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Darum steht Jens Spahn jetzt dumm da


Was heute wichtig ist
Darum steht Spahn jetzt dumm da

  • Johannes Bebermeier
MeinungVon Johannes Bebermeier

Aktualisiert am 25.02.2021Lesedauer: 6 Min.
Meinung
Was ist eine Meinung?

Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.

Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.
Jens Spahn bei der Regierungsbefragung im Bundestag: Seine Worte sind manchmal schneller als seine Taten.Vergrößern des Bildes
Jens Spahn bei der Regierungsbefragung im Bundestag: Seine Worte sind manchmal schneller als seine Taten. (Quelle: F. Kern/Future Image/imago-images-bilder)

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

mein Name ist Johannes Bebermeier und ich bin politischer Reporter für t-online. Heute kommentiere ich stellvertretend für Florian Harms die Themen des Tages.

WAS WAR?

Jens Spahn ist ein Politiker, der schöne Worte unfallfrei in eine gute Rede verwandeln kann. Das hat er am Mittwoch im Bundestag einmal mehr bewiesen. "Wir wähnten uns auf einem guten Weg", sagte Spahn da, als er dem Parlament seine Corona-Politik erklären musste. "Aber dieses Virus gibt nicht einfach auf. Wir sind vielfach pandemiemüde – das Virus ist es nicht."

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Er kann reden, und reden muss ein Politiker können. Das ist einer der Gründe dafür, warum Spahn vielen in der CDU schon lange vor der Corona-Krise als einer der begabtesten Politiker seiner Generation galt. Zwischenzeitlich wurde er gar als Kanzlerkandidat gehandelt. Daraus wird erst einmal nichts. Und auch sonst sind es schwierige Wochen für den Bundesgesundheitsminister. Das liegt an der Pandemie, aber es liegt auch daran, dass Reden allein in der Politik nicht ausreicht. Spahns Worte sind manchmal schöner als seine Taten.

In einer Pandemie Bundesgesundheitsminister zu sein, ist ein heikles Unterfangen. Einerseits ist Jens Spahn so bekannt wie nie. Und Bekanntheit ist für einen Politiker entscheidend, damit er seine Arbeit machen kann, denn um die zu machen, müssen die Menschen ihn wählen. Andererseits ist Spahn aber auch für viele der kleinen und großen Fehler in der Corona-Politik verantwortlich. Und das ist nicht nur angenehm. In Krisen kann es für Politiker schnell in beide Richtungen gehen: schnell rauf, aber auch schnell wieder runter.

Gute Nachrichten sind gerade in der Corona-Krise rar. Deshalb muss sich ein Politiker überlegen, wie er es schafft, nicht dauernd nur schlechte Nachrichten zu verkünden. Spahn erliegt dabei nicht der Versuchung, die Pandemie zu beschönigen, wie andere das tun. Er ist vorsichtig, wenn es um Öffnungsschritte geht, weil Covid-19 eben eine gefährliche Krankheit ist. Für einen Gesundheitsminister ist das genau richtig – und viel wert in der Pandemie. Positive Nachrichten versucht Spahn deshalb an anderer Stelle zu setzen. Doch genau das ist zuletzt immer häufiger zum Problem geworden. Weil Spahns hoffnungsfrohe Worte eben genau das blieben: Worte.

Am Mittwoch im Bundestag musste Spahn seinen Worten mal wieder hinterherlaufen, wie mein Kollege Tim Kummert in seiner Analyse formuliert. Spahn hatte vor wenigen Tagen angekündigt, ab dem 1. März kostenlose Schnelltests anbieten zu wollen. Nach längerem Zögern und öffentlicher Kritik wollte er in die Offensive kommen, mal wieder eine positive Schlagzeile über sich lesen. Nur war weder der Kanzlerin noch den Ministerpräsidenten klar, wie das eigentlich von jetzt auf sofort funktionieren soll mit den Schnelltests. Spahn hatte etwas versprochen, ohne vorher mit allen Beteiligten zu sprechen und die Organisation zu klären. Ohne also seine politische Arbeit zu machen. Angela Merkel pfiff ihn zurück, Spahn steht dumm da. Und auf die wichtigen Tests müssen die Menschen nun noch länger warten.

So oder so ähnlich läuft es nicht das erste Mal. Auch bei den Impfungen folgten auf große Ankündigungen nur kleine Fortschritte. "Impfen ist der Weg heraus aus der Pandemie und wir sind auf diesen Weg gut vorbereitet", sagte Spahn Mitte Dezember. Inzwischen ist klar: Andere Länder waren wesentlich besser vorbereitet, und dafür trägt auch Spahn die politische Verantwortung. Schon Anfang Januar hatte er aber erst einmal die nächste Ankündigung: nämlich einen Termin, bis wann jedem Deutschen ein Impfangebot gemacht werden könne. Gute Nachrichten nach einem schwierigen Weihnachten. Doch aus Ende Juni wurde irgendwann "im Sommer" und daraus "bis Ende Sommer", also bis zum 21. September. Ob sich bis dahin dann wirklich jeder impfen lassen kann, der das will? Kann sein, muss aber nicht. Spahn hat es auch jetzt noch mit in der Hand. Doch dafür braucht es eben mehr als Ankündigungen.

Man kann es Spahn nicht vorwerfen, wenn er gute Politik gut präsentiert. Aber man kann es ihm vorwerfen, wenn er mehr Wert auf gute Präsentation als auf gute Politik legt.


WAS STEHT AN?

Um Corona geht es heute auch in Brüssel, besser gesagt: im digitalen Brüssel. Die Staats- und Regierungschefs treffen sich per Videokonferenz zum EU-Gipfel. Angela Merkel, der französische Präsident Emmanuel Macron und ihre Kolleginnen und Kollegen wollen darüber diskutieren, was die EU bisher gelernt hat aus der Pandemie. Und was künftig besser laufen muss. Im Mittelpunkt soll neben dem Streit um Grenzkontrollen die "Zulassung, Herstellung und Verteilung von Impfstoffen" stehen, und damit genau das richtige Thema.

Denn mehr Produktionskapazitäten in der EU selbst zu schaffen, ist nicht nur für die Corona-Krise entscheidend, weil andere Mutationen anderen Impfstoff erfordern könnten. Es ist auch für die nächste Pandemie entscheidend, schneller mehr Impfstoff produzieren zu können als jetzt. Wir müssen uns darauf vorbereiten, im Zeitalter der Pandemien zu leben. Plural. Bleibt zu hoffen, dass die EU-Spitzen diesmal nicht wieder jeden Euro dreimal umdrehen wie bei den Impfstoffbestellungen im vergangenen Jahr. Und wohlhabendere Staaten im Zweifel einfach mehr zahlen als die ärmeren. In zusätzliche Kapazitäten zu investieren ist in jedem Fall gut investiertes Geld.


Die Deutsche Bischofskonferenz beendet heute wohl eine ihrer schmerzhafteren Frühjahrsvollversammlungen. Das wichtigste Thema, das zu unvorstellbarem Leid bei den Betroffenen und einer Austrittswelle Gläubiger geführt hat, dürfte weitgehend ungelöst bleiben: die Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs von Kindern durch Priester. Im jüngsten Skandal hält der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki ein von ihm in Auftrag gegebenes Gutachten unter Verschluss. Auch einige seiner Kollegen kritisieren das scharf, auch wenn Woelki für Mitte März ein anderes Gutachten verspricht.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, sagte im WDR, er habe keine Handhabe gegen Woelki: "Ich muss es tolerieren, weil ich keine Möglichkeiten habe, nach Köln reinzugrätschen." Deprimierende Aussichten. Wenn Sie das Hintergrundstück meines Kollegen Jonas Mueller-Töwe zu dem Missbrauchsskandal im Kölner Bistum und der Rolle des Kardinals noch nicht gelesen haben, empfehle ich Ihnen den Text heute gerne noch einmal.

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WAS LESEN UND HÖREN?

Jens Spahn hat am Mittwoch im Bundestag nicht nur über die professionellen Schnelltests in Testzentren gesprochen, sondern auch über die Selbsttests für den Hausgebrauch. Da hatte der Gesundheitsminister nämlich positive Nachrichten zu verkünden: Die ersten drei dieser Selbsttests haben eine Sonderzulassung erhalten und können endlich auch hierzulande verkauft werden. Worauf Sie beim Kauf achten sollten, erklärt meine Kollegin Sandra Simonsen Ihnen in diesem Text. Wie sie den Selbsttest dann anwenden, erklärt sie gemeinsam mit unserer Grafikerin Heike Aßmann hier.


Fast vier Millionen Deutsche verbringen ihre Freizeit regelmäßig am Wasser. Sie gehen aber nicht schwimmen oder rudern, sondern sie angeln. In unserem Podcast "Tonspur Wissen" blicken wir auf das beliebte Hobby, hinter dem mehr steckt als nur die Freude am selbst gefangenen Fisch. Moderatorin Ursula Weidenfeld spricht mit dem Fischereiwissenschaftler Robert Arlinghaus über die Gründe angeln zu gehen, den Artenreichtum in deutschen Gewässern und die Konflikte zwischen Anglern und Naturschützern. "Tonspur Wissen" ist ein Podcast von t-online und der Leibniz-Gemeinschaft. Hören Sie doch mal rein.


Haben Sie Bitcoins? Ich nicht, da bin ich vermutlich etwas altmodisch. In der Finanzwelt aber sorgt die Kryptowährung mit ihrem sprunghaften Kursverlauf noch immer für großes Aufsehen. Der Krypto-Professor Philipp Sandner hat meinen Kollegen Nele Behrens und Florian Schmidt erklärt, warum der Bitcoin aus seiner Sicht nie wieder verschwinden wird – und was das für das Finanzsystem bedeutet. Eine Bitcoin-Blase? Die sieht Sandner nicht, wie er im Interview erklärt.


WAS AMÜSIERT MICH?

Alles nicht so einfach mit den Schnelltests, da kann nicht nur Jens Spahn ein Lied von singen.

Morgen schreibt an dieser Stelle wieder mein Kollege Florian Harms für Sie. Bis dahin wünsche ich Ihnen einen schönen Tag.

Ihr

Johannes Bebermeier
Politischer Reporter
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Twitter: @jbebermeier

Mit Material von dpa.

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