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Mord an Fabian (8): Mark Benecke über die Rätsel von Klein Upahl


Achtjähriger getötet
Fall Fabian – wieso schlugen Hunde ganz woanders an?


Aktualisiert am 18.10.2025Lesedauer: 4 Min.
Mark Benecke äußert sich zum Fall Fabian (Archivbilder): Winzige Kleidungsbestandteile, Blut, Sperma, Hautschuppen oder Haare könnten den Täter übrführen.Vergrößern des Bildes
Mark Benecke äußert sich zum Fall Fabian (Archivbilder): Winzige Kleidungsbestandteile, Blut, Sperma, Hautschuppen oder Haare könnten den Täter überführen. (Quelle: Claus Pütz/Bernd Wüstneck/dpa)
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So viel steht fest: Jemand hat den achtjährigen Fabian aus Güstrow getötet und die Leiche an einem Tümpel abgelegt. Aber: Wer ist der Mörder?

Polizei und Staatsanwaltschaft suchen weiter nach Antworten im Fall Fabian. Einen konkreten Tatverdächtigen haben die Ermittler bisher nicht, wie der Rostocker Staatsanwalt Harald Nowack t-online sagte.

Auf der Suche nach dem Täter sind die Beamten auf Spuren angewiesen. Mit großem Aufwand sind sie daher rund um den Fundort der Kinderleiche aktiv. Am Freitag pumpten sie den Tümpel bei Klein Upahl leer, neben dem der tote Fabian am Dienstagvormittag entdeckt wurde.

Sie zersägten das Gebüsch und benutzten ein Gerät, das wie ein Metalldetektor aussah, um "Bezugsgegenstände zu der Tat" zu finden. Was genau sie damit meinten, etwa eine Waffe oder Ähnliches, wollten sie "aus ermittlungstaktischen Gründen" nicht offenbaren.

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Was hat es mit den mutmaßlichen Brandspuren am Tatort auf sich?

Derweil lassen einige Details, über die bisher berichtet wurde, aufhorchen. Etwa hatten sowohl der Radiosender Ostseewelle als auch die Zeitung "Nordkurier" gemeldet, die Kinderleiche habe Brandspuren aufgewiesen. Die "Bild"-Zeitung veröffentlichte Fotos vom Fundort, auf denen schwarze und graue Rückstände auf dem Boden zu sehen sind. Es könnten Ruß und Asche sein, während Pflanzenhalme wie verbrannt wirken. Die Staatsanwaltschaft äußerte sich bisher nicht zu der Frage, ob jemand versucht hat, Fabians Leiche anzuzünden. Auch hier lautete das Argument: "Aus ermittlungstaktischen Gründen" würden die Ermittler derzeit keinerlei Fragen zur Auffindesituation beantworten.

t-online hat beim Kriminalbiologen Mark Benecke nachgefragt: Welche Rückschlüsse erlauben die Bilder vom Fundort?

Der Forensiker ist vorsichtig. "Es gibt auch Chemikalien, die solche Spuren erzeugen", teilt er mit. Dass es an der Stelle gebrannt habe, sei durchaus möglich. Aber: Ohne dass ein ausgewiesener Experte die Spuren vor Ort genau analysiert habe, sei eine sichere Aussage nicht zu treffen.

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In jedem Fall könnten Rückstände am Fundort wichtige Bausteine auf der Suche nach dem Täter sein. "Bei Bränden lässt sich oft noch ermitteln, welcher Stoff zur Entzündung und zum Erhalt des Brandes verwendet wurde", betont Benecke. "Das kann Rückschlüsse auf Kauf oder Lagerung erlauben."

Für den Brandfall läge ein Motiv nahe

Sollte jemand versucht haben, Fabian zu verbrennen, liegt für den Experten das Motiv dafür auf der Hand: "Ich kenne nur Fälle, in denen es um Vertuschung ging", sagt er. Grenzenloser Hass oder der Wunsch, eine andere Person möglichst vollständig zu vernichten, seien hingegen unwahrscheinlich. Benecke: "Wenn Menschen hassen, dann löschen sie meist lieber persönlich und direkt aus, also durch viele Schläge, Stiche und so weiter."

Video | DNA-Analyse bestätigt: totes Kind bei Güstrow ist Fabian
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Quelle: dpa

Ob es dem Täter gelungen sein könnte, mit einem möglichen Feuer alle Hinweise auf ihn zu vernichten, ist indes fraglich. Benecke erklärt: Winzigste Kleidungsbestandteile, Blut, Sperma, Hautschuppen oder Haare können genügen, um den Täter zu verraten. Auch etwa an Pflanzen in der Nähe könne Erbgut anderer Personen festgestellt werden. "Und es gibt auch immer mal wieder Überraschungen, beispielsweise Lacksplitter, Glasstückchen oder Ähnliches, etwa nach einem Verkehrsunfall oder einem absichtlichen Umfahren."

Das Rätsel um die Leichenspürhunde

Eine weitere ungeklärte Frage in dem Fall lautet: Wieso meldeten sich bei der Suche nach Fabian an völlig anderer Stelle Leichenspürhunde?

Am Montagabend hatten vier Hunde unabhängig voneinander am Inselsee angeschlagen. Der See liegt am Stadtrand von Güstrow – und ist etwa zehn Minuten mit dem Auto vom Fundort der Leiche entfernt.

Ermittlungstaktische Gründe

Wenn sich Behörden aus "ermittlungstaktischen Gründen" nicht zu Details einer Straftat äußern, spielt meist das sogenannte Täterwissen eine Rolle. Der Begriff bezeichnet Informationen über die Tat, die nur dem tatsächlichen Täter oder sehr engen Mitwissern bekannt sein können. Spricht ein Verdächtiger über solche öffentlich unbekannten Details im Verhör, kann ihn dies überführen. Die Polizei ist daher darauf bedacht, dass während der laufenden Ermittlungen nicht zu viele Einzelheiten einer Straftat publik werden.

Am Dienstagvormittag starteten Taucher im Inselsee um 10 Uhr ihre Suche, brachen diese aber ab, als wenig später die Leiche bei Klein Upahl entdeckt wurde.

War dieser Abbruch möglicherweise verfrüht? Kann es sein, dass jemand den achtjährigen Fabian am Inselsee getötet und dann nach Klein Upahl gebracht hat? Oder hat der Mörder das tote Kind vielleicht sogar zuerst am Inselsee abgelegt – und erst nach Klein Upahl gebracht, als bekannt wurde, dass am Inselsee gesucht werden soll?

Leichenspürhunde und ihre Führer irren sich oft

"Grundsätzlich sind Hunde supergut und können viel besser als Menschen Gerüche wahrnehmen", sagt Benecke dazu. Dennoch müsse in Betracht gezogen werden, dass sie sich ganz einfach getäuscht haben.

Der Experte für biologische Spuren verweist auf eine Studie von Forschern der Universität von Tennessee. Diese haben auf ihrer "Body Farm", einem Gelände für wissenschaftliche Studien über Verwesungsprozesse, die Zuverlässigkeit von Leichenspürhunden und ihren Hundeführern getestet.

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Die im Februar vorgestellten, aber bisher noch nicht schriftlich veröffentlichten Ergebnisse sind laut Benecke ernüchternd. Demnach hatten die Forscher 105 Dosen mit darin enthaltenem Leichengeruch platziert. Die Hunde und ihre Führer hätten jedoch nur 30 dieser Dosen identifiziert.

Umgekehrt schlugen die Hunde häufig an, auch wenn gar kein menschlicher Leichengeruch vorhanden war: In 217 Fällen hätten die Teams Dosen ohne Leichengeruch herausgepickt. Benecke bezeichnet das als "Riesenproblem". "Die Hunde haben ganz klar geschaut, wie sich ihre Führerinnen und Führer verhalten und haben entsprechend angezeigt", erklärt er.

Oft hätten die Hunde in der Studie zum Beispiel angeschlagen, wenn ihr Mensch an einer Ecke umgekehrt sei: "Sie haben also gedacht, jetzt ändert sich die Richtung, vielleicht möchte mein Führer oder meine Führerin mir etwas sagen." Das Phänomen sei als sogenannter "Kanteneffekt" bekannt.

Bei der Suche am Inselsee komme erschwerend hinzu: Im Uferbereich könnten verwesende Tiere liegen, aber auch eigentümlich verfaulende Pflanzen. Es sei daher fraglich, ob die in Güstrow eingesetzten Hunde tatsächlich menschlichen Leichengeruch wahrgenommen haben – oder aus ganz anderen Gründen anschlugen.

Verwendete Quellen
  • Anfrage an Mark Benecke
  • Weitere Recherchen
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