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Berlin: Das sagte Bushidos Ehefrau im Prozess gegen Clanchef Abou-Chaker aus


Bushidos Ehefrau gegen Clanchef
Der Alleinherrscher und der Unterdrückte

  • Matti Hartmann
Von Matti Hartmann

Aktualisiert am 21.06.2021Lesedauer: 5 Min.
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Arafat Abou-Chaker, Bushido und seine Frau, Anna-Maria Ferchichi: Vor Gericht sagte die mit Drillingen Schwangere gegen Clanchef Arafat Abou-Chaker aus.Vergrößern des Bildes
Arafat Abou-Chaker, Bushido und seine Frau Anna-Maria Ferchichi: Vor Gericht sagte die mit Drillingen Schwangere gegen Clanchef Arafat Abou-Chaker aus. (Quelle: Collage/Imago/Olaf Wagner/Instagram/Bushido/T-Online-bilder)

25 Mal hat ihr Mann Bushido

Prozesstag Nummer 38 im Verfahren gegen Arafat Abou-Chaker und seine Brüder Yasser, Nasser und Rommel. Bis jetzt war es ein männlich dominierter Prozess: auf der einen Seite die vier Angeklagten, wortkarg und betont lässig, auf der anderen Rapper Bushido, bürgerlich Anis Ferchichi, als Nebenkläger darum bemüht, sich als Opfer weitreichender Besitzansprüche Abou-Chakers darzustellen.

Am Montag schlug nun die Stunde von Bushidos Frau: Im blau-weißen, über dem Bauch leicht gewölbten Kleid betrat Anna-Maria Ferchichi den Zeugenstand am Landgericht Berlin – und zum ersten Mal seit Längerem waren Zuschauer- und Pressebänke wieder bis auf den letzten Platz gefüllt.

Angeklagte haben jeweils mindestens zwei Anwälte

Zuletzt war das Interesse an diesem Mammutprozess etwas abgeebbt. Seit August 2020 läuft das Verfahren, Bushido ist nach 25 Sitzungen durch mit seiner Zeugenaussage, ein Urteil wird aber noch lange auf sich warten lassen. Jetzt schon sind bis Dezember weitere Termine anberaumt. Die Angeklagten haben jeder mindestens zwei Anwälte an ihrer Seite.

Schon vor dem Termin hatte Anna-Maria Ferchichi gegenüber der "Bunten" öffentlich verkündet, worum es ihr hier gehe: Sie wolle nicht weniger als "meinen Mann und unsere Familie beschützen". Und das "ein für allemal". Wie ihr Mann ist auch sie seit Monaten als bedroht eingestuft und steht unter Personenschutz.

Eine "Löwin", so hat Bushido seine Frau genannt, die aktuell mit Drillingen schwanger ist und es sich zur Aufgabe gemacht hat, alles Böse von ihrem Heim fernzuhalten. Das personifizierte Böse ist in ihren Augen Arafat Abou-Chaker. Er sitzt ihr am Montag schräg gegenüber und blitzt sie immer wieder ärgerlich, manchmal auch demonstrativ erheitert an, wenn sie davon berichtet, wie er ihren Mann ständig unter Druck gesetzt und wie sein Eigentum behandelt habe.

Dem 45-jährigen Hauptangeklagten Arafat Abou-Chaker werden Straftaten gegen seinen einstigen Geschäftspartner Bushido vorgeworfen – Beleidigung, Freiheitsberaubung, versuchte schwere räuberische Erpressung, Nötigung und gefährliche Körperverletzung. Die drei mitangeklagten Brüder sollen Mittäter sein. Keiner der vier hat sich bislang im Prozess zu den Vorwürfen geäußert.

Abou-Chaker als Alleinherrscher

Bushido hat seine "Löwin" allein ins Gericht kommen lassen, ist selbst nicht vor Ort im Saal. Aber das scheint Anna-Maria Ferchichi nichts auszumachen. Souverän beginnt sie davon zu erzählen, wie sie Bushido und Arafat 2011 kennenlernte, wie sie zuerst eine unbeschwerte Zeit erlebte und Abou-Chaker als witzigen und zuvorkommenden Mann wahrnahm. Erst allmählich sei ihr bewusst geworden, wie bestimmend er gewesen sei, wie wenig Raum er ihrem Mann gelassen habe.

Sie illustriert das mit mehreren Episoden: Bushido habe bei Konzerten zum Beispiel keinen eigenen Künstlerraum gehabt, keinen Rückzugsort. Immer seien die Abou-Chakers anwesend gewesen – und Bushido habe sich dann regelmäßig verändert: "Er ist eigentlich sehr dominant, in der Beziehung zu Arafat aber ganz devot." Bei allem habe Abou-Chaker das letzte Wort gehabt, beim Autokauf habe er angeordnet, dass Anna-Maria keinen AMG-Mercedes, sondern einen einfachen Diesel bekomme.

Tränen rollen über ihr Gesicht

Im Anwesen auf dem gemeinsamen Grund in Kleinmachnow habe er über den Fußbodenbelag und die Fensterrahmen in dem Haus bestimmt, in dem Bushido und sie später mit ihrer Familie leben sollten. Als Bushidos Mutter starb, sei die halbe Unterwelt Berlins bei der Beerdigung gewesen, die engsten Freunde von Luise Maria Engel seien hingegen in den Hintergrund gedrängt worden.

"Mein Mann hat gar nichts entschieden", sagt Anna-Maria Ferchichi vor Gericht. Ständig sei nur an ihm gezogen worden, zu allem habe er sich drängen lassen. Aber immer, wenn sie sich bei Bushido über Arafats Übergriffigkeit beschwert habe, habe der Rapper dichtgemacht, sei selbst aggressiv geworden.

Als Anna-Maria Ferchichi dies erzählt, rollen das erste Mal an diesem Montag im Gericht die Tränen: Bushido habe sie eher aus dem Auto geschmissen, als vor ihr einzugestehen, dass er unter Arafats Kontrolle leide. Nicht einmal ihr gegenüber habe er sich öffnen können, so unter Druck habe er gestanden, beteuert Anna-Maria Ferchichi.

Regelrecht kaputtgearbeitet habe sich Bushido auf Arafats Weisung. Ständig habe er Auftritte absolvieren müssen, jedes Wochenende sei er auf Achse gewesen – damit Arafat Abou-Chaker Geld an "seinem" Musiker verdiene.

Abou-Chaker hatte sich "in seiner Religion verrannt"

Was schon vor dem Prozesstag am Montag klar war: Die 39-jährige Anna-Maria Ferchichi spielte in der komplexen Beziehung zwischen Bushido und Abou-Chaker von Anfang an eine bedeutende Rolle. Sie war schnell relativ eng mit Abou-Chaker und seiner Familie befreundet. Das habe das schwierige Verhältnis der Männer untereinander sogar eine Weile entspannt, hatte Bushido im Prozess berichtet.

Dann sorgte sie aber auch für den ersten großen Knall zwischen den beiden. Abou-Chaker habe sich zusehends "in seiner Religion verrannt", sagte Anna-Maria Ferchichi am Montag. Er sei immer strenger geworden, engstirniger. Moschee statt Party.

Einmal habe sich Arafat mit harschen Worten über ihren seiner Ansicht nach unzüchtigen Kleidungsstil beschwert. Bei einem Restaurantbesuch 2014 habe man einen Teil ihres Rückens sehen können. Als sie ihn daran erinnert habe, dass sie früher einmal bei einer Gangbangparty seinen Penis gesehen habe, kam es zum Eklat.

Bushido erhob die Hand gegen seine Frau

Schon Bushido hatte im Prozess beschrieben, wie Arafat Anna-Maria als "Teufel" bezeichnete, jetzt fügt sie an, wie es aus ihrer Sicht weiterging: Weil Bushido in dieser Situation nicht zu ihr stand, am Ende sogar noch seine Hand gegen sie erhob und sie schlug, sei ihr klar gewesen, dass sie sich trennen würde.

Unter erneuten Tränen berichtet Anna-Maria Ferchichi, wie sie unter Polizeischutz das gemeinsame Haus verließ, zu ihren Eltern nach Bremen zog, dort feststellte, dass sie schwanger von Bushido war – und ihre Trennungsentscheidung wieder rückgängig machte. Auch weil Bushido in ihrer Nähe ein Hotelzimmer bezog, wochenlang für sie da war, ohne Druck auszuüben, sich um die gemeinsamen Kinder so liebevoll kümmerte wie nie zuvor und weit weg von Arafat Abou-Chaker endlich so etwas wie Unbeschwertheit aufgekommen sei.

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Bedingung: Abou-Chaker solle keinen Einfluss mehr nehmen

Unter der Bedingung, dass Arafat keinen Einfluss mehr auf ihr Leben nehmen dürfe, habe sie schließlich zugestimmt, wieder nach Berlin zu ziehen. Dort sei die erste Zeit auch tatsächlich so harmonisch wie lange nicht verlaufen – bis Abou-Chaker wieder begonnen habe, sich vermehrt einzumischen.

Über diese Phase bis zum endgültigen Bruch zwischen Bushido und Arafat konnte Anna-Maria Ferchichi am Montag allerdings nicht mehr berichten. Richter Martin Mrosk vertagte auf Mittwoch.

Kein Prozessende in Sicht

Anna-Maria Ferchichi, die Schwester von Sängerin Sarah Connor, gilt als starke Frau an Bushidos Seite. Er habe es ihr zu verdanken, dass er die Trennung von Arafat Abou-Chaker gewagt habe, hatte der Rapper im Prozess gesagt. Er sei schockiert gewesen, als er von der Bedrohung seiner Frau und Kinder im November 2018 erfahren habe. Zunächst habe er aus "Angst und Ehre" geschwiegen. Erst im Januar 2019 habe er dann bei der Polizei gegen Arafat Abou-Chaker ausgesagt.

Bushido hatte seine Beziehungen zu Arafat Abou-Chaker nach mehr als einem Jahrzehnt privaten und geschäftlichen Miteinanders aufgelöst. Dieser habe das laut Anklage nicht akzeptieren wollen und unberechtigt eine Millionenzahlung sowie die Beteiligung an Bushidos Musikgeschäften für 15 Jahre gefordert. Der Rapper sei bedroht, beschimpft, im Januar 2018 in einem Büro eingesperrt und mit Wasserflasche und einem Stuhl attackiert worden.

Verwendete Quellen
  • Beobachtungen im Gerichtssaal
  • Material der Nachrichtenagentur dpa
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