Deutschland rückt für zwei Jahre in den UN-Sicherheitsrat auf. In der Vollversammlung, quasi dem Parlament der 192 UN-Staaten, bekam die deutsche Kandidatur schon im ersten Wahlgang die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit für einen nicht-ständigen Sitz. Die Bundesrepublik hatte gegen Portugal und Kanada konkurriert.
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Deutschland bekam 128 Stimmen - nötig waren 127. Die geheime Abstimmung war mit Spannung erwartet worden. Für viele war die Bundesrepublik zwar der Favorit, doch die geheimen Abstimmungen der UN-Diplomaten gelten als unberechenbar. Weniger spannend waren die Wahlen für die Plätze Asiens, Lateinamerikas und Afrikas: Indien (187 Stimmen), Kolumbien (186) und Südafrika (182) hatten keine Gegenkandidaten.
"Mehr Frieden und Sicherheit auf der Welt"
In den nächsten zwei Jahren hat Deutschland das gleiche Stimmrecht wie die 14 anderen Staaten, allerdings nicht das Vetorecht. Nur die ständigen Mitglieder USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich können Entscheidungen blockieren. Deshalb dringt Berlin weiter auf eine UN-Reform mit ständigen Sitzen für Deutschland, Lateinamerika, Afrika und mehr Gewicht für Asien.
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Unmittelbar vor der Entscheidung in New York hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) noch einmal für einen nichtständigen Sitz Deutschlands im UN-Sicherheitsrat geworben. "Deutschland ist ein wichtiger Beitragszahler im Rahmen der Vereinten Nationen und möchte auch sein politisches Gewicht für mehr Frieden und Sicherheit auf der Welt einbringen", sagte die Kanzlerin in Bukarest. Die Bundesrepublik wolle damit ihren Einfluss auf die schon lange vorbereiteten UN-Reformen erhöhen. Mit der zweijährigen Mitarbeit im Sicherheitsrat wolle man zudem zur Konfliktlösung beitragen. "Wir haben in vielen Bereichen gezeigt, dass wir dazu bereit sind", fügte sie nach Mitteilung des Bundespresseamts an.
Westerwelle war zuversichtlich
Auch Außenminister Guido Westerwelle (FDP) hatte sich optimistisch gezeigt. Es sei "ein enges Rennen, denn Kanada und Portugal sind starke Mitbewerber", sagte Westerwelle der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". "Dennoch sind wir zuversichtlich, weil wir mit unseren eigenen Stärken geworben haben." Deutschland sei "weltweit bekannt für seine Zuverlässigkeit, für seinen Einsatz für Frieden und Entwicklung, für seinen multilateralen Ansatz".
In New York hatte er sich noch bis zuletzt in bilateralen Gesprächen um die Zustimmung der Wackelkandidaten bemüht. Am Montagabend (Ortszeit) empfing er rund 150 Gäste, darunter UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, in der deutschen Vertretung in Manhattan. Die Bundesrepublik sei ein zuverlässiger Partner für Abrüstung, Entwicklungspartnerschaft und den Klimaschutz, bekräftige Westerwelle. Deutschland werde bei einem Wahlerfolg transparent arbeiten und auch aktiv jene Staaten der Vereinten Nationen einbinden, die nicht in dem Gremium vertreten seien.
SPD vermisst ein klares Konzept
SPD-Europaparlamentarier Martin Schulz kritisierte, der Bundesregierung fehle ein klares "außenpolitisches und internationales" Konzept. Als Selbstzweck sei der Sitz im Sicherheitsrat "nicht sinnvoll". Er sprach sich zudem für einen ständigen Sitz der EU im Weltsicherheitsrat aus. Damit sei Europa besser beraten.
Der Grünen-Sicherheitsexperte Frithjof Schmidt kritisierte die Politik von Merkel und Westerwelle als "scheinheilig". Er betonte: "Einerseits wollen sie mit einem Sitz im Sicherheitsrat mehr internationale Verantwortung übernehmen. Anderseits erfüllt die Bundesregierung ihre Aufgaben in der Armutsbekämpfung bei weitem nicht." Auch in der Klimapolitik habe Deutschland seine Vorreiterrolle unter Schwarz-Gelb verloren.
Diskussion um dauerhaften Sitz im Rat
Der FDP-Europaabgeordnete Alexander Graf Lambsdorff forderte eine dauerhafte Vertretung der Bundesrepublik in dem UN-Gremium. "Natürlich braucht Deutschland einen ständigen Sitz im Sicherheitsrat", sagte er im Rundfunk Berlin-Brandenburg. "Wir sind der drittgrößte Beitragszahler in den Vereinten Nationen, man erwartet viel von uns - ich finde, da können wir auch ein bisschen erwarten, dass wir mitmachen dürfen."
Lambsdorff kritisierte die Zusammensetzung des Sicherheitsrats als "komplett überholt". Er forderte auch ständige Sitze für Indien, Brasilien "oder zumindest ein lateinamerikanisches Land". Der außenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Rainer Stinner, zeigte sich "ziemlich sicher", dass Deutschland den auf zwei Jahre begrenzten Sitz erhalten wird.