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Angriff auf AfD-Politiker in Bremen: Wie gefährlich leben deutsche Politiker?


Beschimpft, bedroht, verprügelt


Aktualisiert am 08.01.2019Lesedauer: 3 Min.
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Der Bremer Landesvorsitzende der AfD Frank Magnitz im Bundestag: Er wurde bei einem Angriff schwer am Kopf verletzt.Vergrößern des Bildes
Der Bremer Landesvorsitzende der AfD Frank Magnitz im Bundestag: Er wurde bei einem Angriff schwer am Kopf verletzt. (Quelle: Fabian Sommer/dpa)

Bedroht, eingeschüchtert, verletzt: Viele Lokalpolitiker werden zum Ziel von Angriffen. Die Attacken scheinen sich zu häufen.

Unbekannte haben in Bremen den AfD-Landesvorsitzenden Frank Magnitz angegriffen und schwer am Kopf verletzt. Nach Polizeiangaben fanden Bauarbeiter den Verletzten, als die Täter geflohen waren. Ein Foto zeigt Magnitz mit blauem Auge und einer klaffenden Kopfwunde. Magnitz, der auch Bundestagsabgeordneter ist, musste ins Krankenhaus. Ermittler gehen derzeit von einem politischen Hintergrund aus. Es ist der schwerste bekannt gewordene Angriff auf einen Politiker in Deutschland seit Längerem.

Zuletzt hatte im Dezember 2017 der Messerangriff auf Andreas Hollstein (CDU), den Bürgermeister von Altena, Aufsehen erregt. Ein Mann hatte ihn in einem Imbiss attackiert und ein 34 Zentimeter langes Messer an den Hals gedrückt. Zeugen zufolge sagte der Täter, dem die Stadt eine Weile zuvor das Wasser abgestellt hatte: "Ich stech’ dich ab. Du holst 200 Menschen nach Altena und ich verdurste." Das Gericht sah keine Tötungsabsicht und auch keine politischen Motive und verurteilte den Mann in erster Instanz zu zwei Jahren Haft auf Bewährung.

Hollstein reagierte enttäuscht. "Man kann dieses Urteil auch als Einladung missverstehen, dann, wenn man triftige persönliche Gründe hat, gegen Vertreter des Staates vorzugehen", sagte er.

Gerade Lokalpolitiker werden immer wieder Opfer von Gewalt: Unbekannte beschmieren Hauswände, werfen Scheiben ein, schreiben Drohbriefe, setzten Autos in Brand, oder greifen sogar körperlich an, wie Hollstein oder jetzt AfD-Politiker Magnitz.

Wie verbreitet ist solche Gewalt?

Verlässliche Zahlen über einen längeren Zeitraum gibt es nicht, auch keine ganz aktuellen Zahlen. Aber man kann einen Eindruck von der Größe des Problems gewinnen, wenn man verschiedene Quellen heranzieht.

Sechs Prozent von gut 1.000 befragten Bürgermeistern aus Kleinstädten gaben in einer Umfrage an, sie selbst, Mitarbeiter oder Vertreter des Gemeinderats seien schon körperlich angegriffen worden. Von Hass-Mails berichten 22 Prozent, von Einschüchterungsversuchen 20 Prozent.

Fast die Hälfte berichtet explizit von Beleidigungen oder Beschimpfungen, die im Zusammenhang mit der Flüchtlingspolitik stehen. Die Umfrage hatte "Kommunal", das Magazin des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB), im Sommer 2016 durchgeführt. Ein weiteres Ergebnis: In Ostdeutschland waren Übergriffe häufiger als im Westen.

Die Fraktion der Linken im Bundestag wollte von der Bundesregierung offizielle Zahlen wissen. Die trug die Erkenntnisse des Bundeskriminalamts (BKA) zusammen: Im ersten Halbjahr 2017 registrierte das BKA 205 Angriffe auf "Parteieinrichtungen und Parteirepräsentanten".

Ein großer Teil der Taten wurde von den Behörden nicht eindeutig politisch verortet – von denen, die klar zugeordnet werden konnten, entfiel die überwiegende Mehrheit auf Rechtsextreme. Die Erhebung stammt aus der vergangenen Legislaturperiode, in der die AfD noch nicht im Bundestag vertreten war. Angriffe auf ihre Einrichtungen und Repräsentanten tauchen in der Statistik nicht auf, weil nur nach Parteien gefragt war, die im Bundestag vertreten sind. Immer wieder werden auch AfD-Büros beschmiert oder dort Scheiben eingeschlagen – auch in Bremen ist das schon vorgekommen.

Antworten der Landesregierungen in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern auf Anfragen zeigen, dass dort in den Jahren 2016 und 2017 die AfD häufiger als andere Parteien das Ziel von Angriffen war. In Sachsen-Anhalt ist die CDU seit 2013 konstant am stärksten betroffen.

Nimmt Gewalt zu?

Der Städte- und Gemeindebund, der die Interessen der Kommunen vertritt, geht von deutlich höheren Zahlen aus als denjenigen, die das BKA sammelt. "Die Dunkelziffer ist hoch", sagt Uwe Lübking, der sich beim DStGB auch mit Sicherheitsfragen befasst: "Viele Bürgermeister werfen Drohbriefe einfach in den Müll." Dabei leben sie ohne Bewachung. Nur bei konkreten Bedrohungen können sie zeitweise Polizeischutz erhalten. Wenn die Dunkelziffer sehr hoch ist, sind Vergleiche über Jahre besonders schwierig, weil offizielle Zahlen einfach nur deshalb variieren können, weil gerade mehr oder weniger Fälle angezeigt werden.


Dazu komme: Das BKA erfasst Straftaten gegen "Parteieinrichtungen und -repräsentanten" erst seit Januar 2016. Es gibt aber zumindest Hinweise: Im ersten Jahr wurden 142 solcher Straftaten erfasst; im ersten Halbjahr 2017 schon 205. Das spricht für einen Anstieg. Bürgermeister hätten immer schon mit Drohungen leben müssen, sagte nach dem Angriff in Altena auch Uwe Lübking vom DStGB: "Aber seit 2015, seit der Diskussion um Flüchtlinge, hat sich die Situation massiv verschärft." Der Eindruck ist: Es ist zuletzt schlimmer geworden. Das berichteten schon vor zwei Jahren zahlreiche Politiker der "Zeit".

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (DS 18/13592)
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