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PCR-Test: Wien übertrifft ganz Deutschland! 800.000 Tests am Tag möglich


"Sehr nützliche Strategie"
Wie eine Stadt mehr testet als ganz Deutschland


Aktualisiert am 20.01.2022Lesedauer: 4 Min.
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Mitarbeiter des Lifebrain-Labors: Mit zwei zusätzlichen Pavillons zählt das Labor im Areal der Klinik Penzing in Wien insgesamt vier.Vergrößern des Bildes
Mitarbeiter des Lifebrain-Labors: Mit zwei zusätzlichen Pavillons zählt das Labor im Areal der Klinik Penzing in Wien insgesamt vier. (Quelle: Lifebrain-Labor)

In Deutschland werden die PCR-Tests knapp, Gesundheitsminister Lauterbach brachte schon eine Priorisierung ins Spiel. In Wien sind hingegen 800.000 Tests pro Tag möglich. Wie geht das?

"Wir werden die PCR-Tests priorisieren müssen", sagte Karl Lauterbach (SPD) kürzlich bei "Markus Lanz". Die Omikron-Welle reize Kapazitäten von Laboren aus – und es drohe eine Überlastung, warnte der Gesundheitsminister. Doch nicht überall herrscht Knappheit: Die österreichische Hauptstadt schafft es mittlerweile, 800.000 PCR-Tests pro Tag auszuwerten. Das teilte die Stadt Wien auf Twitter mit. Wie ist das möglich, dass eine Stadt schneller testet als die gesamte Bundesrepublik?

Entscheidend für den Erfolg war offenbar auch ein Umdenken in der Wiener Verwaltung: Die Stadt habe mit der Offensive "Alles gurgelt!" auf Gurgeltests für zu Hause umgestellt, um für einen Abstrich kein medizinisches Personal mehr zu brauchen, sagt Mario Dujaković, Pressesprecher des Wiener Gesundheitsstadtrats Peter Hacker, zu t-online.

Die Tests könne man in einer österreichischen Drogerie erhalten – bis zu 8 kostenlose Sets seien pro Abholung möglich. Damit schaffe die Stadt 800.000 Tests täglich, die in maximal 24 Stunden ausgewertet werden können. Derzeit werden durchschnittlich 300.000 bis 400.000 PCR-Tests ausgewertet, so Dujaković. Durch das Hochfahren der Kapazitäten liege der Preis der Tests derzeit bei nur knapp unter 6 Euro.

"Wir holen die Leute dann frühzeitig raus"

Ein weiterer Baustein der Wiener Erfolgsgeschichte ist ein sehr leistungsfähiges Labor der Firma Lifebrain. Man habe seine Testkapazitäten im Januar noch einmal deutlich erhöht, heißt es in einer Pressemeldung des Pharmaunternehmens. Mit zwei zusätzlichen Pavillons zählt das Labor im Areal der Wiener Klinik Penzing nun insgesamt vier. "Lifebrain ist der größte Laboranbieter in Italien, wir haben das Know-how vor über einem Jahr nach Wien importiert", sagt Rainer Sturma, Chief Operating Officer (COO) des Labors, zu t-online.

Die Wiener Teststrategie scheint zu wirken: In der österreichischen Hauptstadt sei die Welle deutlich flacher ausgefallen als in anderen Bundesländern. Die Offensive hat mehrere Vorteile: "Wir können auch viel mehr asymptomatische Fälle herausfischen. Jeder dritte Fall ist derzeit asymptomatisch, wir holen die Leute dann frühzeitig raus", sagt Dujaković t-online. Alle positiven PCR-Tests werden außerdem auf Virusvarianten getestet. Somit sei die Strategie beispielsweise für Prognoserechnungen oder Hospitalisierungen "sehr nützlich", sagt Dujaković.

Auch von der Politik und deren beratenden Experten erhalte das Konzept positives Feedback, so Sturma. Die PCR-Tests seien eine der vielen Schrauben im Kampf gegen die Pandemie.

Weniger Kapazitäten in Deutschland

Anders sieht es in Deutschland aus: Für die zweite Januarwoche gibt das Robert Koch-Institut (RKI) eine Testkapazität pro Tag von rund 391.000 an. Trotzdem seien in der letzten Woche mit 1,95 Millionen Tests wöchentlich mehr als je zuvor in der Pandemie durchgeführt worden, teilte der Laborverband ALM mit. Die Auslastung der Labore lag bei 86 Prozent.

ALM-Chef Michael Müller plädierte für eine Priorisierung von PCR-Tests bei begrenzter Kapazität, um eine Überlastung der Labore zu vermeiden. Zudem bestand er auf die konsequente Umsetzung der Nationalen Teststrategie. Demnach sollen etwa Menschen mit Covid-19-Symptomen und Kontaktpersonen von nachgewiesenermaßen Infizierten Vorrang haben. Doch auch der Schutz von Menschen mit besonders hohen Corona-Risiken beispielsweise im Gesundheitswesen stehe im Vordergrund.

Auch Gesundheitsminister Lauterbach kündigte bei "Markus Lanz" eine Priorisierung der PCR-Tests an, weil die Fallzahlen höher werden. Genaue Details wollte er nicht nennen, es stehe aber fest, dass Krankenhauspersonal, Pflegebeschäftigte und Mitarbeiter ähnlicher Einrichtungen hier den Vorrang bekommen müssten.

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Sind Gurgeltests auch in Deutschland denkbar?

Wäre ein kurzfristiger Ausbau der Testkapazitäten in Deutschland möglich? Der Unternehmenssprecher des großen Anbieters Bioscientia, Henrick Borucki, hält das nicht für möglich. "Kapazitäten auszubauen bedeutet nicht nur, neue Geräte zu kaufen. Das haben wir gemacht. Der Knackpunkt ist im Moment ganz klar das Personal. Wir suchen seit Wochen, finden aber noch nicht genug", so Borucki zu "ZDFheute". Schon Ende November zeichnete sich ab, dass einige Labore ins Schleudern gerieten, so Borucki.

Auch das Bundesgesundheitsministerium verweist gegenüber dem Sender auf den Personalmangel. Man prüfe derzeit die Optionen. Vonseiten der Politik gab es zu den Gurgeltests, die man im Supermarkt erwerben kann, schon Überlegungen, wie der "SWR" berichtet. Das bayerische Gesundheitsministerium habe dieser Strategie beispielsweise eine Absage erteilt. Der Grund: Labore seien schon an der Kapazitätsgrenze und könnten die Ergebnisse ohnehin nicht zeitgerecht auswerten.

Die Kapazitätsgrenzen und eine mögliche Gefährdung Dritter könnten gegen den Verkauf in Supermärkten sprechen, so der "SWR". Das RKI stufe die Gefahr einer Aerosolbildung während der Durchführung des Gurgeltests als hoch ein. Es gebe zwar bereits einige Anbieter, die diese Selbsttestung zur Verfügung stellten, sie blieben in Deutschland aber noch die Ausnahme.

"Das liegt am strategischen Fokus der Wiener Stadtpolitik"

Rainer Sturma vom Lifebrain-Labor hat eine Vermutung, warum die Teststrategie in Wien besser läuft als in anderen Ländern: "Ich glaube, das liegt am strategischen Fokus der Wiener Stadtpolitik, den andere Länder und zum Teil auch Bundesländer in Österreich nicht hatten." Bei jeder neuen Welle sei man froh, ein neues und skalierbares Konzept zu haben, so Sturma.

Auch der Sprecher des Wiener Gesundheitsstadtrats, Dujaković, glaubt, es sei eine Strategiefrage. "In Deutschland liegt der Fokus immer noch sehr auf Kontaktpersonennachverfolgung und Verdachtsfallabklärung mit PCR-Tests. Wir haben uns aber bewusst entschieden, PCR-Tests in die breite Masse zu bringen."

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Rainer Sturma am 19. Januar 2022
  • Gespräch mit Mario Dujaković am 19. Januar 2022
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