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Schweiz und Norwegen: Warum diese Nationen als Corona-Musterländer gelten


"Maßnahmen haben gereicht"
Warum diese Nationen als Corona-Musterländer gelten

Von dpa
Aktualisiert am 05.08.2021Lesedauer: 3 Min.
Buntes Treiben am Zürichsee: Die Schweiz verfolgt in der Corona-Pandemie eine Strategie mit milden Maßnahmen. (Archivfoto)Vergrößern des BildesBuntes Treiben am Zürichsee: Die Schweiz verfolgt in der Corona-Pandemie eine Strategie mit milden Maßnahmen. (Archivfoto) (Quelle: Manuel Geisser/imago-images-bilder)
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In einem Ranking zur Bewältigung der Corona-Pandemie landet Deutschland nicht in den Top Ten. Andere Länder scheinen erfolgreicher – doch zahlen dafür auch einen Preis.

Die Schweizer Wirtschaft brummt, die Umsätze in der Hotellerie liegen Ende Juli schon wieder über dem Niveau von 2019. Corona bestimmt nicht mehr alle Schlagzeilen. Im Vergleich mit vielen anderen Ländern hat die Schweiz weniger Corona-Einschränkungen gehabt. Sie belegt Platz zwei in einer Rangliste der erfolgreichsten Staaten im Umgang mit der Pandemie. Was ist das Schweizer Erfolgsrezept?

Die Rangliste der Wirtschaftsnachrichtenagentur Bloomberg soll zeigen, "wo das Virus am effektivsten und mit der geringsten sozialen und wirtschaftlichen Störung gehandhabt wird". Bloomberg hat sich dafür neben Infektions- und Todeszahlen, Impfquoten oder Qualität des Gesundheitswesens auch angeschaut, wie viele Menschen wieder einkaufen oder zur Arbeit unterwegs sind, welche Einschränkungen es für das soziale und wirtschaftliche Leben gibt und wie viele Flüge abheben.

Deutschland weit hinter den Spitzenreitern

Das einzige Land, das die Schweiz schlägt, ist Norwegen. Dessen Regierung hatte im Frühjahr 2020 als eine der ersten strikte Corona-Maßnahmen erlassen und wie einige andere die Grenzen dichtgemacht. Das skandinavische Land schaffte es, die Corona-Zahlen trotz einiger Ausschläge stets relativ gut einzudämmen. "Norwegen ist Corona-Europameister", jubelte die Zeitung "Verdens Gang" bereits im Herbst 2020. Danach stiegen die Neuinfektionen allerdings wieder.

Deutschland kommt in der Bloomberg-Rangliste vom 28. Juli auf Rang zwölf, immerhin 16 Plätze besser als im Juni. Neben Norwegen und der Schweiz schneiden auch Neuseeland, Frankreich, die USA und Österreich besser ab.

"Die Schweiz hat es nicht schlecht gemacht", sagt Jan-Egbert Sturm, Professor für Angewandte Wirtschaftsforschung an der Eliteuniversität ETH in Zürich, der Deutschen Presse-Agentur. "Sie hatte immer vergleichsweise milde Maßnahmen. Im März und April dieses Jahres war sie Vorreiter der Lockerungsmaßnahmen in Europa und sie wurde im Infektionsgeschehen dafür nicht bestraft."

Schule und Skigebiete offen

Milde Maßnahmen wie diese: Die Schulen waren im Frühjahr 2020 nur kurz geschlossen. Hotels konnten geöffnet bleiben, ebenso die Skigebiete. Man musste nie Tests für Einkäufe oder Restaurantbesuche vorlegen, es gab nie eine Ausgangssperre. Aufregerthemen wie Regeln, die sich je nach Infektionszahlen ständig ändern, gibt es nicht: weniger Regeln, weniger Änderungen, obwohl es auch in der Schweiz Demonstrationen von Coronaregel-Gegnern gibt.

Auch in Norwegen waren die Schulen anfangs nur kurz geschlossen. Die Regierung dachte von Anfang an vor allem an Kinder und Jugendliche. Sie spielten auch bei der schrittweisen Öffnung 2021 die erste Geige noch vor der Wirtschaft. Norwegen kam aber auch zugute, dass es ein Flächenland mit ausreichend Platz zum Abstand halten ist: Das 5,4-Millionen-Einwohner-Land ist von der Fläche her etwas größer als Deutschland, hat aber nur ein 15tel der Bevölkerung.

Fehler in zweiter Welle

Die Impfquote ist in Norwegen zumindest bei der Erstimpfung sehr hoch: Mehr als 83 Prozent aller Erwachsenen hatten bis Anfang August mindestens eine Dosis erhalten. In Deutschland waren es gut 60, in der Schweiz etwa 54 Prozent. Bloomberg gibt dem Land zudem einen der Topwerte bei den Reisemöglichkeiten für Geimpfte.

Der Schweiz kreidet Sturm nur einen Fehler an: "Die zweite Welle Ende letzten, Anfang dieses Jahres hat die Schweiz nicht gut gemeistert", sagt er. Sie habe zu spät reagiert, die Geschäfte etwa erst kurz vor Weihnachten geschlossen. Natürlich hätte man bei früherem Schließen Umsätze eingebüßt, aber das hätte Menschenleben gerettet, sagt er.

Lockerungen haben Preis

Die Schweiz hat für die milden Maßnahmen aber einen Preis gezahlt: Sie hat höhere Infektionszahlen, mehr Corona-Patienten auf Intensivstationen und mehr Todesfälle in Kauf genommen. Die Zahl der Todesfälle lag in der ersten Corona-Welle im Frühjahr 2020 pro Million Einwohner rund 60 Prozent höher als in Deutschland, wie Daten des Rundfunks SRF zeigen. In der ersten und der zweiten Welle mussten mehr als doppelt so viele Corona-Infizierte ins Krankenhaus. Die Zahl der Infizierten war praktisch immer höher, teils dramatisch: Der Spitzenwert der zweiten Welle war Anfang November dreimal so hoch.

Zudem kam es nach Angaben der wissenschaftlichen Taskforce zu einer "informellen Triage", es wurde also abgewogen, welcher Patient ein Intensivbett bekam und welcher nicht. "Von einer solchen Situation dürften am Höhepunkt der zweiten Welle ungefähr zwölf Prozent aller Patienten betroffen gewesen sein", schrieb die Taskforce. "Das ist natürlich nicht etwas, auf das man stolz ist", räumt Sturm ein.

Auch heute liegt der Inzidenzwert in der Schweiz mehr als dreimal so hoch wie in Deutschland. Fast dreimal so viele Corona-Patienten wie in Deutschland sind im Krankenhaus. Dank des Impfens sind die Zahlen aber auf so niedrigem Niveau, dass dies kaum einen Unterschied macht, wie Sturm sagt. Sein Fazit: "Aus heutiger Perspektive würde ich sagen: Die Maßnahmen an sich haben gereicht, aber sie hätten in der zweiten Welle eher kommen müssen."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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