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Rentenpaket: Ein kleiner Satz löst bei CDU/CSU jetzt großen Ärger aus


Schwarz-Rot
Ein kleiner Satz löst plötzlich großen Rentenärger aus


Aktualisiert am 14.10.2025Lesedauer: 5 Min.
imago images 0836650644Vergrößern des Bildes
Friedrich Merz und Bärbel Bas: Dem Bundeskanzler und der Arbeitsministerin droht bei der Rente neuer Ärger. (Quelle: IMAGO/ESDES.Pictures, Bernd Elmenthaler/imago)
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Wird das erste Rentenpaket noch mal aufgeschnürt? Die Bundesregierung hatte sich eigentlich schon geeinigt. Doch nun will die Union an einem wichtigen Punkt Änderungen.

Das Papier kommt unscheinbar daher. Eine Seite ist es nur lang und trägt einen leicht sperrigen Titel: "Positionierung der Jungen Gruppe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zum Gesetzesentwurf zur Stabilisierung des Rentenniveaus und zur vollständigen Gleichstellung der Kindererziehungszeiten."

Schon der erste Satz des Papiers ist aber ausreichend klar. Und damit ist es für Schwarz-Rot ein handfestes Problem. Denn der Satz lautet: "Das 'Rentenpaket' ist aus Sicht der Jungen Gruppe in seiner jetzigen Ausgestaltung nicht zustimmungsfähig."

Es ist nichts anderes als eine Rentenrebellion. Sie geht von den 18 Abgeordneten der Jungen Gruppe in der Unionsfraktion aus. Denen also, die bei der Bundestagswahl jünger als 35 Jahre waren. Allein diese 18 wären in der Lage, das Rentenpaket der Regierung im Bundestag zu blockieren. Denn die Koalition hat dort nur eine Mehrheit von 12 Stimmen.

In der Union sind diese 18 mit ihrer Kritik aber nicht mal allein. In der Sache wird sie dem Vernehmen nach von deutlich mehr Abgeordneten unterstützt. Selbst die Fraktionsspitze betont ihr Verständnis – und kündigt an, im Parlament nachverhandeln zu wollen. Die SPD ist darüber gar nicht amüsiert. Es dürfte mal wieder ungemütlich werden in der Koalition.

Das große Versprechen der SPD

Für die SPD war im Wahlkampf eines der wichtigsten Versprechen, dass die Rente stabil bleibt. In den Koalitionsverhandlungen hatten Union und SPD deshalb vereinbart, das "Rentenniveau bei 48 Prozent gesetzlich bis zum Jahr 2031" abzusichern. So steht es im Koalitionsvertrag.

Das von SPD-Ministerin Bärbel Bas geführte Arbeitsministerium hat daraufhin einen ersten Gesetzentwurf erarbeitet, das Rentenpaket. Das Bundeskabinett hat es beschlossen, jetzt muss es noch durch Bundestag und Bundesrat. Das Paket klärt zwar noch längst nicht alle Rentenfragen, dafür soll es noch eine Rentenkommission geben. Aber einige wichtige schon, darunter die Frage des stabilen Rentenniveaus bis 2031. Es ist die sogenannte Haltelinie, das große Versprechen der SPD.

Die Junge Gruppe kritisiert nun, dass nicht nur die Haltelinie im Gesetzentwurf festgeschrieben ist, sondern deutlich mehr. Zur Haltelinie stehe die Junge Gruppe, heißt es im Papier, über das zunächst der "Spiegel" berichtete: "Eine Niveaustabilisierung über 2031 hinaus wurde zwischen Union und SPD aber nicht vereinbart."

Diese Festlegung würde aus Sicht der Jungen Gruppe "zentrale Entscheidungen der Rentenkommission vorwegnehmen" und damit "Verhandlungsspielräume für ein generationengerechtes Gesamtpaket" nehmen. Bis ins Jahr 2040 lägen die Kosten für das gesamte Rentenpaket so bei mehr als 200 Milliarden Euro, schreiben die 18 Abgeordneten. "Damit würden wir das teuerste Sozialgesetz des Jahrhunderts beschließen."

Ein Satz löst den Ärger aus

Anlass für die Kritik ist ein Satz im Gesetzentwurf, der nach einer neutralen Beschreibung klingt und das erst einmal auch ist. Dort heißt es: "Auch nach 2031 liegt das Rentenniveau um rund einen Prozentpunkt höher als im geltenden Recht."

Der Satz beschreibt eine mathematische Folge der Reform: Die Haltelinie selbst ist der Grund dafür, dass das Rentenniveau auch nach 2031 höher ausfällt als nach aktuellem Recht. Denn die jährlichen Rentenanpassungen berechnen sich dadurch ab 2032 von einem höheren Ausgangswert aus als ohne die Haltelinie.

Die Junge Gruppe will das verhindern, indem man nach 2031 wieder zu dem Rentenniveau zurückkehrt, das sich nach aktuellem Recht ergeben würde. In der Praxis würde das bedeuten, dass man das Rentenniveau ab 2032 künstlich sinken lassen müsste, nachdem man es mit der Haltelinie künstlich hochgehalten hat. Dafür müsste man einen zusätzlichen Dämpfungsfaktor in die Rentenformel einbauen. Die jährlichen Rentenanpassungen würden dann geringer ausfallen.

Davon ist im Entwurf aus dem Arbeitsministerium allerdings nichts zu lesen. Stattdessen wird der gegenteilige mathematische Effekt der Reform ab 2031 noch einmal explizit erwähnt. Was den Verdacht nahelegt, dass genau diese Vorfestlegung für die Zeit nach 2031 durchaus gewünscht ist.

Auf Anfrage argumentiert das Arbeitsministerium dann auch genau so. "Würden wir die Wirkung der Haltelinie nach 2031 wieder zurückdrehen und zum Beispiel ab 2032 wieder das gleiche Rentenniveau erreichen wie nach geltendem Recht, dann würden wirklich nur die heutigen Rentnerinnen und Rentner profitieren", sagte eine Sprecherin t-online.

"Schwere Hypothek für die junge Generation"

Die Union sorgt sich bei der Rente allerdings vor allem darum, dass sie finanzierbar bleibt. Denn es gibt nach wie vor immer weniger junge Menschen, die die Renten von immer mehr älteren Menschen zahlen müssen. Der berühmte demografische Wandel.

"Der jetzige Entwurf zum Rentenpaket ist eine schwere Hypothek für die junge Generation", sagte CDU-Politiker Pascal Reddig, 30 Jahre alt und Vorsitzender der Jungen Gruppe, zu t-online. "Die dauerhafte Erhöhung des Rentenniveaus ist nicht vom Koalitionsvertrag gedeckt. Darum müssen wir das im Bundestag dringend korrigieren."

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Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Steffen Bilger, sagte am Dienstag, er könne die Kritik der Jungen Gruppe "durchaus nachvollziehen". Die jungen Abgeordneten hätten "einen Punkt", wenn sie sagten, der Entwurf gehe "über das hinaus, was im Koalitionsvertrag vereinbart ist".

Steffen Bilger machte auch klar, dass es sich nicht um eine Einzelmeinung von 18 jungen Wilden handele. "Die Rentenpolitik ist für alle Abgeordneten bei uns natürlich ein großes Thema, weil wir schon auch die Belastungen und die Risiken für die Zukunft sehen", sagte er. Das "Verständnis als Fraktion" sei, dass man darüber jetzt "definitiv" im parlamentarischen Verfahren noch einmal sprechen werde.

Merz setzt sich von Regierungsentwurf ab

Selbst Bundeskanzler Friedrich Merz setzte sich am Dienstag von dem Gesetzentwurf ab, den er im Bundeskabinett selbst noch mitbeschlossen hatte. "Ich sehe den Punkt", sagte Merz. Aus seiner Sicht könne das Rentenpaket als erste Stufe der Reform nur das Rentenniveau bis 2031 festschreiben. "Ab dem Jahr 2032 ist es offen."

Was wiederum erneut die Frage aufwirft, warum trotzdem explizit etwas anderes im Gesetzentwurf steht. Und auch die Frage, warum die CDU dem Entwurf im Bundeskabinett so zugestimmt hat. Das fragen sich nun auch einige in der Unionsfraktion. Zumal die SPD klarmacht, dass die Vorfestlegung im Entwurf kein Versehen ist.

Der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Sebastian Roloff, wies den Vorstoß der Jungen Gruppe zurück. "Ich halte es für unklug, einen Generationenkonflikt herbeizureden", sagte Roloff t-online. "Die gesetzliche Rente steht zwar vor einer demografischen Herausforderung, diese ist aber historisch keineswegs einmalig." Anstatt Jung und Alt gegeneinander auszuspielen, solle sich die Junge Gruppe dafür einsetzen, "dass Frauen endlich einen besseren Zugang zum Arbeitsmarkt bekommen". Das stärke die Wirtschaft und damit auch die Einnahmeseite der Rente.

Die zuständige SPD-Fraktionsvize Dagmar Schmidt nannte die Argumentation der Jungen Gruppe sogar "Generationentäuschung". Sie verweigere der jungen Generation gerade die Sicherheit, die sie verdiene, sagte Schmidt dem "Tagesspiegel". So zu tun, als sei die Haltelinie nie beschlossen worden, sei sozialpolitisch ein Rückschritt. "Die Renten würden nach 2032 langsamer steigen – über Jahre."

Dagmar Schmidt sagte: "Genau das träfe nicht die Älteren, es träfe die Jungen." Denn der Vorschlag bedeute: "Heute Beiträge zahlen, morgen weniger Rente bekommen." Teile der Union wollten damit "den Generationenvertrag einseitig zu Lasten der Jüngeren umschreiben". Am Nachmittag betonte Schmidt im Bundestag: "Wir bestehen darauf, dass dieser Gesetzentwurf an dem Punkt so bleibt, wie er ist."

Der Grundsatzkonflikt um die Rente – er ist bei Schwarz-Rot nun aufgebrochen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • Papier: "Positionierung der Jungen Gruppe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zum Gesetzesentwurf zur Stabilisierung des Rentenniveaus und zur vollständigen Gleichstellung der Kindererziehungszeiten"
  • Gesetzentwurf der Bundesregierung: "Entwurf eines Gesetzes zur Stabilisierung des Rentenniveaus und zur vollständigen Gleichstellung der Kindererziehungszeiten"
  • Schriftliche Antwort des Bundesarbeitsministeriums
  • koalitionsvertrag2025.de: Koalitionsvertrag von Schwarz-Rot
  • bmas.de: "Rentenpaket 2025"

Quellen anzeigenSymbolbild nach unten

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