Klingbeil-Rede im Bundestag Vizekanzler kündigt "unbequeme Entscheidungen" an

Die Regierung macht Schulden in Rekordhöhe – und dennoch muss der Bund sparen. Finanzminister Klingbeil ringt um die richtigen Worte, um dies den Bürgern zu erklären.
Vizekanzler Lars Klingbeil stimmt die Bürger auf "mutige und teils unbequeme Entscheidungen" der schwarz-roten Bundesregierung ein. In der Haushaltsdebatte im Bundestag sagte er, es müsse zugleich massiv in die Zukunft des Landes investiert, aber auch stark gespart werden.
Das sei schwierig zu erklären, aber notwendig. "Wir alle wissen, dass Reformen überfällig sind, bei der Bürokratie, beim Sozialstaat, in der Wirtschaft", sagte der Finanzminister.
- Schwarz-rote Lähmung: Wie die Koalition sich das Regieren selbst schwer macht
- Umfrageschock für Merz: Erstmals Platz 1 bei Insa – AfD überholt die Union
Es gebe eine strukturelle Schieflage in den Bundesfinanzen und Milliardenlücken in der Planung für die nächsten Jahre. Wenn dafür keine Lösung gefunden werde, gefährde das Wohlstand, Sicherheit und Zusammenleben.
"Und wer glaubt, wir könnten einfach so weitermachen wie bisher, der irrt sich", sagte der SPD-Chef. Der Sozialstaat müsse effizienter und zukunftsfest gemacht werden. "Wir brauchen Reformen, die die Beschäftigung ins Zentrum stellen, die neues Wachstum schaffen, die mehr Beschäftigung schaffen, die dafür sorgen, dass die Sozialausgaben sinken und die staatlichen Einnahmen wachsen."
"Sanieren, was jahrelang vernachlässigt wurde"
Der Finanzminister wies zudem Kritik der Opposition an seinem Haushaltsentwurf zurück. "Mit den Investitionen aus dem Sondervermögen werden wir keine Haushaltslöcher stopfen, sondern wir werden sanieren, was jahrelang vernachlässigt wurde", betonte er. Diese Investitionen in die Infrastruktur dienten am Ende dazu, Arbeitsplätze zu sichern.
Investiert werde nicht nur in Straßen, Schiene und öffentlichen Nahverkehr, sondern auch in Schulen, Kindergärten und Krankenhäuser. Wenn die Infrastruktur funktioniere, könne auch die Wirtschaft wieder wachsen.
Klingbeil rechnete vor, dass der Bund im nächsten Jahr aus dem Kernhaushalt und schuldenfinanzierten Sondertöpfen 126,7 Milliarden Euro investieren werde. "Wir sorgen für mehr Wachstum, wir sorgen für mehr Wettbewerbsfähigkeit und vor allem sorgen wir dafür, dass Arbeitsplätze in diesem Land sicher werden und wir mehr Beschäftigung bekommen."
Die Opposition hatte wiederholt kritisiert, dass Union und SPD Milliardenkredite nicht für nötige Investitionen nutzten, sondern für die Finanzierung von Lieblingsprojekten wie der Mütterrente oder Steuersenkungen für die Gastronomie. Das werde das Wirtschaftswachstum kaum ankurbeln.
Vizekanzler bittet um weniger schlechte Laune
Schließlich rief Klingbeil die Mitglieder des Bundestags vor den anstehenden Verhandlungen über Haushalts- und Sozialreformen zu Zuversicht auf. Überfällige Reformen, Bürokratie und ein Mangel an Tempo führten zu einer wachsenden Unzufriedenheit mit dem Staat und zu Frust, so der Vizekanzler.
Er beobachte, dass sich Politiker zu sehr in dieser Unzufriedenheit gefielen. "Dass wir dann alles schlechtreden und dass wir uns klein machen." Er bitte aber darum, "dass dieser Frust uns nicht lähmt".
Er sei in vielen Ländern der Welt unterwegs, sagte Klingbeil, und "ich habe noch kein Land kennengelernt, in dem ich lieber leben möchte als in Deutschland". Der Job der Politiker im Bundestag sei es, "dass wir jeden Tag daran arbeiten, dass es besser wird. Aber lassen Sie uns das mit Zuversicht und nicht mit schlechter Laune tun. Das wollen die Populisten. Die wollen das Gegeneinander, die wollen den Hass und die Hetze".
Klingbeil war in der Vorwoche bei der Verabschiedung des Haushalts 2025 scharf kritisiert worden. Er jongliere Gelder zwischen regulärem Haushalt und dem vereinbarten Sondervermögen von 500 Milliarden Euro, klagte die Opposition. Auch aus der Union und den Ländern kam Kritik wegen Kürzungen im Verkehrsetat. Klingbeil hatte dies in einem Brief an Verkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) zurückgewiesen.
- Nachrichtenagentur dpa