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OB-Wahl Frankfurt: SPD-Kandidat Mike Josef – vom Flüchtlingskind zum Oberbürgermeister?


Wahl in Frankfurt
Mike Josef: Vom Flüchtlingskind zum Oberbürgermeister?

Von Stefan Simon

Aktualisiert am 01.03.2023Lesedauer: 5 Min.
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Der 40-jährige Mike Josef: Er will am 5. März Nachfolger von Peter Feldmann werden.Vergrößern des Bildes
Der 40-jährige Mike Josef: Er will am 5. März Nachfolger von Peter Feldmann werden. (Quelle: IMAGO/Jan Huebner)

Mike Josef kam als syrisches Flüchtlingskind nach Deutschland. In Frankfurt machte er eine steile politische Karriere in der SPD. Sein nächstes Ziel: Oberbürgermeister von Frankfurt.

Als er vor 20 Jahren mit einem Ikea-Schränkchen, einer Matratze und einer kaputten Kaffeekanne nach Frankfurt zog, hätte er nicht im Traum damit gerechnet, einmal als Oberbürgermeister dieser Stadt zu kandieren. Schon gar nicht, als er 1987 mit seinen Eltern aus Syrien nach Deutschland auswanderte und in der Provinz der Schwäbischen Alb landete.

Die Familie zählt zur aramäischen Minderheit und sah in ihrem Heimatland keine Zukunft mehr. In Ulm wohnte die Familie ein paar Monate in einem Flüchtlingsheim. Josef besuchte damals die Hauptschule. Rund 36 Jahre später kandidiert der Sozialdemokrat nun für das höchste Amt in der Mainmetropole. (Mehr zu allen Kandidaten lesen Sie hier).

Der christliche Glaube begleitet ihn stets auf seinem Weg. In Wiblingen bei Ulm, wo Josef wohnte, wählten seine Eltern stets die CDU. Der 40-Jährige hat einmal verraten, dass er bei der Bundestagswahl 2002 für den CSU-Kanzlerkandidaten Stoiber votiert habe. Seinen Glauben hat er als Sozialdemokrat nicht aufgegeben. Wenn er eine schwierige Entscheidung fällen muss, dann betet Josef. Der 40-Jährige lebt heute in Frankfurt, ist mit einer Griechin verheiratet und ist Vater von zwei Söhnen.

Josefs Freund Ristovski: "Er hat sich überhaupt nicht verändert"

Eine wichtige Rolle in seinem Leben spielt sein Freund Dejvid Ristovski. Der 39-Jährige aus Ulm ist gemeinsam mit dem Frankfurter OB-Kandidaten auf die Hauptschule gegangen. Im vergangenen November lud Josef seinen Freund nach Frankfurt auf eine Pressekonferenz ein. Ristovski sagte über Josef: "Er hat sich überhaupt nicht verändert. Er kann mit allen sozialen Schichten, weil er sie mitgemacht hat", zitiert ihn die "FAZ".

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Ristovski und Josef spielten zusammen Fußball und trainierten später die C-Jugend des TV Wiblingen. Josef wurde später gar vom Lokalmatador SSV Ulm abgeworben. Zum Fußballprofi hat es letztendlich nicht gereicht. Heute ist Josef glühender Anhänger von Eintracht Frankfurt. Die Wege der Freunde trennten sich. Josef wechselte auf die Realschule, machte Fachabitur, zog zum Studium nach Frankfurt und legte hier eine durchaus beeindruckende politische Karriere hin.

An der Goethe-Universität studierte Josef Politikwissenschaft, Geschichte und Rechtswissenschaft. Im Sommer 2006, als sich in Deutschland im sogenannten "Sommermärchen" alles um die Fußball-Weltmeisterschaft drehte, dürfte es für den damaligen Studenten ein, im politischen Sinne, einschneidendes Erlebnis gegeben haben. Denn es war auch der Sommer, in dem sich Tausende Studierende mit aller Macht gegen die Studiengebühren der schwarz-gelben Koalition unter Ministerpräsident Roland Koch stemmten.

Josef brüllte: "Roland Koch darf nicht Bundeskanzler werden"

"An einem Tag im Sommer 2006 zeigt Josef, was in ihm steckt", schreibt die "Frankfurter Rundschau". Josef ist damals 23 Jahre alt, aktiv bei den Jusos, der SPD-Jugendorganisation, und sitzt im Vorstand des Asta. Bei einer Demo auf dem Campus Bockenheim brüllt er vor 5.000 Studierenden in ein Mikro, beschreibt die Zeitung. Er wettert gegen die Studiengebühren und die Landesregierung. Am Ende seiner Rede ruft er: "Roland Koch darf nicht Bundeskanzler werden. Niemals!"

Die Geschichte ist bekannt: Roland Koch wurde nie Bundeskanzler, die kurzzeitig eingeführten Studiengebühren schaffte nach der Landtagswahl 2007 eine rot-rot-grüne Mehrheit wieder ab und Koch blieb am Ende im Amt als Ministerpräsident, weil vier SPD-Abweichler eine rot-grüne Minderheitsregierung unter Tolerierung der Linken ablehnten. Für die Hessen-SPD folgte bei der Neuwahl ein Jahr später der Absturz auf 23 Prozent, doch für Mike Josef ging es stetig bergauf.

Ein langjähriger Wegbegleiter in der SPD beschreibt den 40-Jährigen als jemanden, der sich durch Disziplin auszeichnet, "gepaart mit einer ordentlichen Portion Gelassenheit. Ein wenig hanseatisch-preußisch, aber dann auch wieder frankfurterisch cool." Ein weiterer Genosse von Josef bezeichnet ihn als "besonnen und diplomatisch". "Er hat immer eine Vision, wo es hingehen soll, vergisst auf dem Weg aber nie, alle mitzunehmen." Vielleicht sind es Eigenschaften wie diese, die den Weg von Josef nach oben ebneten.

Steiler Aufstieg in der SPD

Von 2011 bis zu seiner Wahl in den Magistrat war er Stadtverordneter der SPD-Fraktion im Frankfurter Römer und arbeitete als Organisationssekretär beim DGB in Südosthessen und ist dazu seit über zehn Jahren Frankfurter SPD-Chef. Die Frankfurter SPD war zu dem Zeitpunkt, im Jahr 2011, in einem desolaten Zustand. Sie stürzte bei der Wahl zur Stadtverordnetenversammlung 2011 auf 21,3 Prozent ab und war hinter CDU und Grünen nur noch drittstärkste Kraft.

Peter Feldmann, der ein Jahr später Oberbürgermeister wurde, sowie der langjährige Landtagsabgeordnete Gernot Grumbach, zwei Partei-Linke, ziehen Josef hoch zum SPD-Chef. Bei der Wahl 2016 führt Josef die Partei zur zweitstärksten Kraft – und landet nur knapp hinter der CDU. Josef hatte damals den Anspruch, ein Schlüsseldezernat zu besetzen, erzählt ein Parteifreund. Das Thema bezahlbarer Wohnraum macht er zu seinem Schwerpunkt.

Seit 2016 ist er Dezernent für Planen und Wohnen. Seinen Aufstieg hat er insbesondere dem ehemaligen Oberbürgermeister Peter Feldmann zu verdanken. Man könnte sagen, dass Josef sein Ziehsohn ist.

Josef unterstützte Feldmann einst im parteiinternen Duell gegen Konkurrent Michael Paris. Josef machte Wahlkampf für ihn. Er stand viele Jahre an Feldmanns Seite. Nun soll er sein Nachfolger werden. Dafür hat er seinen Posten als SPD-Chef aufgegeben.

Für Josef ging es in der politischen Karriere stets nach oben, doch auch er hat schon politische Niederlagen erlebt.

Mike Josef erleidet politische Niederlagen

Fünf Jahre lang stockten die Pläne für das Baugebiet im Nordwesten der Stadt. Manche nennen das Projekt hämisch "Josefstadt". Zu groß war der Widerstand der angrenzenden Anwohner gegen das geplante Baugebiet. Doch nun gehen die Pläne voran. Drei große Quartiere für 17.000 Menschen in rund 7.000 Wohnungen sind vorgesehen. Zudem sollen dort mehr als 5.000 Menschen arbeiten.

Ein großer Teil soll der städtischen Wohnungsbaugesellschaft ABG Frankfurt Holding sowie städtischen und stadtnahen Stiftungen gehören, zu 30 Prozent sollen Sozial- und Mittelstandswohnungen entstehen und zu 15 Prozent gemeinschaftliche und genossenschaftliche Projekte ohne Renditeinteressen. Ein Erfolg für Josef, auf den er lange zu warten schien.

Auf seinem Weg musste er reichlich Kritik einstecken. Die Pläne für neuen Wohnraum in den Günthersburghöfen im Nordend scheiterten. Dort aber am Koalitionspartner, den Grünen. Die Linke bezeichnete Josefs wohnungspolitische Bilanz als "katastrophal". Die Partei warf ihm vor, Privatinvestoren und Spekulanten zu fördern. "Statt bezahlbarer Wohnungen entstehen ständig neue Luxusquartiere, die für die meisten Menschen in Frankfurt nicht bezahlbar sind", sagte der wohnungspolitische Sprecher, Eyup Yilmaz, während einer Plenarsitzung.

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Josef geht dennoch gestärkt in den OB-Wahlkampf. Der Rückhalt in der Partei ist groß. Zudem hat er einen großen Unterstützerkreis, der über die Parteigrenzen reicht. Die Mitglieder finden sich in der "Initiative Mike Josef" zusammen. Sie halten ihn für integer und er bilde mit der eigenen Biografie glaubwürdig die Aufstiegschancen ab, für die er einstehen will: "Vom Flüchtlingsheim zum Oberbürgermeister-Kandidaten", schreibt die "FAZ".

Zu den Unterstützern zählen der Musiker Stefan Hantel alias Shantel, DJ Ata Macias, Inhaber des weltweit bekannten Technoclubs Robert Johnson, Museumsdirektor Mathias Wagner K., Theaterintendant Willy Praml und der frühere Frankfurter SPD-Oberbürgermeister Andreas von Schoeler.

Bundes-SPD blickt nach Frankfurt

Eine politische Niederlage wollen die Sozialdemokraten und Josef natürlich am 5. März verhindern. Dass sie ihm in der Partei das Amt des Oberbürgermeisters zutrauen – daran hat wohl niemand Zweifel. Und wie wichtig für die SPD die Wahl in der fünftgrößten Stadt Deutschlands ist, konnte man zuletzt auf dem Neujahrsempfang der Frankfurter SPD sehen.

Die SPD-Bundesvorsitzende Saskia Esken ließ es sich nicht nehmen, nach Frankfurt zu fahren und Mike Josef für den anstehenden Wahlkampf warme Worte mitzuliefern: "Mike bringt für das Amt des Oberbürgermeisters viel Erfahrung mit. Er weiß, was zu tun ist." Und was sagt Josef selbst? "Ich habe in Frankfurt mein Glück gefunden", sagt er. Und zur OB-Wahl: "Ich kann es, und ich will es."

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