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Prozess gegen Prinz Reuß: Polizei kontrolliert wegen Bombendrohung Neonazi-Unterstützerin


Bombendrohung bei Reuß-Prozess
Polizei schnappt sich Unterstützerin aus der Neonazi-Szene


Aktualisiert am 29.05.2024Lesedauer: 4 Min.
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Gefährderansprache: Beim Prozess gegen die Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß wurde wegen einer Bombendrohung eine junge Frau kurzzeitig mitgenommen und durchsucht. Das Bild zeigt sie bei einer Neonazi-Demo.Vergrößern des Bildes
Gefährderansprache: Beim Prozess gegen die Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß wurde wegen einer Bombendrohung eine junge Frau kurzzeitig mitgenommen und durchsucht. Das Bild zeigt sie bei einer Neonazi-Demo. (Quelle: Thomas Herterich)

Bombendrohung beim Prozess gegen die Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß: Wegen dieser Information gab es am Dienstag einen Polizeieinsatz gegen eine Frau aus der Neonazi-Szene.

Wenn Heinrich XIII. Prinz Reuß und die anderen acht Angeklagten zum Terrorprozess den Saal in Frankfurt betreten, dann haben sie kurz vorher bei dem Transport aus den Gefängnissen schwer bewaffnete Spezialkräfte mit Gesichtsmasken gesehen. Im Saal sehen sie Herzchen – hinter einer besonders gesicherten Glasscheibe formen Zuschauerinnen das Symbol mit den Händen. Am Dienstag wurde eine der Herz-Sympathisantinnen von der Polizei weggeführt. Bei dem Prozess um die Umsturz-Pläne gab es einen Zwischenfall mit einer Frau aus der Neonazi-Szene.

Für den Prozess gegen Heinrich XIII. Prinz Reuß und acht weitere Angeklagte ist auf einer Brache eine eigene Halle in Leichtbaumetallweise errichtet worden, umgeben von einem hohen Zaun mit Nato-Draht-Krone, rund um das Gelände im Stadtteil Sossenheim stehen Polizeifahrzeuge und auf dem Gelände und außerhalb sind mehrere Gruppen Polizisten postiert. Es erinnert daran, dass hier ein Prozess gegen eine mutmaßliche terroristische Vereinigung geführt wird.

Gericht bekam Hinweis auf Bombendrohung und sah keine Gefahr

Vor dem Einlass werden die Personalausweise der Besucher kontrolliert, müssen Handys und Taschen einschließen und sich in Containern abgeschirmt von Wachtmeistern einzeln absuchen lassen nach verbotenen Gegenständen. Und dann am Dienstag die Nachricht ans Gericht: Es gebe einen Hinweis auf eine Bombendrohung gegen den Saal. Beim Prozess wurde das erst im Nachhinein bekannt gegeben.

Der Vorsitzende Richter Jürgen Bonk berichtete nach der Mittagspause unaufgeregt: Er habe die Information von einem Prozessbeteiligten erhalten. Die Gefahrensituation sei abgeklärt worden. Eine Beeinträchtigung der Hauptverhandlung sei nicht zu befürchten, die Sicherheit sei gewährleistet.

In dem Zusammenhang steht offenbar eine Polizeimaßnahme in der Mittagspause. Nach Verlassen des Gebäudes scharten sich vier Polizisten um eine junge Frau, forderten sie zum Mitkommen auf. Zuvor müsse sie noch ihre Tasche aus dem Schließfach holen. Sie folgte, ohne Widerstand zu leisten.

Mit "1871"-Anstecker des Deutschen Reichs beim Prozess

Die Frau ist in den vergangenen Wochen als Teilnehmerin auf verschiedenen Demonstrationen aufgefallen und gehört offenbar zum Umfeld der Partei "Die Rechte", in der einige Köpfe von Neonazi-Kameradschaften organisiert sind. Zuletzt hielt sie ein Banner "Ehre wem Ehre gebührt" des "Rechte"-Landesverbands Südwest bei einer Gedenkveranstaltung von Neonazis und Holocaustleugnern an einem ehemaligen Kriegsgefangenenlager im rheinhessischen Bretzenheim.

Fotos zeigen die junge Frau bei Kundgebungen in T-Shirts mit "Heimatschutz" und "88"-Aufdruck. Zum Prozess war die Frau in einem grauen Rock und einem grauen Lodenblazer erschienen, ein schwarz-weiß-roter Anstecker "1871" an der Brust. Die Jahreszahl steht in der Szene für die Reichsverfassung von 1871. Auf die beriefen sich zumindest Teile der Angeklagte bei ihren Plänen, eine neue Regierung unter Prinz Heinrich XIII. Prinz einzusetzen.

Die Frau berichtete einem Anwalt, sie sei wegen ihrer Verbindungen mitgenommen worden und habe eine Gefährderansprache bekommen. Zu t-online sagte sie, die Polizisten hätten sie auf die Bombendrohung angesprochen und sie sei durchsucht worden. "Ich dachte zunächst, ich komme ins Gefängnis." Sie konnte nach der Mittagspause weiter als Zuschauerin am Prozess teilnehmen, trug aber im Saal den Anstecker nicht.

Die Polizei Frankfurt teilte am Mittwoch mit, eine polizeilich bekannte Straftäterin sei aus Gründen der Gefahrenabwehr einer Kontrolle unterzogen worden. Ein Sprecher bestätigte, dass die Frau nach Abschluss der Maßnahmen wieder entlassen wurde und und weiterhin als Zuschauerin am Prozess teilnehmen konnte.*

Freundin des Prinzen erzählte von ihrem Leben

Vor der Pause hatte Vitalia B., Lebensgefährtin des Prinzen und wegen Unterstützung angeklagt, aus ihrem Leben berichtet: Die aus Kaliningrad stammende 40-Jährige präsentierte sich als kulturbegeisterte Frau, die zum besseren Lernen der Sprache nach Deutschland gekommen war, als Au-Pair-Mädchen gearbeitet und dann in Heidelberg ein Studium aufgenommen hatte. Sie erlangte ihren Doktor in Kunstgeschichte mit Magna cum Laude, lebte bei einer kunstbegeisterten Familie und teilte Interessen mit dem Prinzen. Seit 2016 seien sie ein Paar gewesen, 2022 zog sie in sein Jagdschloss Waidmannsheil: "Es war Liebe."

Nach der Pause beklagten die Verteidiger erneut, dass gegen Mitglieder der Gruppe an drei verschiedenen Standorten verhandelt wird. Damit sei ein faires Verfahren nicht möglich. Ralf Dala Fini, Verteidiger des früheren Bundeswehr-Obersts Maximilian Eder, beantragte die Einstellung des Prozesses und kritisierte die Zerstückelung eines einheitlichen Sachverhalts. Er kritisierte besonders, dass bei dem Prozess in Frankfurt nicht gegen den Soldaten Marco van H. verhandelt wird, der eine zentrale Rolle für die in Frankfurt angeklagte Führung gehabt habe und in Stuttgart angeklagt ist. Vor allem, was van H. sage, müssten die anderen Angeklagten für ihre Verteidigungsrechte wissen und darauf direkt reagieren können.

"Ohne Allianz kein Umsturz"

Van H. war von der Gruppe aufgenommen und zum Hoffnungsträger worden, weil er angegeben hatte, schon mit einer "Allianz" unterirdisch für die Befreiung von Kindern gekämpft zu haben und weiterhin Kontakt zur "Allianz" zu haben.

Dahinter vermuteten sie einen Zusammenschluss der "guten Seite", die sehr zeitnah gegen die satanistische Eliten losschlagen sollten. Zumindest in Teilen der Gruppe herrschte der Glaube vor, nach dem Eingreifen der Allianz erst bei Säuberungen und Aufräumen zum Einsatz zu kommen. Strategie vieler Verteidiger ist es, dass die Gruppe nie losgeschlagen hätte, weil es "die Allianz" nicht gibt und die Reuß-Gruppe vergebens auf deren Erstangriff hätte warten müssen. Verteidiger Dala Fini: "Ohne van H. keine Allianz, ohne Allianz kein Umsturz." Über seinen Antrag ist noch nicht entschieden, die Erfolgsaussichten dürften gering sein.

Der Prozess geht am Mittwoch weiter, Polizisten sollen als Zeugen zu den Lebensverhältnissen der Angeklagten aussagen.

*Der Text wurde nachträglich mit den Angaben der Polizei Frankfurt ergänzt.

Verwendete Quellen
  • Teilnahme am Prozess
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