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Klimaschutz: So will die Regierung Vielfliegen einschränken


So will die Regierung Vielfliegen einschränken

dpa, Sascha Meyer

Aktualisiert am 17.09.2019Lesedauer: 4 Min.
Ein startendes Flugzeug: Um klimaschädliches Vielfliegen einzudämmen, sollen manche Tickets teurer werden.Vergrößern des BildesEin startendes Flugzeug: Um klimaschädliches Vielfliegen einzudämmen, sollen manche Tickets teurer werden. (Quelle: guvendemir/getty-images-bilder)
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Die Bundesregierung will häufiges Fliegen künftig weniger attraktiv machen, in dem höhere Aufschläge und Steuern auf Tickets erhoben werden. Dadurch sollen mehr Menschen die Bahn als Transportmittel wählen. Doch die komplexen Preissysteme der Airlines sind ein Hindernis bei diesem Vorhaben.

Eigentlich klingt es gar nicht so kompliziert: Um klimaschädliches Vielfliegen einzudämmen, sollen zumindest manche Tickets teurer werden. So zeichnet es sich für die entscheidende Sitzung des schwarz-roten Klimakabinetts bei Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ab.

Ansetzen wollen die Koalitionäre dafür bei der Luftverkehrsteuer, die seit 2011 für Starts von deutschen Flughäfen gilt. Doch für den Staat ist es gar nicht so leicht, die Preisschraube mit Breitenwirkung für die Passagiere nach oben zu bekommen. Denn die Tarife schwanken schon jetzt beträchtlich.

Komplexe Preissysteme der Airlines

Viele kennen es beim Buchen im Internet: Soll es in einer Woche von Berlin nach Paris gehen, kostet ein Flug früh um 6.30 Uhr mehr als 200 Euro – anderthalb Stunden später dann knapp 90 Euro. Und in zwei Monaten wären es nur 79,99 Euro. Denn über ihre Computer steuern die Airlines komplexe Preissysteme mit diversen Variablen nach Tag, Zeit und Auslastung. Das zielt darauf, möglichst hohe Einnahmen zu sichern und dafür auch unterschiedliche Zahlungsbereitschaften auszuschöpfen. "Privatleute legen sich eher langfristig fest und können Flüge in mehreren Monaten relativ günstig bekommen", erläutert Frank Fichert, Verkehrsökonom an der Hochschule Worms. "Geschäftsreisende buchen dagegen auch mit ein oder zwei Tagen Vorlauf zu höheren Preisen."

Höhere Steuern, um auf Flüge zu verzichten

Steuern und Gebühren sind da ein Faktor unter vielen. Und die große Frage lautet: Wie hoch müsste ein höherer Staatsaufschlag fürs Klima sein, damit er in dieser Gesamtkalkulation die Schmerzgrenze knackt und Reisende auf Flüge verzichten? Ausgangsbasis ist die Ticketsteuer mit drei Stufen je nach Entfernung:

  • Im Inland und in EU-Staaten – 7,38 Euro
  • bei Flügen mit bis zu 6.000 Kilometern – 23,05 Euro
  • bei Fernstrecken über 6.000 Kilometern – 41,49 Euro

Jährliche Einnahmen für die Bundeskasse: eine gute Milliarde Euro.

"Eine höhere Steuer hätte auf jeden Fall einen Effekt", sagt Experte Fichert. Es komme aber darauf an, wie hoch der Aufschlag wäre. "Bei einer kleinen Erhöhung beispielsweise von sieben auf zehn Euro dürfte nicht allzu viel passieren – wenn ein Hin- und Rückflug dann 116 Euro statt 110 Euro kostet. Eine Verdoppelung der Steuer hätte da ein anderes Potenzial." Und die stärkste Wirkung gebe es auf dem Inlandsmarkt. "Da fällt die Steuer doppelt an, bei Hin- und Rückflug. Und man hat die besten Möglichkeiten, einen Flug zu ersetzen und Zug zu fahren."

Erste Steuerstufe soll nur für Inlandsflüge verdoppelt werden

Tatsächlich wollen Union und SPD vor allem kürzere Flüge angehen. Wie genau, ist aber noch offen. Die CDU hat sich schon positioniert, die erste Steuerstufe von 7,38 Euro zu verdoppeln. Allerdings nur für Inlandsflüge und damit beispielsweise nicht für Urlaubstrips nach Frankreich oder Italien. Die Luftfahrtbranche ist dennoch in erhöhtem Alarmmodus und warnt davor, Wettbewerbsverzerrungen zulasten deutscher Airlines weiter zu verschärfen – die treffe die Steuer in ihrem Heimatmarkt viel stärker als internationale Konkurrenten.

Aufschlag zu Lasten der Airlines

Dazu kommt, dass der Aufschlag nicht automatisch komplett auf dem Ticket landet. Denn gezahlt werden müsse die Steuer von den Airlines. Sie können dann versuchen, sich das Geld über höhere Preise von den Passagieren zurückzuholen. Doch das gelingt im Wettbewerb oft nicht, wie es beim Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) heißt. Einen "nennenswerten Teil" müssten die Anbieter tragen, was ihnen Mittel für Investitionen in Nachhaltigkeit und Service entziehe. Tatsächlich gibt es viele Strecken mit einem ziemlich harten Konkurrenzkampf.

Vermeintliche Lockangebote sind eher selten

Ins Klimaschutz-Visier genommen hat die Koalition auch umstrittene Schnäppchenangebote für 9,90 Euro oder 14,99 Euro. Dafür sollen "Anti-Dumping"-Regeln her. Dabei sind solche Lockangebote eher selten – auch wenn sie bei vielen das Image prägen, dass Fliegen günstiger sei als Bahnfahren. Die durchschnittlichen Bruttopreise der Billigflieger lagen zuletzt zwischen 50 und 106 Euro pro einfachem Flug, wie der regelmäßige Bericht des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt ergab. "Für jeden Passagier, der ein Aktionsticket erstehen konnte, sitzen im selben Flugzeug zahlreiche Passagiere, die ein Vielfaches bezahlt haben", sagt BDL-Hauptgeschäftsführer Matthias von Randow.

Einführung einer Kerosinsteuer

Diskutiert wird auch über andere Instrumente. Da ist die Einführung einer Kerosinsteuer, die etwa der Verbraucherzentrale Bundesverband für besser hält. "Damit hätte man eine wichtige klimapolitische Lenkungsmöglichkeit in der Hand", sagt Verkehrsexperte Felix Methmann. So könnte der Staat herkömmliches Kerosin wegen des höheren Ausstoßes an klimaschädlichem Kohlendioxid (CO2) höher besteuern als "grünes" Kerosin aus regenerativen Quellen. Parallel dazu müssten die Steuern für Bahntickets herunter. Das plant die Koalition auch schon.

Kaum vorherzusagen ist außerdem, welchen Effekt etwas teurere Tickets insgesamt haben. "Die Luftverkehrsteuer hat die Nachfrage nach der Einführung leicht gedrückt, in einer Größenordnung von wohl etwa zwei Prozent", sagt Verkehrsökonom Fichert. Es sei aber schwierig, die Wirkung einer Steuer isoliert herauszurechnen. Denn der Luftverkehr reagiere sehr sensibel auf die Wirtschaftslage, auch internationale Krisen könnten sich auf die Nachfrage auswirken – vielleicht sogar stärker als Änderungen bei einer Steuer.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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