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"Anne Will": TV-Kritik – Syrien-Krieg – Durch die EU muss ein ruck gehen


TV-Kritik: "Anne Will" zu Syrien
"Wo ist denn die Europäische Union?"

Von Nina Jerzy

Aktualisiert am 21.10.2019Lesedauer: 3 Min.
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Talkrunde bei "Anne Will": In der Sendung wurde über Europas Rolle im Syrien-Konflikt diskutiert.Vergrößern des Bildes
Talkrunde bei "Anne Will": In der Sendung wurde über Europas Rolle im Syrien-Konflikt diskutiert. (Quelle: ARD)

Die unheilige Dreifaltigkeit aus Erdogan, Trump und Putin schafft in Syrien furchtbare Tatsachen – und Brexit-Europa schaut hilflos zu. Anne Wills Gäste meinen: Durch die EU muss ein Ruck gehen.

Die Gäste

  • Norbert Röttgen (CDU), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag
  • Sevim Dagdelen (Die Linke), stellvertretende Fraktionsvorsitzende im Bundestag
  • Ben Hodges, Generalleutnant a.D., ehemaliger Kommandeur der US-Armee in Europa
  • Wolfgang Ischinger, Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz
  • Natalie Amiri, Leiterin des ARD-Studios in Teheran

Die Positionen

Anne Wills Gäste und die Moderatorin selbst gaben sich da am Sonntagabend keinen Illusionen hin. Sevim Dagdelen prangerte nach dem Abzug der US-Truppen aus Syrien Massaker der Türkei an kurdischen Zivilisten an und sprach von einer "Bankrotterklärung für die ganze westliche Wertegemeinschaft". Die aber werde von Donald Trump in Kauf genommen, um sein Ziel zu erreichen: "Er möchte die Türkei als Partner in der Nato halten, koste es, was es wolle."

Norbert Röttgen sprach von einem "wirklichen Tiefpunkt amerikanischer Diplomatie". Es sei erbärmlich, dass die USA sich in dem 13-Punkte-Abkommen mit der Türkei komplett Recep Tayyip Erdogans Interessen zu eigen gemacht hätten und damit ein Alibi für das türkische Vorgehen lieferten. "Da wird ein rechtswidriger Krieg geführt und die USA sprechen mit der Türkei über die 'Operation Friedensquelle'", kritisierte Röttgen.

Ex-Nato-Kommandeur Ben Hodges unterstrich: "Dieser Rückzug ist ein furchtbarer Fehler." Er fand: Die USA hätten lieber nicht im Alleingang die Gespräche mit Erdogan führen sollen. Es wäre besser gewesen, wenn US-Außenminister Mike Pence von Vertretern der Alliierten begleitet worden wäre. Das Fehlen der Europäer am Verhandlungstisch war nach Ansicht von Wolfgang Ischinger jedoch symptomatisch.

Die "katastrophale Entwicklung" in Syrien bedeutet seiner Ansicht nach erneut, dass Europa ohnmächtig dem Treiben anderer zuschaut. "Wir Europäer haben versucht, unsere Sicherheit in dieser Region an die USA outzusourcen", kritisierte Ischinger. Die EU habe es seit 2011 versäumt, in der Region eine größere Rolle zu spielen und etwa im Gegensatz zu Russland und den USA noch nicht einmal einen Sondergesandten ernannt. "Dann dürfen wir uns nicht wundern, wenn über unsere Interessen hinweg verhandelt wird", sagte Ischinger und fragte: "Wo ist denn die Europäische Union?"

Die Lösung?

Wer darauf hofft, dass die EU geschlossen etwa mit einem Waffenembargo ein Zeichen setzt, der wird nach Ansicht Röttgens bitter enttäuscht werden. "Es gibt keine Einigkeit", sagte er mit Blick auf Brüssel. Aber Röttgen sagte auch: "Außer den Europäern wird keiner was tun." Er nahm insbesondere Deutschland, Frankreich und das Vereinigte Königreich in die Pflicht: "Die drei sind jetzt gefragt." Der Außenpolitiker brachte eine Sicherheitszone unter Kontrolle der Vereinten Nationen ins Spiel. Eine solche Lösung sei sicherlich nicht einfach, aber auch nicht illusionär. Trump stehe wegen Syrien unter Druck und könne ein Einschreiten der internationalen Gemeinschaft als Sieg für sich verkaufen. Im Gegenzug habe Wladimir Putin kein Interesse daran, permanent mit dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad Krieg zu führen.

Das Zitat des Abends

Ischinger räumte einer solchen Sicherheitszone durchaus Chancen ein. Er mahnte jedoch im Umgang mit dem laut ihm wichtigsten Nato-Partner Türkei zu "realpolitischen" Erwägungen und warnte: "Durch Sanktionen die Türkei noch weiter in die Arme unserer russischen Freunde treiben – das kann nicht unser Interesse sein."

Für Röttgen ist es aber an der Zeit, dass Europa endlich den Rücken gerade macht. "Die Türkei ist wirtschaftlich abhängig von Europa", sagte er. Aus seiner Sicht muss Schluss sein mit der außenpolitischen Entweder/Oder-Sackgasse. Ja, Europa habe ein strategisches Interesse an der Türkei und wolle diese nicht etwa aus der Nato werfen. Andererseits sei ein klares Bekenntnis zu Werten wie dem Völkerrecht notwendig. "Beides zusammen geht", sagte Röttgen. "Es muss klar sein, es darf so nicht weitergehen."

Der Faktencheck

Die Gäste kritisierten den Einmarsch der Türkei in Nordsyrien als rechtswidrig. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte eine solche Verurteilung zuletzt gescheut und von berechtigten Sicherheitsinteressen der Türkei in der Region gesprochen. Für die Experten des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags besteht hingegen kein Zweifel. Sie kamen kürzlich in einem Gutachten zum Schluss, dass die Türkei sich nicht auf Selbstverteidigung berufen konnte. Eine ausreichende Bedrohung, etwa durch die Kurdenmiliz YPG, sei "selbst bei großzügiger Auslegung" nicht erkennbar.

"Mangels erkennbarer Rechtfertigung stellt die türkische Offensive im Ergebnis offensichtlich einen Verstoß gegen das Gewaltverbot aus Art. 2 Ziff. 4 VN-Charta dar", bilanzierten die Experten knapp. Der Passus verbietet UN-Mitgliedern "jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbare Androhung oder Anwendung von Gewalt."

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