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Katholische Kirche: 125 Mitarbeiter outen sich – und riskieren ihre Jobs


Protest gegen Arbeitsrecht
125 Mitarbeiter der katholischen Kirche outen sich

Von dpa
Aktualisiert am 24.01.2022Lesedauer: 3 Min.
Ein Arbeiter hängt in Köln eine Regenbogenfahne auf (Archivbild): Mitarbeiter der katholischen Kirche haben sich jetzt öffentlich als queer bezeichnet.Vergrößern des BildesEin Arbeiter hängt in Köln eine Regenbogenfahne auf (Archivbild): Mitarbeiter der katholischen Kirche haben sich jetzt öffentlich als queer bezeichnet. (Quelle: Oliver Ber/dpa-bilder)
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Sie sind Priester, Referentinnen, in der Verwaltung tätig oder Lehrer: Queere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der katholischen Kirche gehen an die Öffentlichkeit. Damit riskieren sie ihre Jobs.

In einer beispiellosen Aktion haben sich 125 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der katholischen Kirche als queer geoutet und ein Ende ihrer Diskriminierung gefordert. Unter ihnen sind Priester, Gemeinde- und Pastoralreferentinnen, Religionslehrer und Religionslehrerinnen, aber auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus der kirchlichen Verwaltung.

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Als queer bezeichnen sich nicht-heterosexuelle Menschen beziehungsweise Menschen, die sich nicht mit dem traditionellen Rollenbild von Mann und Frau oder anderen gesellschaftlichen Normen rund um Geschlecht und Sexualität identifizieren.

Forderung: Kirchliches Arbeitsrecht soll geändert werden

Sie fordern eine Änderung des kirchlichen Arbeitsrechts, sodass die sexuelle Orientierung und die geschlechtliche Identität künftig kein Kündigungsgrund mehr sind. Außerdem sollen diffamierende Aussagen zu Geschlechtlichkeit und Sexualität aus der kirchlichen Lehre gestrichen werden.

Der Zugang zu den katholischen Sakramenten und zu allen Berufsfeldern der Kirche dürfe ihnen nicht mehr vorenthalten werden. Im vergangenen März hatte der Vatikan noch einmal klargestellt, dass homosexuelle Partnerschaften nicht den Plänen Gottes entsprächen.

Bischofskonferenz begrüßt Aktion

Die Deutsche Bischofskonferenz begrüßte die Initiative in überraschend deutlichen Worten. "Ich möchte das im Namen der Deutschen Bischofskonferenz begrüßen als ein Zeichen dafür, dass wir daran arbeiten, dass ein solches Klima der Angstfreiheit in unserer Kirche herrschen muss und entstehen muss", sagte der Aachener Bischof Helmut Dieser am Rande von Beratungen des Ständigen Rates der Bischofskonferenz in Würzburg. Niemand dürfe wegen seiner sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität diskriminiert, abgewertet oder kriminalisiert werden. "Wir haben ein Menschenbild, das uns sagt, dass die Person unbedingt von Gott geliebt ist."

Pfarrer Bernd Mönkebüscher aus Hamm, der 2021 bereits bundesweite Segnungsgottesdienste für homosexuelle Paare mit initiiert hatte, sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Aktion sei durch das Coming-out – also das Öffentlichmachen der sexuellen Orientierung oder Identität – von 185 Schauspielerinnen und Schauspielern im vergangenen Jahr inspiriert worden. Die damaligen Unterzeichner, unter ihnen Ulrich Matthes und Ulrike Folkerts, hatten kritisiert, dass sich viele nicht offen zu ihrem Queersein bekennen könnten, ohne berufliche Nachteile befürchten zu müssen.

Referentin musste Beziehung zu Freundin verheimlichen

Das gelte für die katholische Kirche natürlich noch in viel stärkerem Maße, sagte Mönkebüscher: "Die Gemeindereferentin, die ihre Freundin heiraten will, verliert ihren Job." Das bestätigt Monika Schmelter (65) aus Lüdinghausen im Münsterland. Sie hat die Beziehung zu ihrer heutigen Frau 40 Jahre verheimlicht, weil sie selbst bei der Caritas arbeitete und ihre Partnerin Religionslehrerin war. Sie hätten beide lange Anfahrtswege zu ihrer Arbeit in Kauf genommen, um nicht entdeckt zu werden, sagte Schmelter der Deutschen Presse-Agentur.

Als es irgendwann doch durchgesickert sei und sie sich ihrem Chef anvertraut habe, sei von dem die Ansage gekommen: "Wenn ich das weiter geheim halte, dann kann ich meinen Job behalten. Aber wenn ich das an meinem Dienstort offen gemacht hätte, hätte das zu meiner Kündigung geführt."

Die Initiative, die nun die Öffentlichkeit gegen solchen Druck vonseiten der Kirche mobilisieren will, trägt den Namen "#OutInChurch. Für eine Kirche ohne Angst". Das Netzwerk ruft alle LGBTIQ+-Personen, die haupt- oder ehrenamtlich für die katholische Kirche tätig sind, dazu auf, sich der Initiative anzuschließen. An die Bischöfe geht der Appell, öffentlich ihre Unterstützung für das Manifest zu erklären. LGBTIQ steht für Lesbisch, Schwul, Bisexuell, Trans, Inter und Queer, das Pluszeichen steht für weitere Identitäten und Geschlechter.

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In dem Manifest heißt es unter anderem, die abwertenden Aussagen der Kirche etwa zu gleichgeschlechtlichen Beziehungen seien im Lichte wissenschaftlicher Erkenntnisse nicht mehr haltbar und hinnehmbar. "Eine solche Diskriminierung ist ein Verrat am Evangelium." Die Kirche müsse vielmehr zum Ausdruck bringen, "dass LGBTIQ+-Personen, ob alleine oder in Beziehung lebend, von Gott gesegnet sind".

Unterstützung von Reformbewegung Maria 2.0

Die Reformbewegung Maria 2.0 solidarisierte sich mit der Initiative. Eine Reform des kirchlichen Arbeitsrechts und eine Revision der kirchlichen Lehre seien "unbedingt notwendig, da die katholische Kirche mit ihrer diskriminierenden Haltung gegenüber queeren Menschen weltweit unverantwortlich im Sinne der Menschenrechte handelt". Die Tatsache, dass man im Jahr 2022 in Deutschland noch Mut brauche, um sich zum Queersein zu bekennen, sei ein Skandal.

Zu der Thematik läuft heute um 22.25 Uhr in der ARD die Dokumentation "Wie Gott uns schuf". Darin treten einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Initiative erstmals vor die Kamera. Sie berichten von einem oft jahrelangen Versteckspiel und der Angst vor dem Outing.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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