Grünen-Parteichef Cem Özdemir hat die traditionelle Doppelspitze von Partei und Fraktion in Frage gestellt - und dafür prompt Kritik geerntet, vor allem von Grünen-Frauen. "Die doppelte Doppelspitze der Grünen macht es nicht leichter, personelles Profil zu gewinnen und Auseinandersetzungen mit dem politischen Gegner zuzuspitzen", sagte Özdemir der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (FAS).
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Bei den Grünen werden die Partei und auch die Bundestagsfraktion jeweils von zwei Vorsitzenden geführt, darunter mindestens eine Frau. Eine weibliche Doppelspitze ist möglich, nicht aber ein Duo von zwei Männern. Özdemir argumentierte, die Doppelspitze sei ein Grund für die fehlende Durchschlagskraft der Partei.
"Viele starke Frauen an der Spitze"
"Doppelspitzen und Frauenquote haben sich für die Grünen bewährt" sagte dagegen Özdemirs Ko-Parteichefin Simone Peter der Zeitung "Die Welt" (Montag). "Sie sind ein Grund, warum wir so viele starke Frauen an der Spitze haben und als Partei für Frauen besonders attraktiv sind." Daher wolle daran in der Partei "niemand etwas ändern". Auch in der für mögliche Reformen eingesetzten Strukturkommission der Grünen habe es "keinen einzigen Vorstoß in diese Richtung" gegeben.
"An der Doppelspitze zu rütteln, halte ich für grundfalsch", sagte die frauenpolitische Sprecherin der Grünen und Mitglied des Bundesvorstands, Gesine Agena, dem Düsseldorfer "Handelsblatt" (Montag). Sie verwies auf die damit verknüpfte Frauenquote: "Dort, wo es keine Frauenquote gibt, geht das fast immer zu Lasten der Frauen." Die Grünen-Frauenquote sei jedoch "ein Erfolgsmodell", um das "uns viele andere beneiden"
"Die Doppelspitze ist ein Markenname der Grünen", sagte die Bundestagsabgeordnete Ekin Deligöz ebenfalls dem "Handelsblatt". Allerdings müssten die Mitglieder des Spitzen-Duos auch "optimal zusammenarbeiten", fügte sie mit Blick auf Özdemir und Peter hinzu.
Andere Modelle in den Bundesländern
Unterstützung erhielt Özdemir vom wirtschaftspolitischen Sprecher der Bundestagsfraktion, Dieter Janacek. "Die gute Idee der Doppelspitze zur Förderung von Frauen in der Führung wird heute leider nicht selten vorgeschoben, um den Flügelproporz zu rechtfertigen", sagte er dem "Handelsblatt". Deswegen hätten auch die meisten Grünen-Landtagsfraktionen andere Modelle gewählt, "die weniger starr sind und trotzdem starke Frauen nach vorne bringen".