztja-e Orbán Viktort"
- blick.ch: "Merkel gibt Polen Mitschuld an Putins Krieg"



