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Syrer in Deutschland: Rückführung könnte Gesundheitswesen gefährden


Nach Syrien abschieben?
So viele Syrer arbeiten in sogenannten Engpassberufen


Aktualisiert am 04.11.2025Lesedauer: 4 Min.
Ein syrischer Zahnarzt arbeitet in einer Praxis in Nordrhein-Westfalen (Symbolbild): Rund 7.000 Ärzte aus Syrien arbeiten in Deutschland.Vergrößern des Bildes
Ein syrischer Zahnarzt arbeitet in einer Praxis in Nordrhein-Westfalen (Symbolbild): Rund 7.000 Ärzte aus Syrien arbeiten in Deutschland. (Quelle: Lars Fröhlich/imago-images-bilder)
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Die Rückführung syrischer Flüchtlinge ist ein viel diskutiertes Thema. Doch wie viele Syrer leben überhaupt in Deutschland und kann man sie einfach abschieben? t-online beantwortet wichtige Fragen.

Die Frage nach der Rückführung von syrischen Flüchtlingen ist das neue große Streitthema der Regierung. Während Kanzler Friedrich Merz (CDU) und Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) darauf pochen, nach dem Ende des Bürgerkriegs in dem Land rasch mit der Abschiebung von Syrern zu beginnen, sieht Außenminister Johann Wadephul (CDU) die Lage in Syrien als zu instabil für Rückführungen.

Bei einem Besuch in der vom Bürgerkrieg fast vollständig zerstörten Stadt Harasta im Nordosten Syriens hatte er erklärt: "Hier können wirklich kaum Menschen richtig würdig leben." Eine kurzfristige Rückkehr von Flüchtlingen sei für ihn kaum vorstellbar.

Dieser Einschätzung schlossen sich mehrere Nichtregierungsorganisationen an. So erklärte Gonzalo Vargas Llosa, Leiter des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) in Syrien, im Gespräch mit der "Süddeutschen Zeitung": "Wir haben es dort mit einer der größten Flüchtlingskrisen der Welt zu tun." Er warnte, dass eine Rückführung weiterer Syrer die Situation nur noch weiter verschärfen würde.

Wie viele Syrer leben aktuell in Deutschland?

Doch wie viele Syrer leben überhaupt in Deutschland? Wie läuft die Arbeitsmarktintegration? Und was sind die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine Rückführung der syrischen Flüchtlinge? t-online gibt Antworten auf die wichtigsten Fragen.

2024 lebten rund 1,2 Millionen Menschen mit syrischen Wurzeln in Deutschland. Der überwiegende Teil, rund 975.000, besaß zum Stichtag 31. Dezember 2024 nicht die deutsche Staatsangehörigkeit. Von denen ohne deutsche Staatsangehörigkeit sind knapp ein Drittel (33,68 Prozent) unter 18 Jahren. Syrer bilden nach Menschen aus der Türkei und der Ukraine die größte Einwanderergruppe in Deutschland.

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Wie viele Syrer arbeiten in Deutschland?

2024 gingen 224.940 Syrer einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach, das entspricht 31,94 Prozent aller Syrer im arbeitsfähigen Alter (15–65 Jahren). 56 Prozent der Beschäftigten waren dabei Fachkräfte mit mittlerer oder hoher Qualifikation. Hinzukamen 49.870 Menschen, die einer geringfügigen Beschäftigung nachgingen.

Weitere 262.100 Syrer besuchten entweder eine allgemeinbildende Schule oder eine Berufsschule. Insgesamt befanden sich somit 2024 etwas mehr als die Hälfte aller in Deutschland lebenden Syrer entweder in Arbeit oder besuchten eine Schule.

Wichtig zu erwähnen ist aber, dass die Erwerbsquote mit zunehmender Aufenthaltsdauer deutlich ansteigt. So haben 61 Prozent der Syrer, die sieben Jahre oder länger in Deutschland leben, einen Job. Doch es gibt einen deutlichen Geschlechterunterschied. Sieben Jahre nach ihrer Ankunft liegt die Erwerbstätigenquote syrischer Männer mit 73 Prozent nahezu auf dem Niveau der männlichen Bevölkerung in Deutschland (81 Prozent). Dagegen sind nach derselben Zeit nur 29 Prozent der syrischen Frauen erwerbstätig – weit unter dem Durchschnitt deutscher Frauen, der bei 72 Prozent liegt. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Sozialforschung (IAB).

Das IAB sieht mehrere Gründe für die Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Geflüchtete Frauen übernehmen demnach besonders häufig familiäre Sorgearbeit, vor allem bei kleinen Kindern, was ihre Berufstätigkeit einschränkt. Zudem investieren sie weniger in Sprach- und Bildungsmaßnahmen und nutzen Unterstützungsangebote seltener als Männer.

Hinzu kommt, dass viele Frauen bereits in ihren Herkunftsländern seltener erwerbstätig waren und meist Berufserfahrungen in Bereichen sammelten, die in Deutschland stärker reguliert sind – etwa im Bildungs- und Erziehungswesen. Dadurch lassen sich ihre Qualifikationen nur eingeschränkt auf den deutschen Arbeitsmarkt übertragen.

Wie viele Syrer arbeiten in sogenannten Engpassberufen?

Von denen in Beschäftigung gehen 80.000 Syrer sogenannten Engpassberufen nach, also arbeiten in Bereichen, in denen akuter Fachkräftemangel herrscht. So arbeiten mehr als 7.000 Syrer in Deutschland als Ärzte. Im Gespräch mit dem "Spiegel" betont Henriette Neumeyer, stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft, die Bedeutung ausländischer Fachkräfte für das deutsche Gesundheitssystem. "Ausländische Ärzte sind für deutsche Kliniken unverzichtbar. Ohne sie wäre die Versorgung vielerorts kaum aufrechtzuerhalten", so Neumeyer. "Unter ihnen stellen syrische Ärztinnen und Ärzte die größte Gruppe nach Herkunftsland dar und nehmen damit eine besonders relevante Rolle ein."

Können Syrer einfach abgeschoben werden?

Da die allermeisten der in Deutschland lebenden Syrer eine Aufenthaltserlaubnis haben, ist die Zahl derjenigen, die theoretisch zeitnah abgeschoben werden könnten, sehr gering. Offiziellen Angaben zufolge sind aktuell rund 9.600 Menschen ausreisepflichtig. Generell gilt, dass eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen in der Regel für maximal drei Jahre ausgestellt wird. Nach Ablauf dieser drei Jahre kann eine Verlängerung beantragt werden. Dabei wird geklärt, ob der Grund für die Gewährung der Aufenthaltserlaubnis weiter besteht. Entscheidet das zuständige Amt dagegen, verliert die Person ihre Aufenthaltserlaubnis und wäre ausreisepflichtig.

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Doch auch da gibt es Einschränkungen, denn Paragraf 60 Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes dürfen Menschen nur dann abgeschoben werden, wenn die Zustände im Heimatland "zumutbar" sind. Es darf also dem Abgeschobenen keine Gefahr für Leib, Leben, Freiheit oder seine Menschenrechte drohen. Ob diese Gefahr besteht, darüber entscheiden in jedem einzelnen Fall Gerichte. Dies gilt auch für Straftäter, selbst jene, die schwere Straftaten begangen haben.

Was plant die Bundesregierung?

Die Bundesregierung plant laut Koalitionsvertrag, Abschiebungen nach Syrien schrittweise wieder aufzunehmen – zunächst für verurteilte Straftäter. Voraussetzung dafür ist jedoch eine Einigung mit der neuen, von Islamisten geführten Regierung in Damaskus. Nach Angaben des Bundesinnenministeriums laufen noch entsprechende Gespräche. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt will die Rückführungen darüber hinaus auch auf junge, alleinstehende syrische Männer, die nicht über eine Aufenthaltserlaubnis, sondern nur eine Duldung verfügen, ausweiten. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) wurde angewiesen, deren Asylanträge wieder zu prüfen.

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