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Viehhalter sollen Dürre-Hilfe bekommen: "Kühe fressen Futter, kein Geld"


"Kühe fressen Futter und kein Geld"
Viehhalter sollen Dürre-Hilfe bekommen

Von dpa
Aktualisiert am 02.08.2018Lesedauer: 4 Min.
Julia Klöckner: Deutschlands Landwirtschaft kämpft mit Folgen der Dürre.Vergrößern des BildesJulia Klöckner: Deutschlands Landwirtschaft kämpft mit Folgen der Dürre. (Quelle: Gregor Fischer/dpa-bilder)
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Die Dürre bedroht die Existenz der heimischen Landwirtschaft, sagen Deutschlands Bauern. Akute Unterstützung ist aber zuerst nur für Tierhalter in Sicht.

Angesichts einer drohenden Futterknappheit für Vieh in vielen Regionen Deutschlands können Tierhalter mit schnellen Dürre-Nothilfen rechnen. Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) sprach am Mittwoch in Berlin von einer alarmierenden Situation und stellte rasche Unterstützung in Aussicht - auch um Notschlachtungen zu vermeiden.

Die Länder sollen nun rasch Hilfsprogramme vorlegen, die der Bund dann flankieren will. Bei Getreide erwarten die Bauern inzwischen eine noch schlechtere Ernte als befürchtet und dringen auf Unterstützung. Klöckner bekräftigte aber, dass darüber erst nach der für Ende August geplanten amtlichen Erntebilanz zu entscheiden ist.

"Die Dürre trifft unsere Bauern in Deutschland sehr hart", sagte die Ministerin, die auch das Kabinett über die Lage informierte. Die Schäden seien beträchtlich, aber je nach Region sehr unterschiedlich. Von Trockenheit betroffen seien vor allem der Norden und Osten. Genauere Einschätzungen nach Ländern wollte Klöckner noch nicht treffen. Manche Gegenden kämen auch "mit einem blauen Auge" davon.

"Kühe fressen Futter und kein Geld"

In vielen Regionen wird aber die Futterversorgung kritisch, wie die Ministerin erläuterte. So wächst einmal gemähtes Gras wegen der Dürre nicht für den sonst üblichen zweiten und dritten Schnitt nach. Auch Mais verkümmert. Viehhalter müssen Futter zukaufen, was aber gerade schwierig ist. Denn Osteuropa fällt als Markt weitgehend weg - aus Vorsicht wegen der dort auftretenden Afrikanischen Schweinepest. Es bleibt oft nur, recht teures Soja einzukaufen. Milchbauern haben nach jüngsten Preiskrisen aber kaum Rücklagen. Daher komme es auf schnelle Hilfen an. "Kühe fressen Futter und kein Geld", sagte Klöckner.

Belastend kommt hinzu, dass zunehmende Schlachtungen auf die Preise drücken. "Wegen der Hitze haben die Leute wenig Appetit auf ein herzhaftes Steak", sagte Fleischexperte Matthias Kohlmüller von der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI). Normalerweise würden im Juni und Juli 17.000 bis 19.000 Kühe pro Woche geschlachtet. In den vergangenen Wochen seien es aber bis zu 22.000 Kühe gewesen. "Dieses Überangebot verschärft den Preisverfall noch zusätzlich", erklärte Kohlmüller. Auf die Verbraucherpreise habe dies aber keinen Einfluss.

Generell ist der Fleischkonsum im Sommer gebremst, viele Käufer sind auch im Urlaub. So verdienten die Bauern dann immer etwas weniger. In diesem Jahr sei die Nachfrage im Juli aber hitzebedingt noch mehr zurückgegangen als in vergangenen Jahren, sagte Kohlmüller. Gerade erhielten Bauern für Kühe 2,65 Euro pro Kilo Schlachtgewicht. Im August 2017 waren es noch 3,18 Euro. Nach dem Ferienende im Herbst könnten Bauern voraussichtlich wieder mit höheren Preisen rechnen.

"Katastrophales Ausmaß der Dürreschäden" bei Getreide

Beim Getreide zeichnen sich nach einer neuen Ernte-Zwischenbilanz des Bauernverbands noch größere Einbußen ab. Statt zunächst geschätzter 41 Millionen Tonnen sei nur mit rund 36 Millionen Tonnen zu rechnen. Bauernpräsident Joachim Rukwied sprach von einem "katastrophalen Ausmaß der Dürreschäden". Im vergangenen Jahr waren 45,6 Millionen Tonnen eingefahren worden. Wegen geringer Ertragsaussichten und Sorge um die Futterversorgung hätten einige Betriebe Getreide gehäckselt.

"Die aus unserer Sicht eindeutigen Zahlen lassen eine grundsätzliche Entscheidung über Dürrehilfen schon jetzt zu", sagte Rukwied. Die Voraussetzungen für Finanzhilfen der Länder in besonders betroffenen Regionen seien klar erfüllt. Die Prognose enthält demnach inzwischen in großem Umfang auch tatsächliche Erntemengen. Der Bauernverband fordert bereits rasche Nothilfen von einer Milliarde Euro. Rukwied rief die für Hilfen zuerst zuständigen Länder auf, aktiv zu werden. "Wenn die Bundesländer jetzt das Ganze anschieben, dann bin ich zuversichtlich, dass der Bund das ergänzen wird", sagte er den Zeitungen der "Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft".

Bund hilft nur bei Schäden von "nationalem Ausmaß"

Der Bund kann erst mit einspringen, wenn Schäden von "nationalem Ausmaß" festgestellt werden. Zuletzt war dies 2003 wegen einer Dürre der Fall. Klöckner machte erneut klar, dass sie fundierte Daten statt Schätzungen braucht, ehe Steuerzahlergeld eingesetzt wird. Es sei richtig, die Ernte abzuwarten "und dann zu entscheiden, wie viel Geld fließen muss", sagte Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Er betonte mit Blick auf die "Ausnahmesituation" indes auch: "Wir sollten nicht kleinlich sein." Klöckner will am 22. August erneut dem Kabinett zur Lage berichten.

SPD-Chefin Andrea Nahles zeigte sich bereit, Hilfen zu prüfen. Dies dürfe aber nicht davon ablenken, dass sich auch die Landwirtschaft strategisch an Klimaveränderungen anpassen müsse, sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Letztes Jahr hatten wir lange Regenperioden, dieses Jahr extreme Trockenheit. Das können wir nicht jedes Mal mit kurzfristigen Finanzhilfen ausgleichen."

Die FDP forderte, Bauern Risiko-Rücklagen steuerlich zu erleichtern. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sagte, akut betroffene Betriebe sollten kurzfristig unterstützt werden. Unbegreiflich sei aber, dass Klöckner einen Agrar-Kurswechsel blockiere. "Extremwetterereignisse werden zunehmen", sagte Hofreiter. Gebraucht werde daher eine klimaangepasste und krisenfeste Landwirtschaft, sonst sei die nächste Missernte programmiert.

Verwendete Quellen
  • dpa
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