"Maischberger" zu russischen Provokationen Strack-Zimmermann: "Wir sind hier nicht bei Top Gun"

Marie-Agnes Strack-Zimmermann und Ralf Stegner geraten bei "Maischberger" aneinander. Dabei startete alles mit überraschendem Einklang.
Drei Kampfjets über Estland, 19 Drohnen im polnischen Luftraum: Die Provokationen Russlands haben sich zuletzt gehäuft. Sandra Maischberger hat mit ihren Gästen am Mittwoch diskutiert, wie EU und Nato damit am besten umgehen sollten. Von der Vorsitzenden des EU-Verteidigungsausschusses Marie-Agnes Strack-Zimmermann und SPD-Außenpolitiker Ralf Stegner wollte sie wissen, was sie von Trumps Forderung halten, Flugzeuge im Nato-Luftraum abzuschießen. Zu ihrer eigenen Überraschung waren beide einer Meinung. So erachteten beide Politiker es als möglich, dass der russische Präsident Wladimir Putin einen Abschuss provozieren wolle, den er dann als Nato-Angriff darstellen könne.
Gäste
- Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), Vorsitzende EU-Verteidigungsausschuss
- Ralf Stegner, SPD-Außenpolitiker
- Hendrik Streeck (CDU), Drogenbeauftragter
- Joachim Llambi, Fernsehmoderator
- Melanie Amann, "Der Spiegel"-Journalistin
- Rainer Hank, "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung"-Journalist
Für das Abschießen eines militärischen Flugzeugs gebe es "klare Spielregeln", erinnerte Strack-Zimmermann. Und fügte hinzu: "Wir sind hier nicht bei Top Gun." Erst wenn eine Ansprache des Eindringlings und ein Abdrängen ohne Erfolg geblieben seien, könne ein Flugzeug nach dem geltenden Völkerrecht als Ultima Ratio abgeschossen werden, so die FDP-Frau. Auf Dauer würde es vermutlich so weit kommen, prognostizierte Strack-Zimmermann. Dass die Nato bisher davon Abstand genommen habe, nannte sie "richtig und klug".
"Ganz ausschließen", dass Russland die Nato angreifen würde, wollte auch Stegner nicht. Die Politik sei gut beraten, vorsichtig zu sein, so der Sozialdemokrat bei "Maischberger". Einerseits gelte es darauf zu achten, dass die Nato zusammenbleibe, so wie es bisher gut gelungen sei. Darüber hinaus dürfe man sich nicht auf ein Spiel einlassen, das womöglich in einer Eskalation endet, die man nicht mehr beherrsche.
Strack-Zimmermann lobt Pistorius
Lange dauerte es nicht, bis Strack-Zimmermann und Stegner ihre Einigkeit hinter sich ließen. Verschiedener Meinung waren sie, als es um ein Zitat des Bundesverteidigungsministers Boris Pistorius ging: "Wir müssen bis 2029 kriegstüchtig sein", hatte der SPD-Mann im Juni 2024 gesagt. Er hatte darauf verwiesen, dass Nachrichtendienste berichteten, Russland wäre bis dahin stark genug, um die Nato anzugreifen. Es handele sich lediglich um eine Einschätzung des Nachrichtendienstes, ordnete Stegner ein. "Das ist eine Information, mit der Politik umgeht, die aber noch keine Politik ist", stellte er klar. Auch mit dem Begriff "Kriegstüchtigkeit" sei er "nicht besonders glücklich", erklärte der SPD-Mann.
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Unterbrochen wurde er von Strack-Zimmermann, die ihren Zuspruch für Pistorius kundtat. "Recht hat er!", warf sie ein und führte aus: "Es ist Ihr Minister und er hat recht, weil er die Wahrheit ausspricht und sich nicht wegduckt." Scharfe Kritik äußerte die FDP-Frau jedoch an Pistorius‘ Aussage, Russland sei "2029" so weit, dass es die Nato angreifen könne. Es sei "einfach bescheuert" und "unprofessionell" ein Datum zu nennen, erklärte sie. Der Grund: Es suggeriere, dass in den nächsten Jahren nichts passieren würde. Das sei jedoch nicht sicher der Fall: "Wir sind in einer Lage, wo jeden Tag was Gravierendes passieren kann", so Strack-Zimmermann.
Die Nato müsse militärisch derart präsent sein, dass Putin wisse, dass er sich die Finger verbrenne, forderte sie. Und weiter: Man müsse Putin zuhören und nicht davon ausgehen, er wolle nur spielen. "Der will nicht spielen, der will diesen Globus in Brand setzen und er ist auf dem Weg, das zu tun", so die FDP-Frau. Stegner konnte sich mit dieser Bildsprache nicht anfreunden: "Wir reden nicht über Hunde, sondern wir reden über wirklich ernsthafte Weltpolitik", stellte er klar und widersprach Strack-Zimmermanns Einschätzung, man könne Putin durch militärische Mittel an den Verhandlungstisch zwingen.
Trumps Lob freut keinen
Aus seiner Sicht sei US-Präsident Donald Trump eher dazu in der Lage, Putin zu bewegen, als die militärische Strategie der Europäer. Mit Blick auf Trumps Treffen mit Putin im August in Alaska erklärte Stegner, es gebe ihm "eher Hoffnung, dass sich was bewegt." Strack-Zimmermann ließ das so nicht stehen. "Hören Sie auf zu träumen", warf sie ein. Nach dem Treffen in Anchorage hatte sich Trump harter Kritik ausgesetzt gesehen, den weitgehend isolierten Kremlchef auf die Weltbühne zurückgeholt und ihm einen roten Teppich ausgerollt zu haben, ohne dass Russland substanzielle Zugeständnisse gemacht hatte. Zu dem von Trump angekündigten Treffen zwischen dem ukrainischen Präsident Wolodymyr Selenskyj und Putin kam es bisher nicht.
Um Trump ging es bei "Maischberger" auch in einem anderen Zusammenhang. Bei der UN-Vollversammlung hatte der US-Präsident Deutschland am Dienstag für seine Abkehr vom "kranken Weg" gelobt. Ob sie sich darüber gefreut habe, wollte die Moderatorin von Strack-Zimmermann wissen. "Eigentlich nicht, weil das alles so bizarr ist", erklärte die sie. Trump sei so "unberechenbar", dass Stunden später schon wieder alles anders sein könne. Die USA seien schließlich nicht mehr die treuen Verbündeten, die sie mal waren. Auch bei Stegner stieß das Trump-Lob nicht auf Jubel. "Gefreut hab' ich mich nicht, ich fand das kurios", erklärte er.
Trump hatte vor der UN fälschlicherweise behauptet, die neue Bundesregierung sei wieder auf fossile Brennstoffe und Atomkraft umgeschwenkt. "Ich spreche Deutschland dafür großes Lob aus", sagte er. Tatsächlich ist Deutschland aus der Atomkraft ausgestiegen. Fakt ist: In der schwarz-roten Bundesregierung gibt es Stimmen, die das Aus für die Atomkraft falsch finden und auch einen wieder stärkeren Einsatz von Gas als Übergangsenergie in Erwägung ziehen.
- ard.de: "Maischberger" vom 24. September 2025"


