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Piratenpartei macht Lehrer-Petzportale der AfD unbrauchbar


AfD-Aktion torpediert
Piratenpartei macht Lehrer-Petzportale unbrauchbar

  • Lars Wienand
Von Lars Wienand

Aktualisiert am 12.10.2018Lesedauer: 3 Min.
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Die AfD will in verschiedenen Bundesländern, dass Schüler ihre Lehrer melden. Mögliche ernsthafte Meldungen könnten dauerhaft in einer Flut von leicht zu generierenden Spam-Meldungen untergehen. .Vergrößern des Bildes
Die AfD will in verschiedenen Bundesländern, dass Schüler ihre Lehrer melden. Mögliche ernsthafte Meldungen könnten dauerhaft in einer Flut von leicht zu generierenden Spam-Meldungen untergehen. . (Quelle: imago-images-bilder)

Die umstrittenen Lehrer-Meldeportale der AfD könnten durch eine Seite der Piratenpartei dauerhaft unbrauchbar geworden sein. Die Piraten machen es leicht, die Portale zuzumüllen.

Die AfD hat ein Problem: Mit Internet-Portalen will sie von Schülern politisch unliebsame Lehrer gemeldet bekommen. Doch nun hat die Piratenpartei eine Seite gestartet, mit der die AfD-Portale mit Meldungen überflutet werden.

Die Seite ermöglicht das automatische Befüllen der Eingabefelder. Dort, wo die Schüler das Verhalten "politisch nicht neutraler" Lehrer schildern sollen, erscheinen vorausgefüllt Zitate von AfD-Politikern, die den menschenverachtenden oder rassistischen Charakter der Partei demonstrieren sollen.

Auch die anderen Felder sind etwa mit Fantasienamen, -orten und -E-Mail-Adressen befüllt. Zigtausendfach haben Nutzer auf diesem Weg bereits Meldungen abgeschickt. In der Flut solcher Meldungen gehen ernst gemeinte Schilderungen völlig unter.

AfD nimmt Seite vorübergehend vom Netz

Der Landesverband Baden-Württemberg der Piratenpartei reagiert mit seiner Seite "mein-abgeordneter-hetzt.de" auf die nur kurz zuvor gestartete Seite "mein-Lehrer-hetzt.de" des baden-württembergischen AfD-Landtagsabgeordneten Stefan Räpple. Die Piraten-Seite kam nach Angaben der Partei bis zum Freitagabend auf 200.000 Seitenaufrufe.

Räpples Petz-Portal war dadurch am Freitag matt gesetzt. Der Abgeordnete, Rechtsausleger in der AfD, schrieb von einem Hacker-Angriff, durch den viele Funktionen teilweise oder gänzlich nicht mehr aufrufbar seien.

Nach Darstellung der Piraten hat Räpple selbst den Stecker gezogen. Die Piratenseite nahm sich anschließend das Meldeportal der AfD Hamburg als Ziel und lieferte dorthin automatisch befüllte Felder.

Neben AfD Hamburg auch AfD Sachsen betroffen

Am Nachmittag konnten auch Meldungen an die Seite der AfD Sachsen abgeschickt werden. Auch weitere AfD-Landesverbände haben angekündigt, dass sie Hinweise auf Lehrer sammeln wollen. Die könnten ebenfalls über der Piratenseite gekapert werden. "Wir arbeiten seit gestern fast durchgehend mit mehreren Personen an unserem Angebot", sagte Piratensprecher Alexander Ebhart zu t-online.de.

Auch bei der AfD wird auf Hochtouren gearbeitet: Räpples Büro teilte mit, die Seite würde überarbeitet, um sie vor weiteren Angriffen zu schützen. Es sei geplant, sie spätestens Anfang der Woche wieder online zu stellen.

Die Piraten gehen aber davon aus, dass die AfD das automatische Ausfüllen technisch kaum verhindern kann. "Mit der aktuellen Methode ist es nahezu unmöglich, Nutzer von unserer Seite auszusperren. Unsere Seite füllt das Formular aus, der Nutzer greift aber über sein Gerät auf die AfD-Seite zu und sendet es von dort ab."

Keine Handhabe gegen das Kapern?

Die AfD könne es nur schwerer machen, etwa indem die Seiten unterschiedlich aufgebaut seien oder Felder getauscht würden. "Das wurde auch bereits versucht. Eine Veränderung der Felder muss bei uns händisch eingepflegt werden, unser Dienst ist dann einige Minuten nicht verfügbar."

Auch die E-Mail-Adressen und Namen würden aus einem so großen Datensatz generiert, dass sie ebenfalls nicht dazu geeignet seien, Nutzer auszusieben, sagt der Piratensprecher.

Während die Hamburger AfD ihre Seite noch zurückhaltend "Informationsportal Neutrale Schulen Hamburg" genannt hat und empfiehlt, bei Problemen zunächst das Gespräch zu suchen, ging Räpple aggressiv vor. Er bot auch an, etwa Audio-Dateien hochzuladen. Eine versteckte Aufforderung an Schüler, heimlich den Unterricht aufzuzeichnen?

Problematische Tonaufnahmen

Das Anfertigen solcher Tonaufnahmen ist strafbar, sagt der Würzburger Jurist Chan-Jo Jun. "Es ist schwer vorstellbar, wie solche Aufnahmen entstehen sollen, ohne dass eine Strafbarkeit entsteht." Auch wenn seine Seite vielleicht noch keinen Aufruf zur Straftat darstelle, "es kann faktisch zu Straftaten der Schüler führen. Räpple kann sich auf fehlenden Vorsatz herausreden, aber Schüler, die Aufnahmen für das Portal anfertigen, machen sich strafbar."

Das Versprechen, der Name eines Einsenders "bleibt in jedem Fall geheim", sei auch nichts wert: "Der Betreiber muss die Daten herausgeben, wenn etwa ein betroffener Lehrer wegen übler Nachrede Anzeige erstattet und die Staatsanwaltschaft Ermittlungen aufnimmt", sagt Jun. Zudem erfülle die Seite nicht Anforderungen der Datenschutzgrundverordnung. Nun könne auch jeder Lehrer Auskunft zu vielleicht über ihn erhobenen Daten verlangen. Bleibt die aus, könne das als Verstoß mit einem Bußgeld geahndet werden.

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An den Portalen hatte es in den vergangenen Tagen einhellig von allen Lehrer- und Erziehungsverbände und aus den Ministerien heftige Kritik gegeben. Die Portale stellten einen Rückfall in Stasi- und NS-Methoden dar. Die AfD weist den Vorwurf zurück, es handele sich um Denunziationsportale.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • Nachrichtenagentur dpa
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