"Zweifellos verfassungswidrig" SPD-Länder kritisieren Dobrindts Pläne für Abschiebehaft

Ausreisepflichtige Straftäter sollen nach Willen des Bundesinnenministers unbefristet in Abschiebehaft kommen. In SPD-Bundesländern regt sich Widerstand.
Mehrere SPD-geführte Bundesländer haben den Vorschlag von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU), die Dauer der Abschiebehaft für ausreisepflichtige Straftäter und Gefährder zu entfristen, kritisiert. "Eine unbefristete Freiheitsentziehung ohne Aussicht auf tatsächliche Abschiebung wäre zweifellos verfassungswidrig", sagte der Sprecher der SPD-geführten Innenministerien, Hamburgs Innensenator Andy Grote, der "Welt am Sonntag".
"Die rechtlichen Hürden für einen unbefristeten Freiheitsentzug dürften ausgesprochen hoch sein", gab auch ein Sprecher des niedersächsischen Innenministeriums zu bedenken.
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Dobrindt machte Vorschlag bei EU-Migrationsgipfel
Bei einem Migrationsgipfel in München in der vergangenen Woche hatten die Innenminister mehrerer europäischer Staaten nach Angaben Dobrindts über das "Schärfen und Härten" des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (Geas) diskutiert. "Wir wollen, dass wir unbefristete Abschiebehaft für abgelehnte Asylbewerber ermöglichen", sagte Dobrindt nach dem Treffen. Ein Ziel seien auch "unbefristete Einreiseverbote". Dafür müsse es "natürlich Voraussetzungen geben", sagte der Minister und verwies auf "Straffälligkeiten".
Die EU-Kommission hatte einen Vorschlag für eine neue Rückkehrverordnung vorgelegt, um Abschiebungen zu beschleunigen. Dieser sieht über eine künftige Höchstgrenze von 24 Monaten Haft hinaus, in schweren Fällen sogar die Entfristung vor. Dobrindt will dies in Deutschland ermöglichen.
Hamburgs Innensenator sieht keine rechtliche Begründung
SPD-Senator Andy Grote sieht den Schlüssel für eine Erhöhung der Abschiebequote vielmehr in der Vereinfachung der Dublin-Überstellungen – also der Rückführung abgelehnter Asylbewerber in das Land, wo sie zuerst in die EU eingereist sind. Des Weiteren plädiert Grote für eine bessere Zusammenarbeit mit den Herkunftsstaaten.
Er könne sich nicht erklären, "wie eine unbefristete Abschiebungshaft rechtlich begründet werden soll", sagte auch der Asylrechtsexperte Philipp Wittmann vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg der "Welt am Sonntag". Für die Flüchtlingshilfsorganisation Pro Asyl ist der Vorschlag Dobrindts "in einem Rechtsstaat nicht machbar".
Baden-Württemberg unterstützt Dobrindt
"Ausdrückliche" Unterstützung für Dobrindt kam dagegen vom baden-württembergischen Staatssekretär für Migration, Siegfried Lorek (CDU): "Bei der Rückführung stehen für uns Mehrfach- und Intensivtäter sowie Gefährder besonders im Fokus", erklärte er.
Eine Umfrage der "Welt am Sonntag" ergab, dass Haftplätze für Ausreisepflichtige fehlen, da ein Großteil der bundesweit 790 Haftplätze aktuell bereits belegt ist. Ende Juni 2025 lebten in Deutschland laut der Zeitung rund 226.000 Ausreisepflichtige – darunter mehr als 7.000 abgelehnte Asylbewerber, die straffällig geworden sind. Laut der Bundesregierung wurden im ersten Halbjahr knapp 12.000 Menschen abgeschoben.
Nach Informationen der "Bild"-Zeitung möchte Dobrindt künftig nicht nur Gefährder und Straftäter, sondern auch syrische junge Männer, deren Asylantrag abgelehnt wurde, in ihre Heimat abschieben. Das Bundesamt für Migration soll wieder Asyl-Anträge von Syrern bearbeiten, "vorrangig von arbeitsfähigen, jungen Männern", wie es nach Informationen der "Bild"-Zeitung aus dem Bundesinnenministerium heißt. Außerdem will Dobrindt demnach den Syrern, die nach ihrer Flucht wieder zu Besuchen in ihr Land reisen, das Asyl verweigern.
"Wir arbeiten an einer Vereinbarung mit Syrien, damit Rückführungen möglich werden. Wir wollen mit Straftätern die Rückführungen beginnen", sagte Dobrindt der Zeitung.
- Nachrichtenagentur AFP




