Bezeichnungsverbot spaltet Leserschaft "Eine Peinlichkeit, die ihresgleichen sucht"

Begriffe wie "Veggie-Wurst" soll es bald nicht mehr geben dürfen. Ist die Entscheidung des EU-Parlaments richtig? Darüber streiten Verbraucher genüsslich.
Die Mehrheit des EU-Parlaments sprach sich am Mittwoch dafür aus, dass vegetarische und vegane Speisen bald nicht mehr Bezeichnungen wie Schnitzel, Wurst oder Burger tragen sollen. Die Entscheidung geht nun in die Verhandlungen mit den 27 der EU angehörenden Ländern.
Philipp Heinemann kommentiert: "Die Debatte um Fleischersatzprodukte zeigt, wie sehr sich Politik manchmal in Symbolfragen verliert. Es geht hier nicht um die Wurst, sondern um Deutungshoheit. Statt über Zutaten, Nachhaltigkeit oder Transparenz zu sprechen, also über Verbraucherschutz, wird über Wörter gestritten." Dem Meinungsstück des t-online-Redakteurs folgten zahlreiche Zuschriften aus der Leserschaft.
"Eine Peinlichkeit, die ihresgleichen sucht"
Axel Klüss schreibt: "Grundsätzlich bin ich gegen die reichlichen Verbote, die Nichtigkeiten betreffen. In diesem Fall allerdings fühle ich eine gewisse Freude, da es keinen sachlichen Grund gibt, Fleischersatzprodukte nicht auch als solche zu benennen. Ein veganer Fleischsalat ist ein Widerspruch in sich. Und ich kenne durchaus Menschen, die einen Fehlkauf tätigten, da der Hinweis 'vegan' unverschämt klein gedruckt war."
Ernst Mehleit mailt: "Wenn man bedenkt, wie viele nicht gesundheitsfördernde oder gar gesundheitsschädliche Zutaten in unseren Lebensmitteln stecken und dass es immer noch kein Werbeverbot für dick machende Süßigkeiten gibt, dann ist diese Entscheidung ein Witz und eine Peinlichkeit, die ihresgleichen sucht."
"Die Entscheidung des EU-Parlaments ist absolut richtig", meint Günther Hüls. "Seit Jahrhunderten gibt es die Bezeichnungen Schnitzel und Wurst, die mit Fleisch verbunden sind. Heute kommen Unternehmen mit Ersatzprodukten daher und besetzen Begriffe, die schon ewig in den Köpfen der Menschen anders verankert sind. Anstatt die nun entstehenden Kosten zu beklagen, sollten sie lieber kreative Lösungen für die Umbenennungen finden."
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"Diese Parlamentsentscheidung war überfällig"
Inge Müller sagt: "Es gäbe so viele weitaus wichtigere Probleme, mit denen sich unsere teuer bezahlten EU-Parlamentarier in einer Welt, in der unsere regel- und wertebasierte westliche Ordnung auf der Kippe steht, beschäftigen sollten. Jeder weiß, dass ein Sellerieschnitzel eine panierte Gemüsescheibe ist und eine vegane Wurst kein Fleischprodukt."
Die t-online-Leserin fragt rhetorisch: "Warum sollten jetzt Kosten produziert werden, weil viele Verpackungen etc. geändert werden müssen, obwohl das nur eine verschwindend geringe Zahl von Personen problematisiert?"
"Diese Parlamentsentscheidung war überfällig", findet Bernhard Räbel. "Es gibt leider in Deutschland keine Verpflichtung, diese veganen Klebemassen deutlich zu kennzeichnen, so wie Zigarettenpackungen. Warum nicht? Weil die Lobbyarbeit der Vegan-Hersteller zu stark war, denn die Gewinnspanne dieser Produkte höher als die des Hausfleischers."
Der ehemalige Präsident eines Landesamtes für Verbraucherschutz führt aus: "Mit den eingeführten Bezeichnungen findet eine Irreführung des Verbrauchers statt. Dieser muss frei, mithilfe eines unmissverständlichen Wortschatzes, entscheiden können, was er wählt – und sich nicht irregeführt etwas diktieren lassen."
"Wir können uns jetzt so richtig freuen"
Katja Hoffmann spottet: "Nun ist es endlich so weit: Unsere hoch bezahlten EU-Parlamentarier sind aufgewacht und haben eine wichtige Entscheidung für uns Verbraucher getroffen. Wir können uns jetzt so richtig freuen, denn endlich wissen wir, dass ein Veggie-Schnitzel kein Kalbs- oder Schweineschnitzel ist. Doch es besteht weiterhin Verunsicherung, ob ein Paprikaschnitzel nur aus Paprika besteht. Hier muss unbedingt weiter abgestimmt werden, schließlich ist die Diktatur der Wörter wichtiger als die Gesundheit (Inhaltsstoffe) der EU-Bürger."
Bettina Foss befürwortet das Urteil aus Straßburg, wie sie t-online verrät: "Eine Leberwurst heißt Leberwurst, weil sie mit Leber gemacht ist und nicht aus vegetarischen beziehungsweise veganen Bestandteilen. Und bei der Beschreibung "vegane Fischstäbchen" frage ich mich: Was ist das? Jedenfalls kein Fisch! Ein Wiener Schnitzel darf auch nicht so heißen, wenn es nicht aus Kalbsfleisch besteht. Der Industrie, die sich jetzt so viele neue Namen ausdenken muss für die mittlerweile unendlich vielen Produkte, wünsche ich viel Spaß."
- Zuschriften von t-online-Lesern


