"Zerstört die Flotte!" Drei Schiffe verschwanden im Gardasee

Seit 500 Jahren liegt das Wrack eines Kriegsschiffs auf dem Boden des Gardasees. Jetzt beginnt eine neue Mission – mit dem Ziel, das Wrack zu sichern und seine Geschichte zu erzählen.
"Zerstört die Flotte! Keines der glorreichen Schiffe von San Marco darf in feindliche Hände fallen." Diesen Befehl erteilte der Senat von Venedig Anfang Juni 1509. In Lazise, einer kleinen venezianischen Festung am Ufer des Gardasees, erreichte dieser den dort stationierten Kapitän.
Es war eine Antwort auf eine Bitte um Hilfe. Nur wenige Tage zuvor hatte derselbe Kapitän den Senat der Republik Serenissima gefragt, wie er sich angesichts des Vormarschs französischer Truppen verhalten solle. Nun kam die Antwort.
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Die politische Lage war schwierig. Im Jahr zuvor, 1508, hatte sich eine Koalition europäischer Mächte gegen Venedig formiert: die Liga von Cambrai, geschmiedet unter der Führung von Papst Julius II.
Venedig war dem Papst ein Dorn im Auge: zu mächtig, zu unabhängig von Rom. Den Dogen von Venedig bezeichnete er gar als den "Teufel persönlich".
Galeere wurde in Brand gesteckt und im Gardasee versenkt
Im Mai 1509 erlitten die venezianischen Truppen eine vernichtende Niederlage. Der Weg in die "Domini di Terraferma" war für die französischen Truppen frei. Stadt um Stadt fiel – Salò, Lonato, Riva, Torbole. Der einst stolze Einfluss der Serenissima am See schwand zusehends.
In Lazise blieb nur eine schwache Präsenz: ein kleines Zollhaus, ein Arsenal – und drei Schiffe zur Patrouille des Gardasees, eine Galeere und zwei Fustas, kleinere, schnelle Ruderboote. Doch die Lage war aussichtslos. Der Feind war zu nah, der Rückzug unausweichlich. Der Kapitän in Lazise handelte.
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Schweren Herzens ließ er die Galeere und eine der Fustas bis auf wenige Hundert Meter an den Hafen von Lazise heranbringen. Dort wurden die Schiffe in Brand gesteckt – und anschließend versenkt. Nur so konnten sie dem Zugriff des Feindes entzogen werden. Der Kapitän selbst floh über Garda, schlug sich zu Pferd nach Verona durch – und erreichte schließlich Venedig. Die Schiffe blieben am Grund des Gardasees.
Einzigartiges Überbleibsel militärischer Schiffbaukunst
Mehr als 500 Jahre später startete nun eine neue archäologische Kampagne zum Schutz und Erhalt eines der Wracks, das 1962 entdeckt wurde. Der Archäologe Massimo Capulli, Teil des Forschungsteams, erläuterte laut italisnischen Medien: "Das Wrack liegt in einer Tiefe zwischen 24 und 27 Metern auf einem schlammigen Seeboden, rund 500 Meter vom Hafen Lazise entfernt. Der Rumpf ist knapp 30 Meter lang und bis zu 3,5 Meter breit – gut erhalten trotz der Jahrhunderte."
Auch wenn der Untergang der drei Schiffe im Gardasee historisch kein besonders bedeutendes Ereignis darstellt, ist der Fund für die Schiffsarchäologie laut Capulli außergewöhnlich. Das gelte insbesondere, weil die kalten, dunklen und schlammigen Bedingungen im Gardasee die biologische Zersetzung stark verlangsamt hätten, führte der Archäologe aus.
Ziel der aktuellen Kampagne ist zunächst eine exakte Beurteilung des Erhaltungszustands des Galeerenwracks. In einer zweiten Phase sollen die Überreste des Kriegsschiffs teilweise freigelegt, gereinigt und konserviert werden. Damit wird die Grundlage geschaffen für mögliche zukünftige Schritte – bis hin zu einer denkbaren Bergung.
- bresciaoggi.it: "Esperti archeologi alla scoperta dei segreti del relitto navale più antico del lago di Garda" (Italienisch)
- ilgiornaledellarte.com: "Nel Lago di Garda si tutela una galea cinquecentesca veneziana autoaffondata" (Italienisch)
- win.argovenezia.it: "Stazione meteo Galea Lazise" (Italienisch)