Auch zwei Tage nach seinem Tod sorgt der Waschbär, der durch die Erfurter Innenstadt spaziert war, für viel Gesprächsstoff. Tierschützer kritisieren die Erschießung des Tieres, im Rathaus laufen Drohungen ein.
Er soll angeblich betrunken gewesen und deshalb zutraulich durch Erfurt spaziert sein. Dann wurde er von beauftragten Jägern erschossen: Ein Waschbär hat vor allem am Samstag die ganze Stadt beschäftigt. Und noch heute gibt es Unklarheiten, die Anwohner und Tierschützer derzeit verfolgen.
Sicherheitsleute hätten sich zunächst um das vermeintlich betrunkene Tier gekümmert, Feuerwehrleute hätten den Waschbären dann ins Tierheim gebracht, hieß es zunächst. Doch das war nicht der Fall. Wie eine Sprecherin des Tierheims sagte, sei das Tier dort niemals angekommen. Und auch ein Sprecher der Feuerwehr bestätigt, dass der Waschbär nicht ins Tierheim, sondern zu einem Stadtjäger gegeben wurde. Dieser soll ihn dann erschossen haben.
"So was macht mich einfach wütend"
Die Unstimmigkeiten über den Verbleib des Waschbären lösten gerade bei Tierschützern viel Unmut aus. "Ich werde es nie begreifen, warum man Tiere bei solchen Aktionen killen muss" und "Ich bin sicher, es hätte auch eine andere Möglichkeit für das Tier gegeben", liest man bei Twitter. Doch auch Drohungen gegen den Jagdpächter und die Feuerwehr seien eingegangen. Das berichtet der Rathaussprecher Daniel Baumbach.
"Es ist dessen Verpflichtung zu handeln, er muss sich kümmern", betont Daniel Baumbach in Bezug auf den Jäger. Im Falle des Erfurter Waschbären bedeutete "kümmern" den Tod. Denn laut Gesetz, so der Sprecher, darf ein Waschbär, wenn er einmal gefangen ist, nicht wieder frei gelassen werden. Und ins Tierheim dürfe er auch nicht, denn da kommen nur Haustiere hin.
Auch dass der Waschbär betrunken war, könne derzeit nicht mehr bestätigt werden. Augenzeugen sollen gesehen haben, wie er an Glühweinbechern geleckt haben soll. Doch eine offizielle Bestätigung für das Betrunkensein des Tieres gibt es derzeit nicht. Ob das Tier nun noch einer tierärztlichen Untersuchung unterzogen wird und sich der Verdacht auf die Krankheit Staupe dann bestätigt, stand am Montagvormittag noch nicht fest.
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Der Naturschutzbund (Nabu) Thüringen verweist derweil darauf, dass die Jagd auf Waschbären einer Sisyphusarbeit gleich komme. Die Bestandsdichte des Waschbären "wird man nicht durch Bejagung dezimieren können". Dabei spiele es keine Rolle, ob es um Waschbären gehe, die in der Stadt oder andernorts lebten, sagte Nabu-Sprecher Jürgen Ehrhardt.
Die Tiere könnten Verluste durch eine erhöhte Fortpflanzungsrate wieder ausgleichen. Zum Schutz anderer Tierarten sollte daher mehr für die Landschaft etwa durch Blühstreifen getan werden: "Je vielfältiger und strukturreicher eine Landschaft ist, desto geringer ist auch der Einfluss des Waschbären auf kleine Säugetiere, Amphibien und Vögel", so Ehrhardt.
- Eigene Recherche
- Nachrichtenagentur dpa
- "Thüringische Landeszeitung": "Hatte der Waschbär die Staupe?"