Die sächsische Integrationsministerin hat sich in einem Interview bestürzt über die Fremdenfeindlichkeit vieler Sachsen geäußert. Währenddessen fordert die sächsische CDU die Einführung von Grenzkontrollen - und kommt damit einer Forderung der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland (AfD) nach.
Integrationsministerin Petra Köpping (SPD) schämt sich für ihre Landsleute. "Ich schäme mich oft selbst - zum Beispiel wenn ich manche verbiesterte Kommentare von Sachsen höre oder lese", sagte Köpping der Wochenzeitung "Die Zeit". Sie sei eine sehr aktive Facebook-Nutzerin, "und wenn ich mich dort durch die Seiten klicke, ehrlich, da schüttelt es mich. Ich weiß nicht, woher die teils vulgäre, fremdenfeindliche und menschenverachtende Ausdrucksweise kommt".
Die Haltung vieler Bürger gegenüber Flüchtlingen findet Köpping laut Bericht besonders erschreckend. "In Sachsen erleben wir teilweise den blanken Hass. Das muss man deutlich so sagen", so die 57-Jährige.
Sachsen ist in den vergangenen Monaten immer wieder wegen der Fremdenfeindlichkeit vieler Bürger in die Schlagzeilen geraten: Die Demonstrationen von Pegida und die Zusammenstöße zwischen Fremdenfeinden und linken Demonstranten in der Stadt Freital südlich von Dresden haben das Bundesland immer wieder schlecht dastehen lassen.
AfD will Grenzposten wieder besetzen
Die sächsische CDU tut aktuell wenig, um dem entgegenzuwirken: Um Flüchtlinge an der Einreise in die Bundesrepublik zu hindern, will man laut einem Bericht des "MDR" Grenzkontrollen wieder einführen. Es sei angesichts der aktuellen Situation "legitim", über eine Aussetzung des Schengen-Abkommens zu debattieren, so Christian Hartmann, innenpolitischer Sprecher der Sachsen-CDU, gegenüber dem TV-Sender.
Die Forderung ist nicht neu: Die AfD äußerte mehrfach ähnliche Wünsche, konnte sich damit aber nie durchsetzen. Im Zuge der CDU-Zustimmung bekräftigten die Rechtspopulisten ihre Forderung erneut: Zunächst sollten alte Grenzposten provisorisch wieder besetzt werden, sagte Sebastian Wippel, innenpolitischer Sprecher der AfD in Dresden.
Deutschland ist Einwanderungsland
Trotz der Ablehnung vieler Sachsen und der zahlreichen Berichte über Fremdenfeindlichkeit in den vergangenen Wochen: Die Mehrheit der Deutschen sieht die Bundesrepublik als Einwanderungsland. Das ergab eine Umfrage, die der "Stern" durch Forsa durchführen ließ. 44 Prozent der 1002 befragten Personen gaben an, Deutschland könne weitere Flüchtlinge aufnehmen. 88 Prozent stimmten der Aussage zu, Deutschland sei ein Einwanderungsland - gegenüber einer ähnlichen Umfrage aus dem Jahr 1995 eine Steigerung von 20 Prozent.
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Flüchtlinge, die in Deutschland ankommen, können zudem mit Hilfsbereitschaft rechnen: 40 Prozent der Befragten könnten sich vorstellen, als Ehrenamtliche zu arbeiten, 34 Prozent würden mit Spenden helfen. Verständnis über die zunehmenden Angriffe auf Asylbewerberheime äußerten kaum Anhänger einer Partei - mit einer Ausnahme: 23 Prozent der AfD-Anhänger zeigten Verständnis für die Anschläge.