Wahl zur Verfassungsrichterin Seehofer: Ich hätte Brosius-Gersdorf gewählt

Der frühere CSU-Chef Horst Seehofer hat sich in die Debatte um eine SPD-Kandidatin für das Verfassungsgericht eingeschaltet. Seine Partei mahnt er zur Disziplin.
Im Ringen um die Neubesetzung am Bundesverfassungsgericht hat sich der frühere CSU-Chef Horst Seehofer hinter die umstrittene SPD-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf gestellt. Der ehemalige Bundesminister und langjährige bayerische Ministerpräsident sagte der "Augsburger Allgemeinen": "Wenn die gesamte Führung von CDU und CSU einem Abgeordneten die Wahl empfiehlt, so wie geschehen, hätte ich sie gewählt."
Brosius-Gersdorf war gemeinsam mit zwei weiteren Kandidaten zur Wahl vorgesehen, nachdem sich die Fraktionsspitzen von SPD und Union auf eine gemeinsame Nominierung verständigt hatten. Kurzfristig wurde die Abstimmung jedoch von der Tagesordnung genommen – innerhalb der Union war der Widerstand gegen die Juristin gewachsen. Die Fraktionsführung sah sich nicht mehr in der Lage, die ursprünglich zugesicherte Unterstützung zu gewährleisten.
Söder glaubt nicht mehr an Nominierung Brosius-Gersdorfs
Der aktuelle CSU-Chef Markus Söder äußerte im "Stern", er sehe "kaum mehr eine Möglichkeit" für eine Wahl Brosius-Gersdorfs. Durch die politische Debatte entstehe eine Art "Befangenheit", die dem Gericht schaden könne. Innenpolitiker Alexander Dobrindt (CSU) legte der Kandidatin in der "Augsburger Allgemeinen" einen Verzicht nahe und erklärte, sie hätte vergangene Woche "keine Aussicht auf eine Mehrheit" gehabt. Es liege nun an Brosius-Gersdorf, mit der Situation umzugehen.
Die SPD hält weiterhin an ihrer Kandidatin fest. Bundestagsvizepräsident Omid Nouripour (Grüne) warnte im "Handelsblatt" vor einem möglichen Scheitern im Bundestag. Sollte keine Einigung zustande kommen, würde der Bundesrat entscheiden – für Nouripour ein "fatales Signal hinsichtlich der Handlungsfähigkeit des Bundestages".
Linken-Politiker Gregor Gysi äußerte im "Reutlinger General-Anzeiger" die Sorge, dass die Union künftig dauerhaft Einfluss auf SPD-Nominierungen nehmen könnte. "Sonst macht man die Tür auf, dass künftig immer CDU und CSU über die Besetzung der von der SPD nominierten Verfassungsrichter entscheiden", sagte Gysi.
- Nachrichtenagentur dpa