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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Extremste Temperaturrekorde der Erde Der Schock von Spearfish ist unerreicht

41,2 Grad in NRW – ein deutscher Rekord. Doch im weltweiten Maßstab wirkt dieser Wert allenfalls moderat.
Einen nationalen Hitzerekord verzeichnete Deutschland am 25. Juli 2019. An den Messstationen des Deutschen Wetterdienstes in Duisburg-Baerl und Tönisvorst (Nordrhein-Westfalen) wurden jeweils 41,2 Grad Celsius registriert. Am selben Tag überschritten mehr als zehn weitere Messstationen den damaligen Höchstwert von 40,3 Grad, der 2015 im bayerischen Kitzingen erreicht worden war.
Im globalen Vergleich erscheint der deutsche Rekordwert aber fast mild. Der historische Höchstwert wurde 1913 gemessen. Damals wurden im kalifornischen Death Valley 56,7 Grad Celsius registriert. Das Thermometer zeigte diesen Wert am 10. Juli in Furnace Creek im Zentrum des Tals an. Die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) bestätigte die Messung vor einigen Jahren offiziell und beendete damit eine lange Debatte.
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Messung von 58 Grad in Libyen nicht anerkannt
Denn lange galt ein anderer Ort als heißester Punkt der Erde: El Azizia in Libyen. Dort sollen am 13. September 1922 sogar 58 Grad Celsius gemessen worden sein. Nach einer späteren Überprüfung kamen Experten jedoch zu dem Schluss, dass die Voraussetzungen vor Ort und die damalige Messmethode nicht ausreichten, um diesen Rekord zu belegen. Die WMO erkannte den Wert daher nicht an.
Auch Satellitendaten liefern bemerkenswerte Höchstwerte – zählen aber nicht zur offiziellen Statistik. In der Wüste Lut im Iran registrierten Messinstrumente etwa Oberflächentemperaturen von 70,7 Grad Celsius. Solche Werte gelten jedoch als nicht vergleichbar, da amtliche Wetterdaten standardisiert in zwei Metern Höhe über dem Boden gemessen werden müssen.
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Europäischer Hitzerekord
Kontinentaleuropa hat jedoch einen eigenen Hitzerekord: Am 11. August 2021 wurden im italienischen Syrakus auf Sizilien 48,8 Grad Celsius gemessen. Die Daten stammen von einer automatisierten Wetterstation und wurden von einem internationalen Expertengremium geprüft. Die Ergebnisse wurden im "International Journal of Climatology" veröffentlicht.
Zuvor galt ein Wert von 48,0 Grad Celsius als höchste offiziell gemeldete Temperatur auf dem europäischen Festland. Dieser wurde am 10. Juli 1977 in Athen und Elefsina in Griechenland erreicht. Anders als beim aktuellen Fall hatte es damals jedoch keine unabhängige Prüfung durch die WMO gegeben.
Da die WMO-Region Europa auch Teile Asiens – etwa Israel, die Türkei und Syrien – sowie Grönland umfasst, werden Temperaturrekorde sowohl für das gesamte Gebiet als auch für das kontinentale Europa separat geführt.
"Diese Extremwerte sind Momentaufnahmen unseres aktuellen Klimas", erklärte Randall Cerveny, WMO-Berichterstatter für Klima- und Wetterextreme. Es sei wahrscheinlich, dass künftig noch höhere Werte gemessen würden. In solchen Fällen werde die WMO erneut Expertenteams einsetzen, um die Messdaten zu prüfen.
Neuer Kälterekord auf der Nordhalbkugel
Grönland kann hingegen mit dem Kälterekord der Nordhalbkugel aufwarten. Die WMO hat hier eine Temperatur von minus 69,6 Grad Celsius als Rekord anerkannt. Der Wert wurde am 22. Dezember 1991 an einer automatisierten Wetterstation erfasst – blieb jedoch fast drei Jahrzehnte lang unentdeckt. Erst "Klimadetektive" des WMO-Archivs für Wetter- und Klimaextreme stießen später auf die Messung.
Damit unterbietet der Wert noch die bisherigen Rekordtemperaturen von minus 67,8 Grad Celsius, die in den russischen Orten Werchojansk (1892) und Oimjakon (1933) registriert wurden.
Der weltweit tiefste Temperaturwert stammt allerdings weiterhin aus der Antarktis: Am 21. Juli 1983 zeigte das Thermometer an der hochgelegenen Wetterstation Wostok minus 89,2 Grad Celsius.
Hitzerekord in Sibirien
Die russische Wetterstation in Werchojansk, die lange als kältester Ort der Nordhalbkugel galt, geriet 2020 in die Schlagzeilen – allerdings wegen Hitze. Am 20. Juni wurden dort 38 Grad Celsius gemessen, während einer anhaltenden Hitzewelle in Sibirien. Die Messung wurde von der WMO als neuer Hitzerekord nördlich des Polarkreises anerkannt.
Im Sommer 2020 lagen die Durchschnittstemperaturen in der Region bis zu zehn Grad über dem langjährigen Mittel. Die Folge: großflächige Brände, massiver Verlust von Meereis – und ein entscheidender Beitrag dazu, dass das Jahr 2020 zu den drei wärmsten Jahren seit Beginn der Aufzeichnungen zählt.
Der Rekord von Spearfish
Aber auch anderswo auf dem Planeten werden radikale Temperatursprünge verzeichnet: Am 22. Januar 1943 erlebte die Kleinstadt Spearfish im US-Bundesstaat South Dakota einen bis heute einmaligen Wetterumschwung: Innerhalb von nur zwei Minuten stieg die Temperatur dort von minus 20 auf plus 7,2 Grad Celsius – ein Anstieg um 27 Grad. Ausgelöst wurde das Phänomen durch einen Chinook, einen warmen Fallwind, vergleichbar mit dem Föhn in den Alpen.
Der Effekt hielt nicht lange an. Bis 9 Uhr morgens kletterte die Temperatur noch weiter auf 12,2 Grad, bevor der Wind abrupt nachließ. In nur 27 Minuten fiel die Temperatur daraufhin wieder auf das ursprüngliche Niveau – ein Rückgang um 32 Grad. Bis heute gilt Spearfish als Ort mit dem weltweit schnellsten dokumentierten Temperaturanstieg.
- wmo.int: "WMO Confirms Verification of New Continental European Temperature Record" (Englisch)
- wmo.int: "WMO verifies 69.6°C Greenland temperature as northern hemisphere record" (Englisch)
- wmo.int: ["WMO recognizes new Arctic temperature record of 38.0°C"](https://wmo.int/media/news/wmo-recognizes-new-arctic-temperature-record-of-380c#:~:text=GENEVA%2C%2014%20December%202021%20(WMO,World%20Meteorological%20Organization%20(WMO)) (Englisch)
- statista.com: "Höchsttemperaturen in ausgewählten Orten Deutschlands"
- weather.gov: "Black Hills Cold Blast: January 19-22, 1943" (Englisch)
- weather.gov: "The Remarkable Temperature Fluctuations in the Black Hills Region, January 1943" (Englisch)