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Merkel-Besuch: Wir müssen auf Trump zugehen – auch wenn es wehtut


Merkel-Besuch
Wir müssen auf Trump zugehen – auch wenn es wehtut

MeinungEin Kommentar von Fabian Reinbold, Washington

Aktualisiert am 27.04.2018Lesedauer: 4 Min.
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Donald Trump und Angela Merkel: Die Bundesregierung muss einen neuen Ansatz im Umgang mit dem US-Präsidenten verfolgen.Vergrößern des Bildes
Donald Trump und Angela Merkel: Die Bundesregierung muss einen neuen Ansatz im Umgang mit dem US-Präsidenten verfolgen. (Quelle: Michael Kappeler)

Die Bundesregierung hat im Umgang mit Donald Trump schwere Fehler gemacht – das gefährdet jetzt deutsche Interessen. Angela Merkel muss einen neuen Kurs einschlagen.

Wenn Angela Merkel am Freitag im Weißen Haus auf Donald Trump trifft, findet die Begegnung unter höchst unangenehmen Rahmenbedingungen statt: Die beiden haben keinen Draht zueinander, das deutsch-amerikanische Verhältnis ist auf einem Tiefpunkt und Deutschland und Europa droht seitens Trump Gefährliches. Beim Handel, bei der Verteidigung, bei Iran und Russland, so gut wie bei allen großen Themen gibt es – vorsichtig ausgedrückt – Verstimmungen.

Seit Merkels erstem Besuch im März 2017 sind die Deutschen auf Sicht gefahren und haben Sicherheitsabstand zum unberechenbaren Trump gehalten. Lassen wir den Irren im Weißen Haus mal schön toben, halten wir uns an jene Teile der US-Regierung, die uns wohlgesonnen sind. So war der Tenor, wenn man Angehörige der Bundesregierung danach fragte, ob sie eine Trump-Strategie haben.

Mit diesem Ansatz ist die Bundesregierung gescheitert.

Sie ist der falschen Hoffnung aufgesessen, dass Trumps Meinungen irgendwann schon wieder vorüberziehen werden. Sie hatte keine Antwort darauf, dass Trump jene Minister und Berater, zu denen Berlin die besten Drähte pflegte, hinausgeworfen hat. Sie hat ignoriert, dass Trump bei jenen Themen, die ihm wirklich wichtig sind, am Ende alleine entscheidet. Und vor allem fand sie keine Antwort auf den Groll, den Trump – zu Recht oder Unrecht – gegenüber Deutschland hegt.

Jetzt steht viel auf dem Spiel, für Deutschland, seine Wirtschaft, seine Interessen in der Welt. Die Ausnahme für die EU von Trumps Zöllen auf Stahl und Aluminium läuft am 1. Mai aus, Trump hat in dem Streit gar mit Importzöllen auf deutsche Autos gedroht, was Deutschlands Industrie hart treffen würde. Wirtschaftsinteressen spielen auch beim Streit über den Iran und Russland-Sanktionen eine Rolle.

Um Schaden von Deutschland abzuwenden, muss Merkel einen neuen Ansatz wählen. Dazu gehören drei Schritte. Merkel muss anerkennen, dass Trump bei allem Irrsinn in manchen Dingen einfach recht hat. Merkel muss ihm ein Angebot machen, das er daheim als Erfolg präsentieren kann. Und Merkel muss, vielleicht am schwierigsten, wie Emmanuel Macron einen persönlichen Zugang zu Trump finden.

Erstens: Trumps Ärger über Deutschlands Verteidigungsausgaben ist berechtigt. Deutschland hält seine Zusagen nicht ein. Was man in Berlin gern als typisch Trump'sches Getöse abtut, ist in Washington längst Konsens, auch bei moderaten Kräften wie dem Verteidigungsminister James Mattis: Warum in aller Welt schafft es Deutschland, das Jahr für Jahr Rekordüberschüsse meldet, nicht, die Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent zu erhöhen, wie man es den Nato-Partnern zugesagt hat? Bislang hat die Bundesregierung darauf keine überzeugende Antwort gefunden.

Das Thema ist wichtig, weil Trump es immer wieder hervorholt und damit auch seine Drohungen in Handelsfragen verknüpft. Aus seiner Sicht macht es sich Deutschland beim Militär auf Kosten der USA gemütlich. Auch wenn man es anders als der US-Präsident sieht, gibt es gute Gründe, hier offensiver zu werden. Vor einem Jahr hatte Merkel den viel zitierten und auf Trump bezogenen Satz gesagt: "Wir Europäer müssen unser Schicksal wirklich in unsere eigene Hand nehmen." Wer das ernst meint, muss auch bei der Verteidigung eigenständiger werden.

Zweitens: Von Trumps Strafzöllen auf Stahl und Aluminium wurde Deutschland nach quälend langer Regierungsbildung kalt erwischt. Dabei war nicht nur seit Langem klar, dass Trump der schwächelnden US-Industrie helfen will, sondern auch, dass er derart auf Handelsdefizite fixiert ist, dass er insbesondere Deutschland mit seinem Exportüberschuss von 50 Milliarden Euro ins Visier nehmen wird. Zunächst fiel der Bundesregierung nicht viel mehr ein, als auf die federführende EU und die Regeln der WTO zu verweisen.

Merkel muss mehr tun. Sie muss Trump etwas anbieten, ihn ködern. Nur wenn er daheim etwas als Zugeständnis der Deutschen verkaufen kann, wird er die EU dauerhaft von den Zöllen ausnehmen und womöglich gar seine Drohungen gegen die deutsche Autoindustrie herunterfahren. Auch jene verbliebenen Berater, die Deutschland wohlgesonnener sein mögen, werden nur Gehör finden, wenn sie etwas vorweisen können. Merkel muss also etwa Verhandlungen auf höchster Ebene anbieten, am besten im Namen der EU, und mögliche Zugeständnisse, die für Trump fair klingen.

Drittens: Merkel muss viel aktiver um Trumps Gunst werben, auch wenn es ihr Bauchschmerzen bereiten wird. Sie hat – zu Recht – kein Interesse daran, mühsam etablierte Prinzipien von Multilateralismus wegen Trump wegzuwerfen. Und weil der US-Präsident in Deutschland extrem unbeliebt ist, will sie ihm gegenüber auch nicht allzu herzlich erscheinen. Und doch ist es unerlässlich, um zum US-Präsidenten vorzudringen. Merkel kann Macron und dessen große Freundschaftsshow nicht kopieren, aber seine Strategie zeigt die Richtung. Er hat es geschafft, neben allerlei Küsschen und Umarmungen in Washington seine Positionen und Meinungsunterschiede zu Trump unmissverständlich klarzumachen – eine Doppelstrategie, auf der die Bundeskanzlerin aufbauen muss.

Es ist überfällig, dass sich Merkel Trump gegenüber stärker zeigt und einen Weg findet, zu ihm persönlich vorzudringen.

Gut möglich, dass das Merkel nicht behagt und es schwierig, unangenehm, vielleicht auch frustrierend wird. Aber es ist ihr Job, endlich eine Trump-Strategie zu verfolgen, die souverän und Merkels internationaler Bedeutung angemessen ist und die im Interesse Deutschlands liegt.

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