Internationale Pressestimmen "In diesem Krieg steht unser Überleben auf dem Spiel"
Trumps Friedensversuch in der Ukraine stößt auf Skepsis. Die internationale Presse sieht ihn als unberechenbar und warnt vor Putins manipulativer Strategie.
Inhaltsverzeichnis
- "El Mundo": Trumps Unberechenbarkeit
- "Tages-Anzeiger": Kein dauerhafter Frieden ohne die EU
- "The Times": Viele offene Fragen vor Ukraine-Treffen in Budapest
- "De Telegraaf": EU von Ukraine-Gipfel in Ungarn nicht begeistert
- "La Repubblica": Trump gibt sich als Unparteiischer
- "Der Standard": Putin schafft es, Trump herumzukriegen
US-Präsident Donald Trump hat Russland und die Ukraine aufgefordert, den Krieg sofort zu beenden. Es sei genug Blut vergossen worden, schrieb der Republikaner auf der Plattform Truth Social. "Sie sollten dort aufhören, wo sie sind."
In dem Post kurz nach seinem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus ging Trump mit keinem Wort auf die Tomahawk-Marschflugkörper ein, die die Ukraine zuvor für ihre Verteidigung gegen den Aggressor Russland erbeten hatte. Das war als Gesprächsthema des Treffens angedacht gewesen. Es blieb unklar, wie aktuell die konkrete Position der USA dazu ist.
- Treffen im Weißen Haus: Putin hat sie kalt erwischt
- Trump und Selenskyj: Ein folgenschweres Treffen – Kommentar
Russland führt seit mehr als dreieinhalb Jahren einen zerstörerischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Trump versucht, in dem Konflikt zu vermitteln. Er will sich nach eigenen Worten von Donnerstag "wahrscheinlich in den nächsten zwei Wochen" mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Budapest treffen.
Wie die internationale Presse urteilt:
"El Mundo": Trumps Unberechenbarkeit
Die spanische Zeitung "El Mundo" kommentiert den Empfang des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj durch US-Präsident Donald Trump im Weißen Haus: "Das Treffen zwischen Donald Trump und Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus stand in krassem Gegensatz zu Trumps Versuch vom Februar, seinen ukrainischen Kollegen öffentlich zu demütigen. Im Gegensatz zu jenem wahnwitzigen Auftritt, bei dem er einen Großteil der russischen Propaganda wiederholte, schien Trump diesmal gegenüber Selenskyj aufgeschlossener zu sein, obwohl sich aus seinen Äußerungen gegenüber der Presse keine tatsächliche Kehrtwende zugunsten der Ukraine herauslesen lässt.
Einerseits sagte er nicht zu, die Tomahawk-Raketen zu liefern, worum Selenskyj ihn dringend bittet, um Druck auf Moskau auszuüben. Andererseits zeigte er sich überzeugt, dass der russische Autokrat "den Krieg beenden will", ein Ziel, das er bei dem Treffen, das beide in zwei Wochen in Budapest abhalten werden, vorantreiben will. Diese Zusammenkunft ist sehr beunruhigend, da es auf europäischem Boden und konkret unter der Regierung von Viktor Orbán, einem klaren Verbündeten Putins, stattfinden wird.
- Selenskyj über Treffen mit Putin: "Er hasst mich"
Nach seinem internationalen Erfolg mit der Waffenruhe im Gazastreifen scheint Trump ein Signal zu senden, dass der Konflikt enden könnte. Doch sein unberechenbares Wesen erfordert äußerste Vorsicht. Vor allem, weil Putins Expansionsstreben kaum zu bremsen zu sein scheint. Weder die Ukraine noch Europa können eine Einstellung der Kämpfe um jeden Preis akzeptieren: In diesem Krieg stehen unsere Werte und unser eigenes Überleben auf dem Spiel."
"Tages-Anzeiger": Kein dauerhafter Frieden ohne die EU
Der Schweizer "Tages-Anzeiger" kommentiert am Samstag das geplante Treffen von Trump mit Putin in Budapest: "Die Wahl hat natürlich Methode. Trump schätzt Ungarns Viktor Orbán als Verbündeten und lässt generell keine Gelegenheit aus, die verhasste EU vor der Welt zu demütigen. […] Frieden in der Ukraine ist aus Trumps Sicht eine Sache, die er mit Putin über die Köpfe der Europäer hinweg ausmacht, unter Supermächtigen."
Die Zeitung schreibt weiter: "Statt zu klagen, würden die Europäer besser daran tun, dort mitzugestalten, wo ohne ihren Beitrag Fortschritt nicht möglich ist. Dauerhaften Frieden wird es jedenfalls weder in Nahost noch in der Ukraine geben, ohne dass Europa politisch, wirtschaftlich und humanitär mitwirkt. Trump hin oder her."
"The Times": Viele offene Fragen vor Ukraine-Treffen in Budapest
In der britischen "Times" heißt es am Samstag: "Die Ankündigung von Präsident Trump, dass er sich mit Präsident Putin in Budapest treffen wird, um über die Beendigung des "unrühmlichen" Krieges in der Ukraine zu sprechen, gibt dem Dialog über die Zukunft des Landes eine neue Wendung."
Vieles sei unklar, schreibt die Londoner Zeitung. "Sieht Trump seinen Erfolg bei der Vermittlung eines Waffenstillstands in Gaza als Bestätigung dafür, dass seine persönliche Intervention und Autorität Konflikte beenden kann, die mit konventioneller Diplomatie nicht gelöst werden konnten, egal wie hartnäckig sie auch sein mögen? Hat er irgendwelche Signale erhalten, wonach der russische Präsident möglicherweise entgegenkommender oder aufrichtiger sein wird als beim Gipfeltreffen in Alaska, das hinsichtlich eines Bekenntnisses Russlands zur Beendigung des Krieges weithin als erfolglos betrachtet wurde?
Und war der Vorschlag, dass die USA Tomahawk-Raketen liefern könnten, ein Signal für eine zunehmende Unterstützung der Ukraine und für die Verärgerung über die Unnachgiebigkeit Russlands oder lediglich eine Drohung, um Putin zurück an den Verhandlungstisch zu bringen?"
"De Telegraaf": EU von Ukraine-Gipfel in Ungarn nicht begeistert
Die niederländische Zeitung "De Telegraaf" schreibt zu dem Ort des geplanten Treffens: "Für die Europäische Union ist diese Ortswahl ärgerlich. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán widersetzt sich seit Jahren Sanktionen gegen Russland und EU-Hilfen für die Ukraine. Ungarn ist eines der wenigen europäischen Länder, das weiterhin russisches Öl und Gas importiert, eine wichtige Finanzierungsquelle für die russische Kriegswirtschaft. Orbán glaubt nicht an den Kurs der EU."
Das Blatt stellt die Frage: "Ist Brüssel also gegen Friedensgespräche zwischen Trump und Putin? Von Begeisterung kann in der EU jedenfalls keine Rede sein."
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"La Repubblica": Trump gibt sich als Unparteiischer
Die italienische Zeitung "La Repubblica" meint nach dem Besuch Selenskyjs im Weißen Haus zur Rolle von Trump:
"Trump spielt die Rolle des Unparteiischen, nicht die des Verbündeten. Kiew wollte Zugeständnisse vermeiden und strebte wirtschaftliche Zusammenarbeit, die Beteiligung von US-Unternehmen am Energiesektor und an den Häfen in der Ukraine sowie große Abkommen über die militärische Zusammenarbeit an. Und die Verschärfung der Sanktionen. Träume, die unerfüllt bleiben. All dies diente übrigens dazu, Putin an den Verhandlungstisch zu bringen.
Deshalb gibt Selenskyj in den bilateralen Verhandlungen das wichtigste Thema nicht auf: die Sicherheitsgarantien, die Amerika ihm nicht gibt. Starke, verbindliche Garantien der USA, die die Bedenken Kiews gegenüber einem schmerzhaften Frieden mildern würden."
"Der Standard": Putin schafft es, Trump herumzukriegen
Die österreichische Zeitung "Der Standard" kommentierte derweil noch vor dem Treffen zwischen Trump und Selenskyj, Putin habe bereits ein Ziel erreicht. Die Lieferung von Tomahawk-Marschflugkörpern an die Ukraine, die Kiew die Chance geben würde, die russische Infrastruktur noch viel schmerzhafter zu treffen, sei wieder vom Tisch, "ebenso alle Sanktionen, über die Trump regelmäßig nachdenkt". Die Zeitung zieht den Schluss: "Das Pendel in Trumps Kopf schlägt wieder in Richtung Moskau aus." [...]
Es werde eine Zeit lang dauern, "bis Trump erkennt, dass Putin für ihn schwerer zu knacken ist als der israelische Premier Benjamin Netanjahu oder die Hamas, wobei auch dort die langfristigen Erfolgschancen seiner Tätigkeit höchst unsicher sind". Sie schreibt weiter: "Putin hingegen weiß, wie Trump tickt. Das Taco-Prinzip ('Trump always chickens out'), das Finanzinvestoren bei seiner Zollpolitik erkannt zu haben glauben, gilt auch für die US-Beziehungen zum russischen Aggressor."
- Nachrichtenagentur dpa
- Der Standard: "Putin schafft es wieder einmal, Trump herumzukriegen"





