Trumps Friedensplan Seine Schwäche erweist sich diesmal als Stärke

Heute feiern sie in Israel und Ägypten Donald Trump. Die Hamas wie auch Israel müssen sich der geballten Macht der USA und der arabischen Länder beugen. Ein langer Prozess beginnt, mit Frieden als Ziel.
Dies ist ein großer Tag im Leben des amerikanischen Präsidenten. Er wird umjubelt als Friedensstifter, als der Mann, der einen Krieg beendet hat, an dessen Eindämmung sein Vorgänger gescheitert war. Seine Schwäche erweist sich diesmal als Stärke: Die Ignoranz gegenüber der Geschichte voller Leid und Kriegen in Nahost, der Glaube an seine Omnipotenz und die USA als Ordnungsmacht in dieser Region, deren Boden von Blut getränkt ist und deren Menschen von Hass aufeinander beseelt sind.
In Scharm el-Scheich auf der Halbinsel Sinai wird das Abkommen über den Frieden in Gaza feierlich unterzeichnet. Viele Staats- und Regierungschefs werden diesen historischen Tag durch ihre Anwesenheit zieren, darunter auch der deutsche Bundeskanzler. Über allen aber thront Donald Trump, der zwar an der Ukraine das Interesse verloren hat, aber an dieser Region nicht.
Frieden ist ein großes Wort. Frieden und Nahost sind eigentlich ein Widerspruch in sich. Ist dort überhaupt ein Frieden möglich, ohne dass der nächste Krieg schon vorbereitet wird?

Zur Person
Gerhard Spörl interessiert sich seit jeher für weltpolitische Ereignisse und Veränderungen, die natürlich auch Deutschlands Rolle im internationalen Gefüge berühren. Er arbeitete in leitenden Positionen in der "Zeit" und im "Spiegel", war zwischendurch Korrespondent in den USA und schreibt heute Bücher, am liebsten über historische Themen.
20 Punkte sind zu viel für einen seriösen Plan
Frieden scheint wirklich möglich zu sein. Erstens schreien die tiefenscharfen Veränderungen durch die Serie an Kriegen, die seit dem 7. Oktober 2023 in der Region tobten, nach einer politischen Neuordnung. Zweitens ist die Geduld der arabischen Staaten mit der Hamas und die Geduld Amerikas mit Israel an ihrem Ende angelangt, sodass sie die Daumenschrauben anlegten und das Unmögliche möglich machten.
Ab jetzt wird der 20-Punkte-Plan abgearbeitet, den Donald Trump als sein Werk betrachtet. Die israelischen Geiseln kommen frei. 20 von ihnen leben noch, eine Minderheit. Die anderen 28, die Mehrheit, kehren als Leichname in die Heimat zurück. Sie starben an den Bedingungen, denen sie ausgesetzt waren, so viel ist klar. Wie und warum genau sie den Tod fanden, werden ihre Familien erfahren wollen. In die große Freude mischt sich, wie immer nach Kriegen, große Trauer.
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20-Punkte sind eigentlich zu viel für einen seriösen Plan. Deshalb überbieten sich manche Kommentatoren in Skepsis, ob auch wirklich gelingen kann, was gelingen soll. Das ist verständlich angesichts der Erfahrung mit Plänen in dieser Region, in der guter Wille schon so oft an der Wirklichkeit scheiterte. Aber Erfahrung kann auch blind machen für grundstürzenden Wandel. Denn denkbar ist auch, dass in der Punkt-für-Punkt-Abwicklung eine Dynamik entsteht, welche die Dinge planmäßig beschleunigt.
Dieser Punkt ist besonders heikel
Die erste Phase endet heute mit dem Austausch der Geiseln gegen palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen. Die zweite Phase wird gerade vorbereitet. 200 US-Militärs sind eingeflogen worden, um für die allerersten Voraussetzungen für die Verwandlung der Trümmerwüste Gaza in "einen funktionalen Ort", wie der Arbeitstitel lautet, zu sorgen. Die USA und Regionalmächte wie Ägypten, die Türkei, Katar und vermutlich auch die Golf-Emirate sind dafür ausersehen, die "International Stability Force" zu bilden – eine internationale Truppe, die für Stabilität und Frieden in Gaza zuständig sein soll.
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Dann folgt, wenn es gut geht, eine technokratische Regierung unter der Supervision eines Gremiums, dem Trump persönlich vorsteht. Und natürlich muss die Hamas ihre Waffen abgeben; wer von ihren Kämpfern und Anführern ins Exil geht, fällt unter eine Amnestie. Dieser Punkt, der die Hamas zu bedingungsloser Kapitulation zwingt, ist besonders heikel.
Die zwei Seiten des Benjamin Netanjahu
Benjamin Netanjahu wird auch heute nicht müde werden zu behaupten, dass ihm eine tragende Rolle in Trumps Friedenswerk gebührt. Er beginnt heute schon mit dem Wahlkampf, denn spätestens in exakt einem Jahr steht die nächste Parlamentswahl an. Es zeichnet sich ab, dass es dann um Gaza gehen wird – die Verantwortung für den 7. Oktober, die Kriegsführung seither, die Rolle Netanjahus bei der weltweiten Isolation Israels.
Zweifellos wird dieser Premierminister in zweifacher Gestalt in die Geschichtsbücher eingehen. Als Mann, der die Hamas in Gaza und die Hisbollah im Libanon entscheidend dezimierte; als Mann, der Iran demütigte – als Bezwinger der Feinde Israels.
Daneben ist er aber auch der Mann, der Krieg auf Krieg führte und zu Frieden nicht imstande war, weil dann seine Koalition gescheitert wäre und ihm bei einer Wahlniederlage juristische Konsequenzen wegen Korruption drohen. Zum Frieden ließ sich Netanjahu im Weißen Haus zwingen.
Was schwerer wiegt, der militärische Triumphator oder der Egoman, werden die israelischen Wähler bestimmen. Über die juristischen Vorwürfe gegen Netanjahu werden die Richter entscheiden.
Die ungewisse Zukunft Israels und der Palästinenser
Überhaupt beginnt ab jetzt die Phase der Selbsterforschung, wie der Krieg Israel verändert hat. Dazu gehört die Frage, wieso so viele Länder Palästina als Staat anerkennen und wie die Zweistaatenlösung aussehen könnte, auf die das Ausland beharrt. Außerdem hat sich Präsident Trump darauf festgelegt, dass Israel die Westbank nicht annektieren darf. Was bedeutet das? Wie reagieren die Siedler, angeführt von Politikern, die ihre Verachtung für Palästinenser offen aussprechen?
Der Nahe Osten wird durch die überraschend konsequente Einmischung des amerikanischen Präsidenten neu geordnet. Die Aussichten fürs Gelingen sind erstaunlich gut, weil hinter dem guten Willen die geballte Macht Amerikas und der arabischen Welt steht.
Vielleicht bräuchte auch Israel einen 20-Punkte-Plan, der klärt, welches Land es sein will und sein sollte. Die Ära des Dauer-Premiers Netanjahu dürfte bald zu Ende gehen. Wer folgt ihm? Und wie verhält sich die künftige Regierung gegenüber den Palästinensern im eigenen Land und im Westjordanland?
Die Hoffnung, die heute in Scharm el-Scheich beschworen wird, vertreibt vielleicht ja wirklich die Verzweiflung und die Ratlosigkeit, die in dieser Region vorherrschen. Und wenn es gut geht, und man soll die Hoffnung auch dort nicht verlieren, besinnt sich das zerrissene Israel auf eine Versöhnung mit sich selbst.
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