Bundeswehr per Losverfahren Union und SPD lösen wohl Wehrdienst-Streit

Die Koalition ringt weiter um eine Lösung im Streit über den neuen Wehrdienst. Jetzt will sich Schwarz-Rot wohl am Modell eines Nachbarlands orientieren.
Bei der von der Regierung geplanten neuen Wehrpflicht soll einem Zeitungsbericht zufolge ein Losverfahren darüber entscheiden, wer gemustert und eventuell eingezogen wird. Die Koalitionsfraktionen von Union und SPD hätten sich grundsätzlich auf einen entsprechenden Kompromiss geeinigt, berichtete am Sonntag das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
Demnach soll aus allen jungen Männern, die einen verpflichtenden Fragebogen ausgefüllt haben, ein Teil ausgelost werden. Diese Männer würden anschließend gemustert und zu einem Gespräch eingeladen. Sollte sich nicht genügend Freiwillige finden, könnten die Ausgelosten anschließend zum mindestens sechsmonatigen Wehrdienst verpflichtet werden.
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Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) soll nun Zahlen nennen, ab welchem Zeitpunkt er wie viele Wehrpflichtige benötigt. Nach bisherigen Planungen soll die Bundeswehr in den kommenden Jahren von rund 180.000 auf 260.000 aktive Soldatinnen und Soldaten anwachsen. Dafür werden etwa 80.000 zusätzliche Soldaten sowie rund 200.000 Reservisten benötigt.
Die Lösung orientiert sich laut RND am dänischen Modell. In Dänemark gilt zwar eine allgemeine Wehrpflicht, tatsächlich wird aber nur etwa ein Fünftel der jungen Männer eingezogen. Ein Vorteil des Losverfahrens sei aus Sicht der Fraktionen, dass sich die Zahl der Musterungen begrenzen lasse und so auch Kritik an fehlender Wehrgerechtigkeit begegnet werden könne.
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Streit über Pflichtregelung hatte Gesetz verzögert
Der ursprüngliche Gesetzentwurf der Bundesregierung setzt auf einen freiwilligen Wehrdienst. Eine Einziehung ist laut Entwurf nur möglich, wenn "die verteidigungspolitische Lage einen schnellen Aufwuchs zwingend erfordert, der auf freiwilliger Grundlage nicht erreichbar ist". Die Union kritisierte das als zu unverbindlich. Aus ihrer Sicht fehlen klare Mechanismen, die automatisch greifen, wenn zu wenige Freiwillige gefunden werden.
CDU-Chef Friedrich Merz hatte erklärt, er gehe nicht davon aus, dass es bei der Freiwilligkeit bleiben werde. CSU-Chef Markus Söder sprach von einer "Wischiwaschi-Wehrpflicht". Die SPD hingegen pocht auf die gemeinsam vereinbarte Freiwilligkeit. SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf sagte, das freiwillige Modell sei beschlossen worden, "Punkt".
Laut RND wollen die Koalitionsfraktionen am Dienstag über den Kompromiss beraten. Am Mittwoch soll die Öffentlichkeit informiert werden, am Donnerstag folgt voraussichtlich die erste Lesung im Bundestag. Ob Pistorius den Plan unterstützt, ist noch offen. Seinen Gesetzentwurf hält er bislang nicht für korrekturbedürftig.
- rnd.de: Neuer Wehrdienst: Im Fall einer Wehrpflicht soll per Los entschieden werden
- Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa und afp