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SPD in der Krise: Nahles-Rücktritt stürzt Merkels Koalition ins Chaos


SPD in der Krise
Nahles stürzt Merkels Koalition ins Chaos

dpa, Jörg Blank

Aktualisiert am 03.06.2019Lesedauer: 4 Min.
Andrea Nahles und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Die SPD-Partei- und Fraktionschefin Nahles tritt zurück.Vergrößern des BildesAndrea Nahles und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Die SPD-Partei- und Fraktionschefin Nahles tritt zurück. (Quelle: dpa-bilder)
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Es ist das dritte Mal, dass die von der Kanzlerin mühevoll zusammengeführte Groko wackelt – diesmal wegen der Krise in der SPD. Kommt es nun doch zu schnellen Neuwahlen?

Die vierte und letzte Amtszeit von Angela Merkel steht unter keinem guten Stern. Sechs Monate hat die Kanzlerin nach der Wahl 2017 gebraucht, um die ungeliebte neue Groko auf die Beine zu stellen. Am Streit mit der Schwesterpartei CSU um ihre Migrationspolitik und um den damaligen Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen wäre die Regierung im Sommer 2018 zweimal fast zerbrochen. Und nun bricht mit SPD-Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles auch noch eine der wichtigsten Stützen von Merkels großer Koalition weg.

Kommt jetzt die Regierung ins Rutschen? Steht die Groko schon wieder vor dem Aus? Gibt es doch eine vorgezogene Neuwahl? In der Union werden solche Szenarien nicht ausgeschlossen. Dort heißt es, jetzt hänge fast alles an der SPD.

Schon am Vormittag, kurz nach den Meldungen über Nahles' Rückzug, gibt die CDU-Führung die Losung aus, nun müsse besonnen reagiert werden. Alle in der CDU würden jetzt mahnen, dass die Union Verantwortung dafür trage, das Land weiterhin gut zu regieren, heißt es aus der CDU-Führung. Motto: nur nicht weitere Instabilität in die Regierung bringen. Seit Wochen heißt es intern, keinesfalls dürfe für den Fall einer vorgezogenen Neuwahl beim Wähler der Eindruck entstehen, die Koalition sei an der Union gescheitert – gerade die eigenen Anhänger würden erwarten, dass die Koalition stabil ihrem Regierungsauftrag nachkomme und endlich liefere.

Unerwartete Notbremse von Andrea Nahles

Merkel und Kramp-Karrenbauer dürften von den internen Zerwürfnissen der SPD nicht ganz unvorbereitet getroffen worden sein. Seit vergangener Woche hatten sich die Umwälzungen in der SPD angedeutet. Nachdem beide Koalitionspartner, SPD und Union, bei der Europawahl ihre bisher schlechtesten Ergebnisse bei einer bundesweiten Wahl überhaupt eingefahren haben, war mit schweren internen Debatten bei beiden Partnern und besonders der SPD gerechnet worden.

Dass Nahles aber am Sonntagvormittag per Pressemitteilung die Notbremse zieht und gleich den Rückzug von Partei- und Fraktionsvorsitz ankündigt, kommt für die CDU-Verantwortlichen dann doch überraschend. Sofort beginnen Telefonkonferenzen. Kramp-Karrenbauer ist auf dem Weg zur CDU-Spitzenklausur in die Hauptstadt – sie hat die Zeit davor in ihrer saarländischen Heimat verbracht. Für den Nachmittag wurden Statements von Merkel und der Vorsitzenden in der Parteizentrale angekündigt. Auch Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) wollte sich äußern.

Kein gemeinsamer Auftritt der CDU-Führung

Ob die getrennten Auftritte der beiden mächtigen Frauen in Regierung und CDU ein Zeichen dafür seien, dass an den Spekulationen über ein Zerwürfnis zwischen Merkel und AKK doch etwas sei, wird in Berlin geraunt. Aus dem Adenauerhaus wird versichert, es gehe um die getrennten Ämter – hier die Parteivorsitzende, dort die Regierungschefin. Dies wolle man fein säuberlich auseinanderhalten.

Merkel kann es nicht gelegen kommen, dass ihre schwarz-rote Regierung schon wieder wackelt. Mitten in den schwierigen Verhandlungen in Brüssel um die Besetzung der Spitzenposten in der EU kommt die neue Krise zur Unzeit. Im Tauziehen mit dem selbstbewussten französischen Präsidenten Emmanuel Macron darüber, ob der CSU-Politiker und Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei, Manfred Weber, doch EU-Kommissionspräsident wird, gibt eine schwankende Regierung zu Hause wenig Rückhalt. Da wird es der Kanzlerin auch wenig helfen, dass sie in Deutschland so beliebt ist wie lange nicht.

Der nächste Kanzlerkandidat ist noch nicht entschieden

Die CDU und ihre angeschlagene Frontfrau Kramp-Karrenbauer sind in einer fast noch schwierigeren Lage. Nach Merkels Rückzug von der Parteispitze im Dezember müssen sich die Kanzlerin und ihre Wunschnachfolgerin Kramp-Karrenbauer immer öfter gegen Spekulationen wehren, ihr Tandem sei aus dem Tritt gekommen. Wie lange die Zusammenarbeit noch funktioniert, weiß keiner. Merkel macht jedenfalls nicht den Eindruck, sie sei amtsmüde und wolle ihren Platz an der Spitze der Regierung freiwillig vor dem regulären Ende der Koalition im Jahr 2021 räumen.

Auch die Frage, ob AKK tatsächlich Kanzlerkandidatin wäre, dürfte im Falle einer vorgezogenen Neuwahl wieder aufbrechen – obwohl sie als Parteivorsitzende eigentlich das erste Zugriffsrecht hätte. Auch ihr früherer Gegenkandidat um die Parteispitze, Friedrich Merz, und dessen Anhänger dürften sich dann erneut Chancen auf das Kanzleramt ausrechnen. Und auch von dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet heißt es intern, dass er sich für ein solches Amt für durchaus fähig halte.

Grüne in Forsa-Umfrage erstmals vor Union

Unter Kramp-Karrenbauer ist die Partei nach weitgehend selbst verursachten Patzern ins Schlingern gekommen. Intern wird eingeräumt, für eine rasche Neuwahl sei man denkbar schlecht aufgestellt – inhaltlich, wie personell. In dieser alarmierenden Lage sah zu allem Überfluss eine Forsa-Umfrage am Samstag die Grünen erstmals vor der Union. Ein Warnsignal an die Parteispitze ist das allemal – auch wenn eine Emnid-Umfrage für die "Bild am Sonntag" die Union an diesem Wochenende bei 28 Prozent und die Grünen bei 20 Prozent sah.

Antworten der CDU auf die großen Fragen der Zeit, etwa im Klimaschutz, fehlen. Der neuen Vorsitzenden ist dabei auch auf die Füße gefallen, dass sich die Klimakanzlerin Merkel in den vergangenen Jahren vor allem auf Krisenbewältigung konzentriert hat. Inhaltliche Kursbestimmungen in den wichtigen Fragen blieben da oft liegen.

Kohlekompromiss und YouTube – die CDU ist gespalten

Auch deswegen können die Grünen aktuell derart punkten. Beim Kohlekompromiss sind die Christdemokraten intern gespalten – Befürworter der milliardenschweren Subventionen für die Kohleländer und deren Gegner in der Fraktion streiten sich öffentlich. Ganz zu schweigen davon, dass Kramp-Karrenbauer und ihre Parteizentrale noch keinen klaren Kurs im Umgang mit kritischen YouTubern gefunden hat. Bei den Reaktionen auf das Rezo-Video zur "Zerstörung der CDU" wirkten AKK und ihre Leute hilflos.


Am Sonntagabend und Montagvormittag wollte Kramp-Karrenbauer bei einer Klausur in Berlin eigentlich erste inhaltliche Pflöcke zu den Themen Klimaschutz und Digitalisierung einschlagen. Außerdem sollte über Konsequenzen aus dem miserablen Ergebnis bei der Europawahl und dem Umgang mit dem Rezo-Video gesprochen werden. Diese Themen dürften erst mal in den Hintergrund rücken. Im Mittelpunkt steht nun eine ganz andere Frage: Übersteht die Koalition die nächsten Wochen?

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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