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David Cohnen: Geheimnisvoller Mailschreiber spammt Deutschland zu


Post von David Cohnen
Geheimnisvoller Mailschreiber spammt Deutschland zu

  • Lars Wienand
Von Lars Wienand

Aktualisiert am 29.12.2021Lesedauer: 5 Min.
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David Cohnen: MIt diversen Accounts schickt der Unbekannte seit mehr als zwei Jahren an große Verteiler Polit-Spam.Vergrößern des Bildes
David Cohnen: MIt diversen Accounts schickt der Unbekannte seit mehr als zwei Jahren an große Verteiler Polit-Spam. (Quelle: Getty Images/iStockphoto, Montage: t-online)

Irgendwo verortet zwischen Werteunion und AfD kämpft ein Mann seinen Kampf für eine Gesellschaft wie früher, und seine Waffe sind Tausende Mails an Fremde. David Cohnen ist Polit-Spammer.

Diese Geschichte beginnt am 26. August 2019 mit einer Nachricht im Posteingang. Sie finden diverse Redaktionsmitglieder bei t-online, deren persönliche Adressen so nicht im Netz zu finden sind. Der Betreff: "Erste Schulen verbieten Fotos bei der Einschulung". Es wird die erste von etwa zehn verschiedenen Mails seither an die Redaktionsmitglieder sein.

Aber die Mail ist kein Thementipp zum Reizthema Datenschutz. Sie hat auch aus der Sicht des Mailschreibers mit den Neureglungen der Datenschutzgrundverordnung gar nichts zu tun. Er fragt: "Soll die Bevölkerung nicht mehr wissen, wer eingeschult wird? Will man verhindern, dass der deutschstämmige Bürger dahinter kommt, dass er in 20 Jahren nur noch eine Minderheit in seinem Land stellt?"

David Cohnen nutzt Adressen

Willkommen in der Welt von david_cohnen@gmx.de, in der ständig von der Gefahr durch Überfremdung geraunt wird, die CDU durch Merkel unwählbar geworden ist und er nach einer Alternative zu Parteien sucht, die nicht die Interessen des deutschen Volkes vertreten. Es ist auch die Welt von david_cohnen@freenet.de, David_G_Cohnen@gmx.de, David_Cohnen@t-online.de, David_Cohnen@mail.de und David_Cohnen@mail.ru. Von all diesen Adressen und mindestens zwei, drei weiteren sendete und sendet David Cohnen.

David Cohnen ist wahrscheinlich der einzige Mensch, nach dem wegen seiner E-Mails gesucht wird. Google weiß schon Bescheid: Wer im Suchfeld tippt und bei "d a v i d c o h n" angekommen ist, bekommt schon Vorschläge von der künstlichen Intelligenz: "David Cohnen AfD" und "David Cohnen Email".

Denn David Cohnen belästigt massenhaft Deutsche mit unerwünschten Mails. Er ist so etwas wie der nigerianische Prinz. Die Betrügermasche mit der Aussicht auf eine Erbschaft war früher Dauergast in Postfächern, jetzt wandert David Cohnen in die Postfächer ein. Er spammt.

Empfänger irritiert

Der Vergleich mit den afrikanischen Mailversendern wird ihn wahrscheinlich ärgern: David Cohnen mag keine Fremden, zumindest nicht auf Klassenfotos und nicht in Deutschland. Um das mitzuteilen, schreibt er Mails. Quer durch die Republik, an Empfänger, die nicht wissen, wie er an ihre Mail-Adresse gekommen ist. Wer ihn googelt, stößt auch auf einen Tweet: "Auch eine Mail von David Cohnen bekommen?"

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Seither melden sich fast wöchentlich in Antworten und Direktnachrichten und in Mails Menschen, die Post bekommen haben. Und das macht die Sache erst richtig rätselhaft.

Gewerkschaftsadressen in Thüringen sind darunter, dann wieder Universitätsadressen in Heidelberg, Ulm oder in Kiel. Die Accounts von Kommunalpolitikern in Dresden, Linken-Kreisverbänden, Pfarrbüros in Süddeutschland oder Lokaljournalisten aus Niedersachsen und dem Taunus. David Cohnen gibt sich Mühe.

Attacke gegen "Wohltätigkeitsterroristen"

Mal sind seine Mails lang und sehen aus wie Patchwork, zusammengefügt aus verschiedenen Texten. Manchmal reagiert er direkt auf aktuelle Debatten. So zu Weihnachten 2019, als die Aufnahme von Flüchtlingen aus griechischen Lagern diskutiert wurde. Da sollten ein paar Politiker wie Habeck vorangehen, schrieb er: "Wenn alle Wohltätigkeitsterroristen sich anschließen würden, könnte im gigantischen Ausmaß Gutes getan werden." "Wohltätigkeitsterroristen" ist starker Tobak, aber nicht strafrechtlich relevant. Das sind die Texte nie. Aber manchmal auch sehr kurz und inhaltsleer.

Aber wer ist David Cohnen? Genug E-Mail-Adressen, ihn das zu fragen, gibt es ja. Allerdings kommt von keiner eine Antwort. Kommunikation nach den Vorstellungen von David Cohnen läuft nur in eine Richtung.

Eine Thrillerautor nennt sich David Cohnen

Aber die Suche liefert Treffer, die auf die Spur führen könnten.

Ein "David Cohnen" ist Autor eines Thrillers, in dem eine Person mit rassistichen Zügen Hauptfigur ist. Vom E-Book-Verlag im Schwäbischen, heißt es, anfangs habe man das Buch kritisch gesehen. Nach Gesprächen mit dem Autor nicht mehr.

"Er ist es sicher nicht." Dieser David Cohnen sei Kinderbuchautor, die Familie habe in der NS-Zeit Verfolgung erlebt und deshalb habe man ihm auch das jüdisch anmutende Pseudonym zugestanden, das er sich für den Thriller zugelegt habe. Autor David Cohnen lässt ein paar Tage später noch mitteilen, von Mails des David Cohnen nichts zu wissen.

Haben Sie Hinweise zu einem unserer Artikel? Verfügen Sie über Einblicke in Bereiche, die anderen verschlossen sind? Möchten Sie Missstände mithilfe unserer Reporter aufdecken? Sind Sie David Cohnen und wollen doch etwas erklären? Dann kontaktieren Sie uns unter hinweise@stroeer.de.

Aber es gibt auch den David Cohnen, der als Leserbriefschreiber und in Foren unterwegs ist. In "Das Parlament", der Zeitung des Bundestags, beklagte er im Frühjahr 2019, dass die anderen Parteien keinen AfD-Kandidaten ins Vizepräsidentenamt des Bundestags wählen. Cohnen schrieb: "Meint man mit offen und tolerant nur Toleranz gegenüber Fremden, egal welche verqueren Gedanken die in ihren Köpfen haben?"

Es ist sein zweiter Leserbrief in der Zeitung des Bundestags in kurzer Zeit. Auf Nachfrage von t-online reagiert die Verwaltung verschlossen: "Welche Leserbriefe gedruckt oder nicht gedruckt werden, ist eine redaktionsinterne Entscheidung, die unter Berücksichtigung von Form und Stil getroffen wird." Anzahl oder Absender eingegangener Leserbriefe kommentiere die Redaktion gegenüber Dritten nicht.

Viele Postings bei focus.de

Die Spuren des Mannes, der so engagiert seine Meinung unters Volk bringt, reichen weiter zurück. Im Februar 2013 ging es für ihn unter einem Artikel von focus.de los, als er die niedrige Geburtenrate in Deutschland kommentierte. Für David Cohnen, der das Volk nicht ausreichend geschützt sieht, hatte das nur einen einzigen Grund: Zukunftsangst. In der DDR war die Geburtenrate höher, und "der DDR-Bürger hatte nicht die Zukunftsangst, die der Bundesbürger damals hatte".

Bei focus.de endet seine rege Aktivität im Frühjahr 2017: Er schreibt unter einem Artikel zur Frage, ob der türkische Präsident Erdoğan in Deutschland auftreten darf. Cohnen beklagt: "Redeverbot, aber für Deutsche. Nämlich in diesem Forum. Hier wird noch lange nicht das veröffentlicht, was dem Focus nicht gefällt. Das gilt im Übrigen auch – wenn nicht noch mehr – für (...) die deutschen Medien vermutlich im allgemeinen." David Cohnen stören Moderation und die Nicht-Veröffentlichung von Leserbriefen.

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E-Mail-Anbieter zu Verschwiegenheit verpflichtet

Hat ihn das irgendwann dazu gebracht, massenhaft und ungefiltert seine Meinung ungefragt anderen aufzudrängen? Und: Darf er das ungestört?

Die E-Mail-Provider äußern sich zum konkreten Fall von David Cohnen nicht – Datenschutz: "Auch Auskünfte über die Ergebnisse einer inhaltlichen Überprüfung von E-Mails im Rahmen unserer AGB, die Menge oder Frequenz der Prüffälle oder ähnlich gelagerter Szenarien können wir nicht erteilen", heißt es von Marktführer web.de und gmx.de.

Untätig sind die Anbieter aber nicht. 92 Prozent aller verschickten Mails erreichten nie den Absender, weil sie als missbräuchlich eingestuft sind, rechnet die Telekom vor. Ihr Sprecher erklärt, man werde auch aktiv, wenn ein Account auffällt, weil er etwa Versandlimits überschreitet.

"Aber wie will ein Algorithmus die Rundmail eines örtlichen Parteivorsitzenden an seine Mitglieder unterscheiden von den Mails nach dem Typ des David Cohnen?" Systeme prüfen allerdings automatisiert ausgehenden E-Mail-Traffic auf bestimmte Merkmale und können im Verdachtsfall ein Postfach vorsorglich sperren, heißt es von web.de und gmx.de.

Versandsperre bei der Telekom

Bei der Telekom hatte David Cohnen offenbar schon Probleme. In einer Mail wetterte er: Wenn man mehrere Mails versende und der Inhalt nicht gefalle, werde man "– so wie es dem amerikanischen Präsidenten bei Twitter und Facebook ergangen ist – durch eine Versandsperre mundtot gemacht".

Wenn seine Mails "nicht gefallen", dann haben sie allerdings die belästigten Empfänger gestört – die Provider schauen nicht hinein: "Wir nehmen die Inhalte der Kommunikation selbst nicht zur Kenntnis, beziehungsweise nur dann, wenn uns dies explizit gemeldet wird", erklärt der Telekom-Sprecher. Und web.de erklärt, die Menge der eingehenden Beschwerden sowie die Menge der Empfänger der fraglichen E-Mail würden bei der Bewertung mitberücksichtigt.

Mails könnten im Anhang als Original weitergeleitet werden an den Provider und Beschwerdestellen wie diese von Deutschland sicher im Netz e.V..

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
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