Meeresspiegel wird unaufhaltsam steigen
Der Westantarktische Eisschild ist instabil geworden, sein unaufhaltsamer Zerfall hat begonnen. Damit tritt genau das ein, wovor Klimaforscher seit den 1970er Jahren gewarnt haben - und wofür sie oft genug nur milde belächelt wurden: Der Meeresspiegel wird nun definitiv um mehrere Meter ansteigen, Küstenstädte und Inselstaaten werden unausweichlich untergehen. "Unser Planet ist in eine neue Ära getreten", schreibt der Antarktisexperte Andres Levermann.
"Holy shit moment for global warming" ("ein verdammt mieser Moment in der globalen Erwärmung"), heißt es in einem US-Fachmagazin. Doch diese Aussage klingt harmlos. Es ist ein historischer Wendepunkt, stellt Stefan Rahmstorf, einer der führenden deutschen Klimaforscher, klar.
Ungeheure Wassermassen werden frei
Auf der Erde gibt es drei riesige Kontinentaleisschilde: In Grönland, der Westantarktis sowie in der Ostantarktis liegen mehrere tausend Meter dicke Landeismassen, die aus dem Schnee von hunderttausenden Jahren entstanden sind. In diesen drei Eispanzern ist eine ungeheure Wassermasse gebunden - wird sie freigesetzt, steigt der Meeresspiegel weltweit um 65 Meter, so Rahmstorf.
Bereits in den 1970er Jahren erkannten Wissenschaftler eine zunehmende Instabilität dieser Eisschilde. Normalerweise liegt die Eismasse auch unterhalb des Meeresspiegels auf Land auf. Ab einer bestimmten Linie jedoch erhält das Eis so viel Auftrieb, dass es schwimmt. Durch den Klimawandel zieht sich das Eis immer weiter landeinwärts zurück. Fällt der Boden - wie es in der Westantarktis der Fall ist - landeinwärts ab, wird der Eisrückzug instabil.
Folgen schon jetzt spürbar
Gleich mehrere Forschergruppen haben mit unterschiedlichen Untersuchungsmethoden den Rückzug beziehungsweise den Verlust des Westantarktischen Eisschilds festgestellt, der Zerfallsprozess wird seit Jahrzehnten durch Satelliten dokumentiert. Das Auftauen lässt den globalen Meeresspiegel um mehr als drei Meter ansteigen, erläutert der Klimaforscher.
Dass das Eisschild unaufhaltsam auftaut, ist laut Rahmstorf wohl Fakt. Unsicherheit gebe es lediglich noch, in welchem Tempo der Meeresspiegel ansteigt. Die Simulationsmodelle unterscheiden sich. Schon heute jedoch verschlimmert der Anstieg die Folgen von Sturmfluten wie nach Sturm Sandy 2012 in New York oder Haiyan 2013 auf den Philippinen, sagt Rahmstorf.