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Ukraine-Krieg: Russlands "Super-Panzer" T-14 Armata – eine "Luftnummer"?


"Putins 'Super-Panzer' könnte eine Luftnummer sein"

Von Marc von Lüpke

Aktualisiert am 02.02.2023Lesedauer: 4 Min.
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Russischer T-14 Armata (Archivbild): Der gefürchtete russische Kampfpanzer könnte eine Luftnummer sein, so Experte Ralf Raths.Vergrößern des Bildes
Russischer T-14 Armata (Archivbild): Der gefürchtete russische Kampfpanzer könnte eine Luftnummer sein, so Experte Ralf Raths. (Quelle: Sergei Bobylev/imago-images-bilder)

Deutschland liefert der Ukraine den Kampfpanzer Leopard 2. Experte Ralf Raths erklärt die Bedeutung – und warum Russlands Panzer T-14 Armata möglicherweise weniger bedrohlich ist.

Lange hatte die Ukraine westliche Kampfpanzer gefordert, nun erhält sie den deutschen Leopard 2. Der ist allerdings bislang in noch keinem derartigen Konflikt wie dem Krieg Russlands gegen die Ukraine eingesetzt worden. Ralf Raths, Historiker und Leiter des Deutschen Panzermuseums, erklärt, wie der Leopard 2 der Ukraine helfen kann – und wo seine Grenzen liegen.

t-online: Herr Raths, die Ukraine wird demnächst Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 aus deutscher Herstellung erhalten. Kann der Leopard 2 die hohen Erwartungen erfüllen?

Ralf Raths: Es gibt keinen Panzer, der unzerstörbar ist. Das weiß niemand besser als die Besatzungen von Kampfpanzern, denn genau darin besteht ihre Aufgabe im Kriegsfall: Gegnerische Panzer ausschalten. Der Leopard 2 aus Deutschland, der amerikanische M1 Abrams oder auch jedes andere Modell auf der Welt – jeder Panzer kann vernichtet werden.

Was wiederum bedeutet, dass Verluste unausweichlich sind.

Richtig. Eine Tatsache ist jedem Kommandeur einer Panzereinheit vor dem Gefecht bewusst: Nach dem Angriff wird die Einheit kleiner sein als zuvor. Die Verluste können zehn Prozent betragen, sie können sich aber auch auf 60 Prozent belaufen. Die primäre Aufgabe eines Kampfpanzers ist klar: Gegnerische Kampfpanzer möglichst schnell und effizient ausschalten. Dieses Prinzip gilt für beide Seiten.

Ralf Raths, Jahrgang 1977, ist seit 2013 Direktor des Deutschen Panzermuseums im niedersächsischen Munster. Auf dem YouTube-Kanal @Das Panzermuseum informiert der Historiker regelmäßig über Aspekte der Militärgeschichte.

Warum ist ausgerechnet der deutsche Leopard 2 von der Ukraine derart vehement gefordert worden?

Bei der Forderung nach dem Leopard 2 standen sicher auch politische Erwägungen im Raum. Denn neben dem Leopard 2 gibt es außer dem nun ebenfalls zukünftig an die Ukraine gelieferten M1 Abrams auch noch zum Beispiel den Leclerc aus Frankreich oder den K 2 aus Südkorea – alle diese Modelle bilden gewissermaßen eine Generation von Kampfpanzern, sie sind sich auch ziemlich ähnlich. Aus Sicht des ukrainischen Militärs ist deswegen das Modell zunächst nicht entscheidend: Es ging vielmehr generell darum, dass die Ukraine moderne westliche Kampfpanzer erhält.

Nun sind selbst schwere Kampfpanzer anfällig – nicht nur im Gefecht gegen andere Kampfpanzer. Wie wird die Ukraine die westlichen Modelle einsetzen?

Die Kampfpanzer sind tatsächlich zunächst ein großer Vorteil auf dem Schlachtfeld: mobil, schlagkräftig und gut gepanzert. Allerdings haben sie auch verschiedene Schwächen. So machen die Drohnenangriffe in der Ukraine beispielsweise deutlich: Sie sind sehr anfällig für Angriffe aus der Luft.

Was eine effiziente Flugabwehr nötig macht.

Dies passt sich haargenau ein in das sogenannte Konzept des Gefechts der verbundenen Waffen. Konkret bedeutet es, dass keine Waffengattung für sich allein kämpft. Der Kampfpanzer braucht sowohl Flugabwehr als auch die Unterstützung durch Schützenpanzer. Deren Infanteristen schützen die Kampfpanzer im Gelände. Man könnte es auch mit einem Orchester vergleichen, nur dass wir nicht über Geiger und Trompeter, sondern über Leoparden und Geparden sprechen.

Nur wenn alle gemeinsam "spielen", ist ein Erfolg möglich.

Genau. Die ukrainischen Streitkräfte müssen eine mobile, moderne Gefechtsführung durchführen, um gegen die russische Artillerie und den zahlenmäßig stärkeren Gegner anzukommen. Und Kampfpanzer wie der Leopard 2 sind eben die Waffe mit der höchsten Stoßkraft. Sie sind nach der Lieferung anderer Waffensysteme wie dem Flugabwehrpanzer Gepard nun der Schlussstein in einem Rundbogen. Richtig eingesetzt, kann der Leopard 2 eine Menge ausrichten. Dafür braucht man allerdings eine bestimmte Masse an Panzern.

Nun ist der Leopard 2 noch nie in einem "richtigen" Krieg eingesetzt worden, drei Exemplare vom Typ 2A4 verlor die Türkei 2016 in Syrien allerdings im Kampf gegen die Terrororganisation "Islamischer Staat". Wird er seinem Ruf als womöglich bester Kampfpanzer der Welt gerecht werden?

Der Leopard 2 war noch nie an einem hochintensiven Gefecht beteiligt, ja. Allerdings ist er schon seit so vielen Jahrzehnten auf allen möglichen Übungsplätzen unterwegs, dass sich seine Leistung sehr gut einschätzen lässt. Alles Weitere wird die Zukunft zeigen.

Mit dem T-14 Armata will Russland über eine Art "Super-Panzer" verfügen.

Der Armata ist bislang nur vor den Fernsehkameras hin und her gerollt. Deswegen kann auch niemand im Westen etwas Genaueres über ihn sagen. Wenn wir nun aber den Umstand betrachten, wie sich alle Welt über den wahren Zustand der russischen Armee getäuscht hat, ist so gut wie nichts unmöglich. Wladimir Putins "Super-Panzer" könnte eine Luftnummer sein.

Auch die Erinnerung an den deutschen Überfall auf die Sowjetunion 1941 spielte beim Zögern der Bundesregierung in Hinsicht auf die Lieferung von schweren Waffen an die Ukraine eine Rolle. Wenn uns nun Bilder von deutschen Leopard 2 von den Schlachtfeldern erreichen: Wäre ein Stimmungsumschwung in Deutschland denkbar?

Das halte ich für unwahrscheinlich. Der Leopard 2 ist zwar ein deutsches Industrieprodukt, aber nur sehr bedingt Teil einer kollektiven Identität. Dass vernichtete Maschinen einen ähnlichen Umschwung auslösen, wie die eintreffenden Särge aus dem Vietnamkrieg es damals in den USA getan haben, sehe ich nicht.

Herr Raths, vielen Dank für das Gespräch.

Verwendete Quellen
  • Persönliches Gespräch mit Ralf Raths via Telefon
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