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AfD und der Spion aus China: Familie Schmidts diskrete Diamantendeals


Mit AfD-Spion in China
Die dubiosen Diamantendeals der Familie Schmidt


Aktualisiert am 13.10.2025Lesedauer: 6 Min.
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Der AfD-Bundestagsabgeordnete Jan Wenzel Schmidt: Mit dem Spion Jian Guo reiste er nach China. (Quelle: t-online)
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Die Familie des AfD-Politikers Jan Wenzel Schmidt versucht, mit künstlichen Diamanten Geld zu verdienen. Er selbst bestreitet jede Verwicklung. Mit einem Spion besichtigte er allerdings eine Diamantenfabrik in China.

Vielleicht gehört nicht viel dazu, in einem kleinen Dorf als umtriebig zu gelten. Erst recht nicht, wenn man der Neue ist. Der Zugezogene, dessen Hof hinter hohen Bruchsteinmauern verborgen ist. Nur ein breites Tor gewährt Einlass. Hinter den Mauern, da gehe es, so heißt es in dem Ort nahe Magdeburg, um politische Strategie.

Seit der Neue da ist, seien schon Rechtsextreme aus ganz Deutschland angereist. Davon zeugen Fotos eines Sommerfests der damaligen AfD-Jugendorganisation, bei dem schon vor Jahren AfD-Spitzenpolitiker zu Gast waren.

Aber der Hausherr sei eben auch umtriebig, was die Geschäfte anbelangt, heißt es weiter. Dies hört man über ihn auch außerhalb des Dorfes.

Die Rede ist vom AfD-Bundestagsabgeordneten Jan Wenzel Schmidt, der sich, seit er den Hof in Sachsen-Anhalt vor knapp zehn Jahren erwarb, zu einem veritablen Strippenzieher in der Partei entwickelt hat. Seit 2021 sitzt er im deutschen Parlament. Als Landtagsabgeordneter und Landesvorsitzender der Jungen Alternative hatte er sich zuvor schnell zum Generalsekretär der AfD in Sachsen-Anhalt gemausert – bis er im parteiinternen Ränkespiel in diesem Frühjahr zurücktrat. Er kam damit einem offenen Putsch zuvor. Noch immer gilt er aber als einflussreich, mit Kontakten weit über Sachsen-Anhalt hinaus.

Ein Spion, ein Diamant und eine heimliche Reise

Eine dieser Verbindungen bringt ihn nun in Schwierigkeiten: Laut Recherchen von t-online reiste Schmidt im November 2023 mit dem chinesischen Spion Jian Guo nach China, um ein Unternehmen zur Herstellung synthetischer Diamanten zu besichtigen. Wenige Wochen später will ihm der Spion einen solchen Diamanten in Magdeburg überreicht haben. Im selben Zeitraum gründete ein Familienmitglied von Schmidt Handelsunternehmen für Diamanten.

Die Spur der diskreten Geschäfte führt auf den Hof nahe Magdeburg, auf dem die Grenzen zwischen Politik, Geschäft und Privatem fließend zu sein scheinen.

Denn im heimischen Kreisverband hat Schmidt das politische Geschäft der AfD zur Familienangelegenheit gemacht. Für den Stadtrat kandidierte im vergangenen Jahr gleich seine ganze auf dem Hof ansässige Familie: er selbst, seine Ehefrau, seine Mutter und sogar ihr Lebensgefährte. Hinzu kamen sein enger Vertrauter Joel Bußmann und dessen Ehefrau Natalja Bußmann. Ganze vier Sitze konnte die Clique so erringen, im Ortschaftsrat noch einmal zwei. In den Kreistag zog Schmidt zwar als einziger aus der Familie ein – aber immerhin entsandte seine AfD-Fraktion nicht nur ihn, sondern auch Natalja Bußmann auf vergütete Posten im Verwaltungsrat der Kreissparkasse.

Schmidts Geschäfte

Deswegen bestimmen Schmidt und Frau Bußmann nun nicht nur gemeinsam mit über die Geschicke der kommunalen Bank. Zugleich, das zeigen t-online vorliegende Dokumente aus dem Handelsregister, ist seine Parteifreundin fest in die geschäftlichen Unternehmungen der Familie Schmidt eingebunden, denen der chinesische Spion offenbar unter die Arme zu greifen gedachte.

Parallel zu seinem Mandat im Bundestag ist Schmidt Ende 2022 in die Wirtschaft gegangen: Vom Hof aus kontrolliert er mittlerweile über eine Holding Gesellschaftsanteile an Tabak- und E-Zigaretten-Firmen und betreibt dort außerdem eine Unternehmensberatung. Die Geschäftsführung hat in beiden Fällen seine Parteifreundin Bußmann inne. All das wäre bis hierhin nicht besonders auffällig, wäre da nicht die Anklageschrift des Generalbundesanwalts gegen Jian Guo, die Ende September am Oberlandesgericht Dresden in einen Schuldspruch wegen Spionage für China mündete. Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig.

Das "Projekt künstliche Diamanten"

Guo genießt mittlerweile in der AfD, wie sein ehemaliger Arbeitgeber Maximilian Krah, einen Ruf wie Donnerhall: Laut Urteil von Ende September spionierte er jahrelang für den chinesischen Geheimdienst, zuletzt als Abgeordnetenassistent von Krah im Europaparlament. Darüber hinaus verdächtigt ihn die Generalstaatsanwaltschaft Dresden in einem weiteren Verfahren, deutsche Mandatsträger bestochen zu haben, weswegen sie seit einigen Monaten auch gegen Krah ermittelt. Dieser erhielt als Anwalt über ein mit Guo verbundenes Firmennetzwerk, das t-online offenlegte, mindestens 50.000 Euro, bestreitet aber etwaiges Fehlverhalten.

Nun gerät auch Krahs politischer Verbündeter Schmidt in den Sog der China-Affäre: Grund ist ein Treffen mit Guo, das durch die Anklageschrift im Spionageprozess öffentlich wurde. Demnach legte der Geheimdienstler mehrere Dossiers über Gespräche mit AfD-Politikern an. Eines davon nannte er "Projekt künstliche Diamanten" – es fasste ein Mittagessen mit Jan Wenzel Schmidt vom 4. Januar 2024 in einem Magdeburger Restaurant zusammen. Schmidt widerspricht hingegen.

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Zwar räumte er das Treffen auf Anfrage von t-online in einer ersten Stellungnahme ein. Den sonstigen Inhalt des Dokuments wies er aber als "frei erfunden" zurück. "Weder ein echter noch ein künstlicher Diamant wurde mir überreicht", schreibt Schmidt. Guo habe ihm hingegen eine "finanzierte Reise nach China" angeboten, die er "ausdrücklich abgelehnt" habe. Fragen, seit wann er Guo kannte und wie sich der Kontakt gestaltete, ließ er unbeantwortet.

Der Besuch in der Diamantenfabrik

Das allerdings bringt ihn weiter in Bedrängnis: Laut Recherchen von t-online reiste Schmidt bereits im November 2023, also wenige Wochen vor dem Treffen in Magdeburg, gemeinsam mit Guo nach China, wo sie ein Unternehmen besichtigten, das synthetische Diamanten produziert. Von der Reise liegt t-online das Foto eines offiziellen Termins mit Guo in der chinesischen Stadt Xuchang in der Provinz Henan vor. Schmidt selbst hat diese Reise nie öffentlich gemacht.

In Mitteilungen der Stadtverwaltung und der Kommunistischen Partei China heißt es dazu, Schmidt habe "das gute Geschäftsumfeld und das pragmatische Unternehmertum in Xuchang" gelobt und den Wunsch geäußert, "dass beide Seiten ihre Geschäftsgespräche intensivieren und so gegenseitige Vorteile und Win-Win-Ergebnisse erzielen". Und weiter: Schmidts Delegation habe das Werk der Henan Huanghe Whirlwind Co. Ltd. besucht.

Das staatlich finanzierte Unternehmen informiert auf seinen Webseiten ausführlich über seine Produkte: Es sind synthetische Diamanten. "Im Labor gezüchtete Diamanten werden in der Schmuckindustrie immer beliebter und kommen in Verlobungsringen, Ohrringen, Halsketten und anderen Schmuckstücken zum Einsatz", heißt es dort.

Da trifft es sich, dass Guo – wie der Titel des von ihm angelegten Dossiers schon nahelegt – mit Schmidt beim anschließenden Treffen in Magdeburg über eben solche Diamanten gesprochen haben will. Schmidt bestreitet aber vehement: "Es gab zu keinem Zeitpunkt eine Übergabe eines Diamanten und keine geschäftliche Zusammenarbeit." Er oder seine Firmen hätten keinerlei Geschäftsbeziehungen bezüglich künstlicher Diamanten unterhalten.

Künstliche Diamanten fallen allerdings durchaus in den Geschäftsbereich der Familie Schmidt, die auf dem Hof nahe Magdeburg residiert.

Die Briefkastenfirmen in Berlin

Ansässig auf dem Hof ist neben dem Bundestagsabgeordneten und seinen Unternehmen auch der 74-jährige Lebensgefährte seiner Mutter, der für Schmidts AfD im Stadt- und im Ortschaftsrat sitzt. Ein Rentner im Unruhestand, wie es so schön heißt: Über eine Holding in Berlin, die an ihrer Geschäftsadresse weder Briefkasten noch Klingelschild besitzt, kontrolliert er zwei weitere Unternehmen in der Hauptstadt, die das englische Wort für "Diamanten" bereits im Namen tragen. Die "Best Friend Diamonds GmbH" und die "Diamond Memories GmbH".

Gegründet wurden sie im August 2023, also rund drei Monate vor Schmidts China-Reise, im selben Berliner Notariat wie Schmidts Unternehmen – ohne die familiäre Verbindung zum AfD-Abgeordneten offenzulegen. Der jeweilige Geschäftszweck: "Herstellung, Handel und Vertrieb von Schmucksteinen". Wusste Guo von diesen Plänen?

Für potenzielle Kunden dürfte es nicht eben einfach sein, die Diamantenunternehmen zu erreichen. Beide verfügen offenbar nur über virtuelle Geschäftsadressen in Berlin – einen Briefkasten teilt sich eines von ihnen in Mahlsdorf mit der eigentlich in Moabit gemeldeten Holding und 28 weiteren Unternehmen. Kein Klingelschild, keine Webseiten, keine öffentlichen E-Mail-Adressen oder Telefonnummern. Landläufig sind solche Konstrukte als Briefkastenfirmen bekannt. Als Geschäftsführerin tritt jeweils auf: Natalja Bußmann, die auch die Geschäfte für die Unternehmen von Jan Wenzel Schmidt auf dem Hof führt.

Schmidt räumt China-Reise ein

Viel zu tun hatte sie offenbar zunächst nicht: Die Geschäftsberichte der GmbHs weisen für 2023 keinen Umsatz aus. Die Pläne wurden trotzdem weiterverfolgt: Die Diamantenunternehmen wurden, wenige Wochen nachdem sich Schmidt und Guo in Magdeburg getroffen hatten, ins Handelsregister eingetragen. Knapp drei Monate später, im April 2024, wanderte Guo wegen Spionageverdachts in Untersuchungshaft. Fragen von t-online beantwortete er nicht.

Mit den Recherchen von t-online konfrontiert, räumte Schmidt auf eine zweite schriftliche Anfrage schließlich ein, mit Guo in China die Diamantenproduktion besichtigt zu haben. Krah habe ihm Guo als Mitarbeiter und China-Experten vorgestellt. "Die Reise war offiziell beantragt und wurde vollständig durch die Bundestagsfraktion finanziert", teilte Schmidt mit. Der mittlerweile verurteilte Spion sei dabei in "die Organisation einzelner Programmpunkte eingebunden" gewesen.

Zu den Berliner Diamantenunternehmen könne er nichts sagen. "Ich bin weder Gesellschafter noch Geschäftsführer und stehe in keiner geschäftlichen Verbindung zu ihnen", schreibt Schmidt. Der Lebensgefährte seiner Mutter teilte t-online ebenfalls schriftlich mit: "Es gibt keine Verträge, keine Zahlungen und keine sonstigen geschäftlichen Verflechtungen zwischen meinen Gesellschaften und Herrn Schmidt."

Die Firmen hätten "nie Umsätze erzielt, nie Diamanten aus China bezogen" und seien auch nicht im operativen Geschäft tätig gewesen, sondern lägen brach. Die ursprüngliche Geschäftsidee zu Schmuckdiamanten habe er nicht weiterverfolgt. Grund dafür seien "hohe bürokratische Auflagen, überbordende Nachweispflichten, hohe Steuern und Energiekosten" gewesen. Die Fragen zu den Firmen hatte t-online per Einschreiben geschickt – an Schmidts Hof.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
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