Volksentscheid erfolgreich Hamburg stimmt für deutlich strengeren Klimaschutz

Die Volksinitiative "Hamburger Zukunftsentscheid" erzwingt einen harten Klimakurs. Es könnten große Veränderungen und Einschnitte auf die Bürger zukommen.
Die Hamburger haben für strengere Klimaziele gestimmt. Nach Angaben des Landeswahlamts votierten am Sonntag 53,1 Prozent der Abstimmenden für den Gesetzentwurf der Initiative "Hamburger Zukunftsentscheid", 46,9 Prozent sprachen sich dagegen aus. Damit muss die Stadt ihre Klimaneutralität um fünf Jahre auf 2040 vorziehen. Das notwendige Zustimmungsquorum von 20 Prozent der rund 1,3 Millionen Wahlberechtigten wurde mit 303.422 Ja-Stimmen erreicht.
Bei einem zweiten Volksentscheid über ein staatlich finanziertes Modellprojekt für ein bedingungsloses Grundeinkommen stimmte hingegen eine Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger dagegen.
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Fünf Jahre früher klimaneutral
Mit dem Erfolg des "Hamburger Zukunftsentscheids" muss die Hamburgische Bürgerschaft das Klimaschutzgesetz anpassen und den Gesetzentwurf der Initiative umsetzen. Er sieht verbindliche Zwischenziele und ein jährliches Monitoring vor, das bei Zielverfehlung Sofortprogramme auslösen soll.
Ein Gutachten des Hamburg Instituts und des Öko-Instituts erwartet weitreichende Folgen: Bis 2040 sollen alle gas- und ölbetriebenen Heizungen ersetzt, das Gasnetz stillgelegt und der Verkehr weitgehend elektrifiziert werden. Tempo 30 soll stadtweit Regelgeschwindigkeit werden, der Pkw-Verkehr deutlich sinken.
Auch soziale Aspekte sind Teil des Plans. Laut Gesetzentwurf dürfen die Kosten energetischer Sanierungen nur begrenzt auf Mieterinnen und Mieter umgelegt werden. Vermieter sollen durch Förderprogramme entlastet werden. Ziel sei es, den Klimaschutz sozialverträglich zu gestalten.
Zustimmung von Verdi bis FC St. Pauli
Die Initiative wurde von Fridays for Future angestoßen und von mehr als 160 Organisationen unterstützt – darunter Umweltverbände wie BUND, Greenpeace und Nabu, die Gewerkschaft Verdi, kirchliche Gruppen, Kultureinrichtungen und der FC St. Pauli. Sie argumentierten, ein schnellerer Wandel schaffe zukunftssichere Arbeitsplätze und senke langfristig Energie- und Mobilitätskosten.
Der rot-grüne Senat hatte die Verschärfung der Klimaziele dagegen abgelehnt. SPD, CDU und AfD sprachen sich gegen den Entwurf aus, nur Grüne und Linke unterstützten ihn. Eine Besonderheit: Die Grünen stimmten als Fraktion dagegen, als Partei jedoch dafür.
CDU-Fraktionschef Dennis Thering kritisierte den Kurs als "politisch naiv und strategisch fahrlässig". Der Volksentscheid schlage einen Kurs ein, "der unserer Stadt in vielerlei Hinsicht schadet", sagte Thering. Wirtschaftsverbände warnten vor Produktionsverlagerungen und Jobverlusten. Neben dem Industrieverband äußerten sich auch Handels- und Handwerkskammern kritisch und befürchteten Nachteile.
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Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) erklärte, der Senat werde den Entscheid umsetzen, wie es die Verfassung vorsehe. Eine Klimaneutralität bis 2040 sei aber nur zu erreichen, wenn auch auf Bundesebene die notwendigen Voraussetzungen geschaffen würden.
Volksentscheid zum Grundeinkommen wohl gescheitert
Der zweite Volksentscheid in Hamburg, der ein staatlich finanziertes Modellprojekt für ein Grundeinkommen vorsah, ist gescheitert. Nach dem vorläufigen Ergebnis des Landeswahlamts stimmte eine Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger gegen die Vorlage der Initiative. Damit wird das Projekt "Hamburg testet Grundeinkommen" nicht umgesetzt.
Die Initiative hatte geplant, 2.000 Menschen drei Jahre lang monatlich 1.346 Euro plus Krankenversicherung zu zahlen, um wissenschaftlich zu untersuchen, wie sich ein Grundeinkommen auf Arbeit und Gesellschaft auswirkt. Das Einkommen sollte zwar bedingungslos ausgezahlt werden, andere Einkünfte jedoch angerechnet werden – es wäre also kein vollständig bedingungsloses Modell gewesen. Die Kosten für die Stadt wären auf etwa 50 Millionen Euro geschätzt worden.
Unterstützung kam vom Ökonomen Thomas Straubhaar, der das Projekt als Chance sah, "zu lernen, wie ein Grundeinkommen gestaltet sein muss". Fast alle Fraktionen in der Bürgerschaft lehnten den Entwurf jedoch ab. SPD und Grüne hielten ihn für zu teuer und wenig Erkenntnis bringend. Die CDU sprach von einem "kostspieligen, unausgereiften Projekt". Auch die Hans-Böckler-Stiftung warnte, ein steuerfinanziertes Grundeinkommen könne ein "trojanisches Pferd" für Kürzungen im Sozialstaat werden.
- Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa und afp



