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Erste Friedensschritte für Gaza: Warum man Trump Tribut zollen sollte


Tagesanbruch
Heute sollte man Trump Tribut zollen

  • Annika Leister
MeinungVon Annika Leister

Aktualisiert am 13.10.2025Lesedauer: 7 Min.
urn:newsml:dpa.com:20090101:251011-935-886456Vergrößern des Bildes
US-Präsident Donald Trump: Großer Schritt auf dem schwierigsten diplomatischen Parkett. (Quelle: Alex Brandon)
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Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser,

es ist ein wackliger, doch gewaltiger Schritt: An diesem Montag soll die Grundlage für einen Waffenstillstand in Nahost gelegt werden. Die Hamas hat am Morgen mit der Übergabe der wohl 20 noch lebenden israelischen Geiseln begonnen, die sie seit dem 7. Oktober 2023 in ihrer Gewalt hat – dieses Mal ohne Propaganda, ohne das unerträgliche Siegesgeheul der Terroristen. Im Gegenzug soll Israel 2.000 Palästinenser freilassen – darunter rund 200, die wegen schwerer Straftaten wie Terroranschlägen verurteilt wurden.

Es ist der Start eines sogenannten Friedensplans, dem noch viele Stufen folgen sollen. Von anhaltendem Frieden allerdings wagt man in der Region noch lange nicht zu träumen. Die Hamas hat am Samstag schon ihre Entwaffnung und damit eine weitere Phase des Plans abgelehnt. Die Anspannung ist maximal, der alte Konflikt ungelöst, das Misstrauen auf beiden Seiten groß. Doch das so wichtige Ziel könnte am Montag erst einmal erreicht werden: Die Waffen schweigen.

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Zu verdanken ist diese Entwicklung vor allem Donald Trump. Der US-Präsident hat sein Gewicht als Hegemon in die Waagschale geworfen, seinen engen Verbündeten Benjamin Netanjahu erheblich unter Druck gesetzt und wichtigen Unterstützern der Hamas Vertrauen in das Abkommen geschenkt. Das deutlichste Zeichen, das Trump setzte, war ein Telefonat von Netanjahu mit Katar vor rund zwei Wochen – in Trumps Beisein, vor Fotografen, aus dem Oval Office heraus.

In dem Gespräch entschuldigte Netanjahu sich für Israels Luftangriff auf Katars Hauptstadt Doha. Der sollte nach israelischen Angaben Führern der Hamas gelten, steckte aber beinahe das ganze Pulverfass Nahost in Brand. Es war der Punkt, an dem Trump, der enge Geschäftsbeziehungen nach Katar pflegt, ganz offensichtlich der Geduldsfaden riss.

"Thank you, Trump", jubelten am Samstagabend Israelis auf einer großen Kundgebung in Tel Aviv. Zu Recht: Hält der Frieden in der Region, würde Trump seinem selbsterklärten Ziel, Friedenspräsident zu sein, gerecht werden. Schon jetzt sind die Schritte, die auf dem schwierigsten aller diplomatischen Parketts gegangen werden, eine Sensation. Das macht Trump nicht zum Helden, seine Motivation nicht frei von persönlichen Interessen, seine sonstigen ständigen außenpolitischen Wendemanöver und seinen Raubbau an der US-Demokratie kein Stück besser. Aber man kann hier ehrlich Tribut zollen: Keiner hat es bisher so weit gebracht.

Buhrufe in Tel Aviv hingegen kassierte Israels Premier Netanjahu. Er steht bei den eigenen Bürgern unter Verdacht, vorangegangene Verhandlungen zur Freilassung der Geiseln torpediert zu haben. Das Misstrauen der Bevölkerung sitzt tief, Netanjahus Regierung hat zudem im Parlament keine eigene Mehrheit mehr, die Opposition fordert schon lange Neuwahlen. Der Krieg hat seiner Regierung noch Stabilität verliehen. Wie es im Frieden mit ihr weitergeht, wird sich zeigen müssen.

Noch sehr viel unklarer ist Gazas Zukunft. Die palästinensischen Gebiete liegen zertrümmert da, die meisten Orte sind nur noch Schutt und Asche. Ab heute sollen endlich wieder Hilfskonvois in größerem Umfang einfahren dürfen, um den grassierenden Hunger in der Bevölkerung zu stillen. Der weitere Aufbau aber wird langwierig, aufwendig und teuer.

Bundeskanzler Friedrich Merz hat bereits versprochen, dass die Bundesrepublik einspringt. 29 Millionen Euro sollen als sofortige humanitäre Hilfe fließen. Außerdem will Merz die Aussetzung der Militärhilfen für Israel überprüfen. Hastige Versprechen, die sich noch rächen könnten. Denn ob sich dem deutschen Wähler ihr Sinn in Zeiten klammer Kassen erschließt, ist fraglich.

Schließlich pochen Deutschland wie die EU darauf, dass nach einem möglichen Frieden im Ukraine-Krieg Russland den Aufbau finanzieren soll. Die Forderung folgt einer unbestechlichen Logik: Wer wegbombt, der soll auch wieder aufbauen. Warum soll nun im Fall von Israel plötzlich anderes gelten?

Zuerst bleibt jedoch nur eines: Hoffen und Bangen, dass heute alles glatt über die Bühne geht. Trump wird zunächst in Israel sein, soll dort freigelassene Geiseln treffen und im Parlament eine Rede halten. Danach geht es nach Ägypten, wo er mit 20 anderen Staats- und Regierungschefs – darunter Friedrich Merz – an einer offiziellen Zeremonie zur Unterzeichnung des Waffenruhe-Abkommens teilnehmen soll. Es könnte der bedeutendste Tag in Trumps Karriere werden. Viel wichtiger aber: hoffentlich auch der erste hin zu einem stabilen Frieden.


Spionageskandal in der AfD weitet sich aus

Ein Problem mit einer zu großen Nähe zu Russland hat die AfD ohnehin schon. Während russische Bomben Zivilisten in der Ukraine zerfetzten, schmückten AfD-Abgeordnete russische Wirtschaftsgipfel, traten Honorarprofessuren an russischen Hochschulen an und verkehrten derart eng mit Vertrauten des Kremls, dass gegen einen von ihnen aktuell wegen des Verdachts der Bestechlichkeit und der Annahme russischer Zahlungen ermittelt wird.

Nun scheint sich zum Russland-Problem noch ein veritables China-Problem zu gesellen. Denn eine aktuelle Recherche von t-online, die Sie hier lesen können, zeigt: Der AfD-Bundestagsabgeordnete Jan Wenzel Schmidt reiste im November 2023 nach China und besuchte dort eine Diamantenfabrik. Bemerkenswert ist daran nicht nur, dass ein sehr enger Bekannter, mit dem Schmidt einen Wohnsitz teilt, kurz zuvor Diamanten-Unternehmen in Deutschland gründete. Sondern vor allem, dass an Schmidts Seite der Deutsch-Chinese Jian Guo reiste. Guo arbeitete zu der Zeit im Brüsseler Abgeordnetenbüro des ohnehin ständig in Skandale verwickelten AfD-Politikers Maximilian Krah. Kollegen galt er da schon als auffällig. Medien, darunter t-online, hatten bereits über Guos auffällige Verbindungen und Geschäftsbeziehungen berichtet.

Vor zwei Wochen dann wurde Guo schuldig gesprochen: Die Richter sahen einen besonders schweren Fall von Spionage – und quittierten ihn mit vier Jahren und neun Monaten Haft. Aufgearbeitet hat die AfD den Skandal allerdings nie. Wie die neue Recherche von t-online zeigt, könnte das einen einfachen Grund haben: Wesentlich mehr als bisher bekannt zog Guo offenbar in der AfD Fäden. Und das nicht nur in Brüssel, sondern auch in der deutschen Hauptstadt.


Ohren- und Augenschmaus: Tanzen mit Diane Keaton

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Diane Keaton ist tot, im Alter von 79 Jahren ist die Hollywood-Legende am Samstag gestorben. Mit Charme, Witz und eigenem Kopf brach sie mit vielen Klischees: Bis ins hohe Alter blieb sie erfolgreich und revolutionierte so das Bild von Frauen über 40 auf der Leinwand. Auf roten Teppichen lief sie nicht als Sexsymbol auf, sondern im Anzug, mit Hut und Sonnenbrille. Von Al Pacino bis Meryl Streep wurde sie von ihren Kollegen geliebt. Streep bezeichnete Keaton als "die vielleicht am meisten bekleidete und zugleich transparenteste Frau": eine, die ihr Herz und ihren Charakter zeigt und in jede ihrer Arbeiten einfließen lässt.

Wem die Zeit nicht bleibt, um Keatons Klassiker zu sehen, dem sei zumindest die Szene aus dem "Club der Teufelinnen" empfohlen, die gerade viral geht. Gemeinsam mit Goldie Hawn und Bette Midler tanzt Keaton da einen Freudentanz, nachdem die drei sich an ihren untreuen Ehemännern gerächt und sich von ihnen losgesagt haben. Und das zu einem Motto, das auch über Keatons Leben stehen könnte: "I'm free, and I love to be free" ("Ich bin frei – und ich liebe es, frei zu sein"). Die pure Lebenslust und gute Laune finden Sie hier – abspeichern als Aufheiterung für triste Tage!


Was steht an?

Neues Kapitel in Frankreichs Haushaltskrimi: Erst warf Sébastien Lecornu hin, nach fünf Tagen kam er zurück ins Amt. Bis heute Abend soll der alte und neue Premierminister Frankreichs nun einen ersten Etatentwurf in die Nationalversammlung einbringen. Frankreich steckt in einer tiefen politischen Krise, gestritten wird über Sparpläne und die Rentenreform.


Nato-Übung über der Nordsee: Die Nato startet ihr jährliches Manöver zur Verteidigung des Bündnisgebiets mit Atomwaffen. An der Übung "Steadfast Noon" sind Streitkräfte aus Deutschland und 13 weiteren Bündnisstaaten beteiligt. Schauplatz ist in diesem Jahr insbesondere der Luftraum über der Nordsee.


Neue Zahlen zu Chinas Export: Heute werden Zahlen zu Chinas Exportwachstum erwartet. Es dürfte im September an Fahrt gewonnen haben. China versucht angesichts der Zollhürden in den USA in anderen Absatzmärkten stärker Fuß zu fassen.


Der nächste Nobelpreis: Die Königlich Schwedische Akademie der Wissenschaften gibt am Montag den Gewinner des Wirtschaftsnobelpreises bekannt. Im vorigen Jahr ging er an drei in den USA tätige Forscher für Studien darüber, wie Institutionen entstehen und sich auf den Wohlstand auswirken.


Nachrichtendienste im Bundestag: Die Präsidenten der Nachrichtendienste werden durch das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestags befragt. Das passiert einmal pro Jahr und findet dort statt, wo die Arbeit der Nachrichtendienste sonst nie spielt: in der Öffentlichkeit.


Lesetipps

Es läuft gerade nicht für Friedrich Merz in den Umfragen. Woran liegt das und wie kann es besser werden? Meine Kollegen Christoph Schwennicke und Johannes Bebermeier im Gespräch mit einem, der es wissen könnte: Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther.


Die Masern sind in Deutschland längst nicht besiegt. Immer wieder kommt es zu Ausbrüchen, auch mit Toten. Das Masernschutzgesetz sollte die Risiken eindämmen. Doch manche haben in seinem Windschatten ein Geschäftsfeld entdeckt. In einer großen Recherche sind Carsten Janz, John Hufnagel und Lars Wienand dem tödlichen Geschäft mit den Masern auf die Spur gegangen und haben auch mit verdeckter Kamera gedreht.


Enttäuschung, Frustration und Polarisierung: In Deutschland klafft ein Graben zwischen Politik und Gesellschaft, die radikale AfD profitiert. Dabei gibt es ein effektives Gegenmittel, sagt Soziologe Harald Welzer im Interview mit Marc von Lüpke.


Zum Schluss

Bald eine neue Sprachregelung in den USA?

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in die Woche. Morgen begleitet Florian Harms Sie in den Tag.

Herzlichst

Ihre Annika Leister
Politische Reporterin im Hauptstadtbüro von t-online
X: @AnnLei1

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Mit Material von dpa.

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