Bezeichnungsverbot der EU Ricarda Lang: "Wer ist denn dumm genug, das nicht zu verstehen?"
Fleischalternativen liegen im Trend, doch Begriffe wie "Veggie-Wurst" könnten bald verschwinden. Ricarda Lang lehnt das ab – und ist damit auf einer Linie mit Wolfram Weimer.
Kulturstaatsminister Wolfram Weimer hält nichts vom geplanten Verbot von Bezeichnungen wie "Veggie-Wurst" oder "Soja-Schnitzel" durch das Europaparlament. "Ich denke da liberaler. Das sollen die Verbraucher entscheiden. Und wenn ein Hersteller sein Getreideschnitzel Witzel nennt und es verkaufen will, soll er das versuchen", sagte der parteilose Politiker in der ntv-Sendung "Blome & Pfeffer".
"Wir haben sowieso zu viele Regularien und Vorschriften und Regeln aus Europa. Da halte ich es mit Schiller: ‘Gewähren Sie mehr Freiheit’", so Weimer. "Wir brauchen viel mehr Europa, aber viel weniger Bürokratie."
Eine Mehrheit der konservativen Fraktion um CDU und CSU stimmte am Mittwoch im Europaparlament für eine entsprechende Gesetzesänderung. Auch Bundeskanzler Friedrich Merz hatte die Pläne befürwortet.
EU-Politikerin sieht "Verwechslungsgefahr"
Das Europaparlament will Bezeichnungen wie "Veggie-Wurst" verbieten lassen. Auch Begriffe wie "Steak" oder "Burger" sollen dem Willen einer Mehrheit der Abgeordneten zufolge künftig nur noch für tierische Lebensmittel verwendet werden dürfen. Die EU-Staaten müssten dem Vorhaben zustimmen, damit die Vorgaben in Kraft treten können.
Die zuständige EU-Abgeordnete Céline Imart sieht "ein echtes Verwechslungsrisiko", da pflanzenbasierte Ersatzprodukte nicht die gleichen Nährwerte böten wie ihre tierischen Originale. Das Europaparlament muss nun in Verhandlungen mit den EU-Staaten eine endgültige Einigung finden.
Weimer wunderte sich in der Sendung, dass die Hersteller sich bei ihren veganen und vegetarischen Produkten an jenen orientierten, die mit Fleisch gemacht wurden. "Eigentlich wollen sie doch genau das Gegenteil. Wieso machen sie das denn überhaupt? Damit untergraben sie ihre eigene Glaubwürdigkeit".
Ebenfalls in der Runde war Ricarda Lang. Sie gab zu bedenken, dass Menschen nicht deswegen zum Vegetarier würden, weil sie Wurst und Schnitzel hassen, sondern weil es ihnen um den Tierschutz oder die eigene Gesundheit gehe. "Was das vor allem aussagt, ist eine komplette Verdummung der Menschen", so die ehemalige Grünen-Vorsitzende. Lang hält das Bezeichnungsverbot der EU für überflüssig. "Wer ist denn dumm genug, nicht zu verstehen, dass ich hier gerade ein veganes Produkt kaufe?".
Lang räumt Fehler ein
Als Co-Moderator Nikolaus Blome argumentierte, dass es keinen Grund dafür gebe, ein veganes Schnitzel "Schnitzel" zu nennen, warf Lang ein: "Muss ich denn alles verbieten, nur weil es keinen Grund dafür gibt?". Worauf Weimer beipflichtete: "Sehr gut! Eine Grüne, die gegen Verbote ist."
Lang kritisierte zudem die Aufgeregtheit, mit der die aktuelle Debatte geführt werde. Diese trage Züge eines Kulturkampfes. Die Diskussion um ein Verbot von Begriffen wie "Veggie-Wurst" sei eine Symboldebatte. Darüber würden aber die wirklich wichtigen Themen in den Hintergrund rücken. Als Beispiel nannte sie das Tariftreuegesetz, bei dem es um faire Löhne für die Menschen gehe. Darüber sprächen viel zu wenige Bürger.
"Aber ihr habt doch den Geist aus der Flasche gelassen", erinnerte Weimer die Grüne an die frühen Debatten um den "Veggie-Day", die in den 2010er-Jahren wesentlich von den Grünen ausgingen. Lang betonte, dass die Politisierung des Themas Essen richtig war, weil es um größere Fragen wie eine nachhaltige Landwirtschaft, Umwelt- und Klimaschutz und artgerechte Tierhaltung ging. Allerdings seien die Diskussionen damals viel zu individualisiert geführt worden, ohne auf die dahinterliegenden strukturellen Defizite und Herausforderungen aufmerksam zu machen.
- ntv.de: Lang räumt Fehler ein, Weimer appelliert an Wurst-Polizei
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa




