Der Landesbischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland hat vor antisemitischen Verschwörungstheorien in der Corona-Pandemie gewarnt. "Zeitgenössische Verschwörungserzählungen sind offen für judenfeindliche Denkmuster", schrieb Friedrich Kramer in einem Vortrag für die Jüdische Landesgemeinde Thüringen zum Internationalen Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus am Mittwoch. Nicht jeder Verschwörungsglaube sei judenfeindlich, so Kramer. "Aber jede Form von Antisemitismus wird immer auch von Verschwörungsunterstellungen begleitet."
Kramer verwies auch auf den im Dezember zu Ende gegangen Prozess gegen den Mann, der in der Synagoge von Halle ein Massaker anrichten wollte, eine Passantin und in einem Döner-Imbiss einen jungen Mann ermordete. Dass der Attentäter als Mörder verurteilt wurde, erfülle ihn mit Vertrauen ins Rechtssystem, so Kramer. "Der Gerichtsprozess lehrt mich aber auch das Fürchten, hat er doch bewusst werden lassen, was für eine tödlich-giftige Mischung in den Köpfen mancher Menschen fließt." Eine Zutat dieses giftigen Gedankengemisches sei eine über Generationen gepflegte Judenfeindschaft. "Der Gerichtsprozess lässt daran zweifeln, dass es nur wenige Irre sind, die solche Gedanken bis zur Mordlust kultivieren."
Sowjetische Truppen hatten am 27. Januar 1945 das deutsche Vernichtungslager Auschwitz befreit. In Deutschland ist der 27. Januar seit 1996 offizieller Gedenktag für die NS-Opfer.